Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Grölen des Angreifers und das Splittern von Holz. Dualar musste es mit einem fürchterlichen Gegner zu tun haben, der in der Kammer wie ein Berserker wütete. Die Bordwand übertrug die Urgewalt der Hiebe, die unmöglich von einem gewöhnlichen Schwert stammen konnten.
In einem Anflug von verzweifeltem Zorn gelang es Tenan schließlich, sich mit einem heftigen Ruck aus seiner misslichen Lage zu befreien und nach hinten zu rutschen – zurück in die Kammer. Was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Ein gewaltiges Ungetüm stand inmitten des Raums und schwang einen riesenhaften, eisernen Hammer. Das Wesen war dreimal so groß wie ein gewöhnlicher Gredow, von massiger Gestalt und trug einen ledernen Lendenschurz über seiner schwieligen, von Warzen überzogenen Haut. Jeder seiner Muskelstränge war so dick wie Tenans Unterarm. Auf seiner Stirn prangte ein einzelnes, blutunterlaufenes Auge, darunter saßen eine platte Nase und eine Reihe schiefer Hauer, die aus einemUnterkiefer mit starkem Vorbiss ragten. Wirkte die äußere Erscheinung des Monsters eher träge und behäbig, so strafte es diesen Eindruck durch seine schnell geführten Hiebe und Drehungen Lügen.
An Stelle der Türe klaffte nun ein breites Loch, durch das der Rauch des Ayk-Holzes hereindrang und die Sicht vernebelte.
»Du wolltest einen Eshgoth sehen? Hier hast du einen!«, rief Dualar.
Der riesige Eisenhammer des Wesens krachte gegen einen Stützbalken, das Holz barst und der Balken brach entzwei.
»Greif ihn von hinten an, aber hüte dich vor seinem Hammer!«
Tenan brachte sich auf der gegenüberliegenden Seite in Position und stieß mit dem Schwert zu. Seine Klinge prallte jedoch an der Hornhaut des Riesen ab wie an einer Rüstung, ohne Schaden zu verursachen. Wütend fuhr der Eshgoth herum, der Hammer sauste knapp an Tenans Kopf vorbei und zertrümmerte die Wand zur nächsten Kammer. Holzsplitter schossen durch die Luft, Tenan barg seinen Kopf schützend im Arm. Als er aufsah, holte der Eshgoth bereits zu einem neuen Schlag aus.
Im letzten Augenblick sprang Tenan zur Seite, als der Hammer die Bodenplanken durchschlug und ein Loch schuf, das den Blick auf das darunter gelegene Deck freigab. Der Rauch des Ayk-Holzes quoll jetzt auch von dort empor und schwängerte die Luft weiter mit giftigen Dämpfen. Trotz der geöffneten Luke war Atemholen nun kaum mehr möglich.
Allein dem Eshgoth schien der Rauch wenig auszumachen, wie von Sinnen drosch er auf Dualar und Tenan ein, nahm die Kajüte Stück für Stück auseinander und zeigte keine Anzeichenvon Ermüdung. Seine beiden Gegner tänzelten um ihn herum und suchten verzweifelt eine Lücke in seiner Deckung.
Tenan hatte zunehmend Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Rauch und Luftmangel vernebelten sein Denken und lähmten seine Muskeln, und er taumelte mehr, als dass er bewusste Schritte setzte. Der Eshgoth schien das zu bemerken, er änderte seine Taktik, konzentrierte sich ganz auf Tenan und drängte ihn in Richtung der Bordwand, Dualars Schwerthiebe ignorierend.
Wieder zersplitterten Planken vor Tenans Füßen, und wieder holte der Eshgoth zum Schlag aus. Gerade noch sah Tenan den Hammer auf sich zurasen und warf sich zur Seite. Die Waffe traf den mannshohen Spiegel, dessen Holzrahmen in Stücke brach. Die metallene, scharfkantige Spiegelfläche wirbelte durch die Luft und flog waagrecht auf Dualar zu, der sich nach hinten fallen lassen musste, um von der kreisenden Scheibe nicht enthauptet zu werden. Zitternd blieb sie in einem Holzbalken stecken.
Blitze knisterten an der Stelle, an der der Spiegel gestanden hatte, und ein eiskalter Lufthauch blies durch den Raum. Für einen kurzen Augenblick glaubte Tenan, eine schemenhafte Gestalt in einer Kutte auftauchen zu sehen, doch es mochte auch nur ein Trugbild seines überanstrengten Geistes gewesen sein.
Der Eshgoth schleuderte seinen Hammer auf Tenan, der sich hastig duckte. Das Geschoss durchschlug die Bordwand, zerborstene Bretter regneten auf sie hinab. Von draußen wehte kalte Luft herein und sog den giftigen Rauch nach draußen ab.
»Flieh!«, rief Dualar. »Spring durch die Öffnung!«
Der Eshgoth stapfte heran. Scheinbar hatte er die Absichtder beiden Eindringlinge durchschaut und wollte ihre Flucht verhindern. Seine Pranke schleuderte Tenan zu Boden, hart schlug er mit dem Kopf auf die Bohlen und blieb kurz wie betäubt liegen. Als er wieder zu Sinnen kam und aufsah, schwebte der klauenbewehrte Fuß des Riesen über
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