Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
die in den Körper des Hochkönigs eingedrungen war, und er schauderte. Ihm wurde bewusst, Gefahr lauerte überall, niemand konnte sich in Sicherheit wiegen.
Als er abends ins Lager zurückkehrte, stellte er fest, dass sich die Zahl der Fairin mittlerweile vergrößert hatte. Die Krieger anderer Kolonien hatten die Rauchzeichen gesehen und waren geschwind, Mandiks Befehl gehorchend, aus verschiedenen Dörfern herbeigeeilt, nun saßen sie in kleinen Gruppen am Boden und prüften ihre Waffen, die aus Holz und anderen Materialien des Waldes gefertigt waren. Einige spitzten Äste und Zweige an, andere waren mit der Herstellung von Bögen beschäftigt und spannten ineinander verdrehte Lianenstränge auf biegsame Hölzer.
Mandik war in ein Gespräch mit fünf ihrer Anführer vertieft, die vor ihm auf der Erde saßen. Als Zeichen ihrer Stammeswürde hatten sie ihr Kopfhaar zu dicken Strängen geflochten,die ihnen bis zur Hüfte reichten und ihnen in der Tat ein würdevolles Aussehen verliehen. Während sie sprachen, bewegten sich ihre Oberkörper gleichförmig vor und zurück, und obwohl ihre Stimmen gedämpft waren, konnte Tenan hören, dass es Unstimmigkeiten zwischen ihnen und Mandik gab.
»Am Nachmittag sie sind eingetroffen«, erklärte Urisk. »Aus allen Teilen des Rhun-Waldes, und noch viel mehr werden kommen, wie sie sagen.«
»Ich habe den Eindruck, sie streiten sich.«
»Manche nicht sind einverstanden, dass sich die Fairin am Krieg beteiligen, aber der weise Mandik wird sie überzeugen«, meinte Urisk zuversichtlich.
»Kann er ihnen nicht einfach befehlen, die Dan in ihrem Kampf zu unterstützen?«
Urisk schüttelte heftig den Kopf. »Die Fairin ein freies Volk sind, auch der weise Mandik darf nicht bestimmen über sie.«
Tenan hockte sich auf einen Stein und beobachtete die Waldgeister unauffällig. Er versuchte etwas von ihrer Unterhaltung zu verstehen, aber Mandik und die anderen unterhielten sich in ihrer eigenen Sprache, von der Tenan kein einziges Wort beherrschte. Mit skeptischem Blick begutachtete er die kleine Gruppe der Krieger. Sie wirkten weder besonders kampferprobt, noch schienen sie überhaupt fähig, einem Lebewesen Schaden zuzufügen. Ihr Umgang untereinander und ihr ganzes Wesen waren vielmehr wie das von Urisk von Sanftheit und Zurückhaltung geprägt. Tenan begann ernsthaft daran zu zweifeln, dass sie gegen Gredows etwas ausrichten konnten.
11
Am dritten Tag nach der Ankunft der Fairin an der Küste – Tenan befand sich gerade wieder an seinem Lieblingsort, jenem Felsen, von dem er weit hinaus ins Land schauen konnte – wurde er vom Ruf eines Dollvogels aufgeschreckt, drei kurze Warnrufe, gefolgt von einem lang gezogenen Schnattern. Es war das verabredete Zeichen der Fairin, dass Gefahr drohte! Geduckt sprang er von den Felsen und rannte hinunter zum Lager, hoffend, dass ihn niemand entdeckt hatte. »Was gibt es?«, fragte er aufgeregt.
»Von Nordwesten etwas sich nähert«, antwortete Urisk und spähte angestrengt in die Ferne. »Nicht sicher, was es ist, aber vorsichtig man sein muss!«
»Was habt ihr bemerkt?«
»Nicht mehr als ein Schimmern in der Luft«, sagte Mandik, der neben Urisk stand. »Vielleicht ist es nur eine Spiegelung im Licht der Sonne ohne weitere Bedeutung, aber ich will der Sache lieber auf den Grund gehen, bevor wir eine unliebsame Überraschung erleben und von Gredows angegriffen werden.«
Tenans Herz schlug höher. »Das könnte das Heer der Dan-Ritter sein!«, rief er erfreut. »Endlich haben sie den Rhun-Wald umgangen!«
Auch Mandik hielt das durchaus für möglich, doch zur Sicherheit wollte er einen Spähtrupp aussenden, dem sich auch Tenan und Urisk anschließen durften, nachdem sie sich entsprechend getarnt hatten. Der junge Mann war begierig, so schnell wie möglich auf Dualar zu treffen und sich ihm lebend zu erkennen zu geben.
In geduckter Haltung pirschte sich die kleine Schar durchs Marschland, jeden Strauch und Busch als Deckung ausnutzend,bis sie an jenem Ort anlangten, an dem sie ihre Boote versteckt hatten und sich der Fluss Ydrai in unzähligen Rinnsalen verlief.
Tenan spähte durch das hohe Schilfgras und versuchte, eines der Zeichen zu entdecken, die Mandik erwähnt hatte – den veränderten Flug eines Vogels, ein Rascheln im Ried –, aus denen man das Nahen der Truppen schließen konnte, doch nichts bewegte sich in den Marschen. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, und obwohl die Luft immer noch kühl war, trat Tenan vor
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