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Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Titel: Der Ruf der Finsternis - Algarad 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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Wurzeln versorgen die Bäume mit Lebenskraft. Aber es gibt ein paar, die das Volk der Fairin im Laufe vieler Jahre ausgehöhlt hat; sie führen hinunter in die heiligen Hallen tief unter der Erde und empor zum Geäst. Dort haben die Fairin ihre Nester.«
    Tenan stolperte hinter Urisk her, der ihn mit großer Zielstrebigkeit leitete. Je länger sie liefen, desto mehr gewann Tenan den Eindruck, als strahlten die Wände ein phosphoreszierendes, grünliches Licht aus. Mit jeder Windung, die sie aufwärts kamen, gewann das Leuchten an Intensität, bis Tenanschließlich den Umriss Urisks vor sich sehen konnte und die Begrenzung der Tunnelwände. Das Licht schien von Flechten und Pilzen auszugehen, die die Wände in einem weichen Teppich überzogen.
    Immer höher und höher stiegen sie auf grob ins Holz gehauenen Stufen, die sich in endlosen Drehungen in die Höhe schraubten. Der Baum, in dessen Innerem sie sich bewegten, musste von beachtlicher Größe sein. Tenan wunderte sich, dass sie bis jetzt keinem einzigen Fairin begegnet waren, Urisk jedoch bewegte sich gewandt und sorglos vorwärts.
    Der Gang endete vor einem Vorhang aus dichtem Efeu, der eine große, ovale Luke verdeckte. Die Stränge des Efeus waren verfilzt und miteinander verwachsen, als seien sie schon lange nicht mehr bewegt worden. Urisk schob sie beiseite, und sie traten durch die Öffnung. Augenblicklich flammte ein helles Licht auf, dessen Ursprung nicht auszumachen war. Geblendet hielt sich Tenan die Hand vor die Augen, bis er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte.
    Vor ihm lag ein großer, leerer Raum, dessen Boden ein kompliziertes Muster ineinander verschlungener Linien zierte. Von der Decke hingen verfilzte Flechten und lianenartige Gewächse herab, die den Raum in kleine Abteilungen abtrennten. An den Wänden, die das Holz des Stamms bildete, war eine Vielzahl verschachtelter Nischen eingelassen, bedeckt mit Bündeln von Stroh und Matten aus getrocknetem Gras.
    »Nester!«, flüsterte Urisk und grinste. »Heut noch werden wir wohl und sicher schlafen!«
    Die Schlafplätze erinnerten tatsächlich ein wenig an Vogelnester und lösten in Tenan ein behagliches Gefühl aus. Kleine runde Fenster, in unterschiedlicher Höhe und unregelmäßigen Abständen eingelassen, ließen frische Luft einströmen. Obwohlder Baum nach allem, was Tenan während des Aufstiegs gesehen hatte, fast vollständig ausgehöhlt sein musste, durchströmten ihn mächtige Wellen von Lebenskraft, die sich spürbar auf Tenan übertrug. Ein starkes Kribbeln flutete von seinen Füßen seinen Rücken hinauf, hinein in seine Hände und in seinen Kopf. Von dort floss die Energie zum Bobith-Baum zurück und verteilte sich in allen Bereichen. Tenan war erstaunt, dies alles so deutlich wahrnehmen zu können.
    Er spähte durch eines der Fenster nach draußen und sah die mächtigen Äste und Zweige des Baumes, die sogar im Herbst und Winter vollständig mit grünem Blattwerk bedeckt waren.
    Auf seine Frage, wo all die anderen Fairin sein mochten, die den Bobith-Baum bewohnten, zuckte Urisk nur mit den Schultern. »Groß dieser Bobith-Baum ist«, sagte er leichthin. »Vielleicht findet man Fairin in den höheren Bereichen!«
    »Dann lass uns weitergehen«, meinte Tenan. Am südlich gelegenen Ende des Raums entdeckten sie weitere Durchgänge, die zu höher gelegenen Ebenen führten. Verschlungene Gänge und ausladende Wendeltreppen führten nach oben, bis sich der breite Stamm in die Äste und Zweige der Krone aufspaltete. Sie kamen vorbei an verlassenen Hallen und Zimmern, in denen Licht aufflammte und wieder verlosch, sobald sie die Räume verließen. Tenan fühlte sich an das seltsame magische Licht erinnert, das Atala erhellte, die Stadt der Fisk-Hai, die tief unter der Meeresoberfläche lag. Er vermutete, dass hier ein ähnlicher Zauber wirksam war.
    Die Fairin schienen in enger Verbundenheit mit der Natur des Waldes zu leben und hatten sie meisterhaft in ihre Architektur und Bauweise integriert. Die Aufteilung und Beschaffenheit der Räume passten sich den Gegebenheiten des Materials und dem Wuchs des Baumes in vollkommener Weise an.Man hatte Ecken und Kanten vermieden, stattdessen beherrschten sanfte Rundungen und fließende Übergänge das Erscheinungsbild der Wohnräume. Ein zarter, angenehmer Duft nach Kräutern und würzigem Waldboden hing in der Luft, den Urisk genüsslich einsog.
    Tenan schätzte, dass der Baum gut zweihundert Bewohnern Platz zum Leben bot. Nichts deutete auf eine

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