Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Titel: Der Ruf der Finsternis - Algarad 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
Vom Netzwerk:
gewaltsame Vertreibung oder Flucht der Waldwesen hin, alles lag wohlgeordnet an seinem Platz, als ob die Fairin den Baum nur vorübergehend verlassen hatten. Zu Urisks großer Erleichterung fanden sie auch keine Hinweise auf die Anwesenheit von Gredows, offenbar hatten Achests Krieger die Wohnstatt der Waldgeister nicht entdeckt. Wo aber waren die Fairin?
    Nachdem sie die oberen Wohnbereiche inspiziert hatten, ohne eine Spur der Waldgeister zu finden, setzten sie sich erschöpft in eine der Nischen, um sich auszuruhen. Es war leidlich warm in dem Raum und trocken, sodass sie beschlossen, den Rest der stürmischen Nacht hier zu verbringen. Aus einer Vertiefung in der Wand, die von Efeu überwachsen war, holte Urisk ein paar essbare Wurzeln und Knollen, die dort wohl als Vorrat lagerten. Sie aßen sie ungekocht, aber Tenan war dermaßen heißhungrig, dass es ihm nichts ausmachte. Die Knollen waren von zäher Konsistenz und schwer zu kauen, entfalteten aber einen süßlich-nussigen Geschmack und waren durchaus nahrhaft – schon bald stellte sich ein Gefühl der Sättigung bei den beiden Gefährten ein.
    Tenan wischte sich über den Mund und lehnte sich zufrieden zurück in die Sitznische. »Ich habe schon lang keine köstlichere Mahlzeit mehr gegessen«, verkündete er, und Urisk, der ungleich mehr zulangte, nickte bestätigend. Mit lautem Schmatzen machte er sich über die nächste Wurzelknolle her.
    Der Sturmwind hatte nachgelassen, und von draußen drang nur noch das Geräusch des prasselnden Regens herein. Urisk hatte inzwischen seine ausgiebige Mahlzeit beendet und leckte sich genüsslich die Finger.
    »Wie weit ist es von hier aus bis zur Bucht von Leremonth?«, fragte Tenan den Waldgeist.
    »Nicht mehr weit, vielleicht zwei Märsche am Tag«, antwortete der Waldgeist. »Aber bevor man dorthin geht, muss man herausfinden, was mit den Fairin passiert ist, die in den Bobith-Bäumen gelebt haben.«
    »Es gibt also mehrere dieser riesigen Bäume?«
    Urisk nickte eifrig. »Ja, viele! Sie stehen verteilt auf einer großen Fläche mitten im Wald und bilden das Dorf der Fairin. Dieser hier befindet sich am äußeren Rand, darum muss man nachschauen, ob sich die Fairin nicht etwa in den anderen Bäumen aufhalten.«
    Tenan wiegte den Kopf. »Wir dürfen den Anschluss an die Truppen nicht verlieren und keine Zeit vergeuden, um nach deinen Leuten zu sehen. Wer weiß, vielleicht befinden sich sogar doch Feinde in der Nähe.«
    Als er Urisks unglückliches, enttäuschtes Gesicht sah, biss er sich beschämt auf die Lippen. »Verzeih, mein Freund«, murmelte er, »es steht mir nicht zu, das von dir zu verlangen. Natürlich werden wir morgen zuerst nach den Dorfbewohnern suchen. Der Weg nach Leremonth kann warten.«
    Sofort hellte sich die Miene des Fairins auf, und er lächelte Tenan glücklich an. »O ja, sobald man die Fairin gefunden hat, werden sie einem helfen und den richtigen Weg nach Süden zeigen! Doch zuvor es wird ein prächtiges Festmahl geben!«
    Tenan lachte. »Ich glaube, das würde ich tatsächlich nicht abschlagen, gleichgültig, wie sehr die Zeit drängt.« Mit seinennassen Kleidern und müde, wie er war, vergrub er sich tief in den sperrigen Decken aus Bast und grober Wolle, die in den Nischen bereitlagen. Er war erstaunt, wie gut sie wärmten. Das Licht in der Halle wurde langsam schwächer, bis nur noch ein zartes Schimmern übrigblieb, gerade hell genug, um die Umrisse des Raums erkennen zu können.
    Er fühlte, wie der Schlaf ihn übermannte, und wollte sich ihm dankbar anvertrauen, als er aus den Augenwinkeln eine schattenhafte Bewegung im hinteren Teil des Raumes ausmachte. Er schreckte hoch. Da, wieder bewegte sich etwas! War es nur der Schatten einer Liane, die sich im Wind bewegte, oder ein Trugbild seines übermüdeten Geistes? Er richtete sich auf und sah, dass auch Urisk die Bewegung bemerkt hatte und ins Dämmerlicht starrte.
    »Was ist dort?«, flüsterte Tenan ihm zu, doch der Waldgeist hob nur die Hand und bedeutete ihm zu schweigen.
    Plötzlich lösten sich vier Gestalten aus dem Hintergrund der graubraunen Wand. Sie trugen mannshohe Lanzen und Speere, ihre Köpfe, Arme, Beine und der übrige Körper waren in eng anliegende Streifen aus breiten Blättern und Binsen gewickelt, die im Grün des Waldes sicherlich eine hervorragende Tarnung abgaben. In geduckter Haltung huschten die vier Krieger heran, und bevor Tenan oder Urisk reagieren konnten, hatten sie die Spitzen ihrer Waffen auf ihre

Weitere Kostenlose Bücher