Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Titel: Der Ruf der Finsternis - Algarad 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
Vom Netzwerk:
er hinter sich und hielt Urisk fragend einen Lianen-Strang vors Gesicht, den er vorsichtig zwischen den Fingern hielt. Zuhauf hingen diese Gewächse von den Ästen der Bäume herab.
    Urisk nickte eifrig und rieb sich die Hände. »Gon-Lianen, ja! Eine gute Idee!«
    Der Einsatz der Gon-Lianen war nicht ungefährlich. Es waren fleischfressende Pflanzen, die Tiere und andere Lebewesen, die sich ihnen unachtsam näherten, mit langen, faserigen Tentakelarmen packten und in die Höhe zerrten, wo sie sich vom Blut ihrer Beute nährten, während die Opfer einen qualvollen Tod starben. Sie konnten sogar Menschen gefährlich werden, denn, einmal in ihre Fänge geraten, ließen sich ihre Fangarmenur noch mit einem Schwert oder Dolch zerschneiden – war keine Waffe vorhanden, bedeutete dies das Ende.
    Urisk ließ erwartungsvoll die Finger knacken, als sein Kamerad langsam eine der Lianen zu sich heranzog. Sorgfältig vermied er jede schnelle Bewegung, welche die Reflexe der Pflanze auslösen konnte. Den Fairin war der Umgang mit den Lianen vertraut, und sie kannten die Stellen, an denen man sie gefahrlos berühren konnte. Urisk nahm den dünnen, aber widerstandsfähigen Strang der Liane aus der Hand des anderen entgegen und rollte ihn vorsichtig um den Schaft eines Pfeils, den er sodann auf die Sehne seines Bogens spannte. Für einen kurzen Augenblick glaubte er eine Bewegung des Fangarms zu spüren, flüchtig zwar, aber dennoch deutlich genug, um noch langsamer vorzugehen und besondere Vorsicht walten zu lassen. Er schielte hinüber zum Schlachtfeld und sah, wie das letzte der drei riesenhaften Ungeheuer in Schussweite kam.

26
    Zu Tenans und Dualars Erleichterung war die Kammer, in die sie sich geflüchtet hatten, noch nicht allzu stark verqualmt, obwohl der Rauch fortwährend durch die Ritzen zwischen den Holzbrettern drang. Ringsum türmten sich fremdartige Gegenstände, die vermutlich magischen Zwecken dienten. Ein mannshoher Spiegel ragte in der Nähe einer kleinen Luke auf, seine metallene Oberfläche war glatt und blank poliert, spiegelte die Umgebung aber nur verschwommen wider. Etwas Unheimliches und Bedrohliches ging von ihm aus.
    Tenan achtete nicht darauf, sondern rannte zu dem kleinen Fenster, öffnete es, und frische, klare Luft strömte hinein. Gierig füllten sie ihre Lungen, doch es dauerte eine Weile, bis sie befreiter atmen konnten.
    »Könnten wir uns durch diese Luke zwängen?«, fragte Tenan. Zweifelnd beäugte er die enge Öffnung, die kaum groß genug für ihn und Dualar war.
    »Wir sollten es zumindest versuchen«, meinte Dualar. »Kannst du irgendwo das Boot sehen, mit dem wir gekommen sind?«
    Tenan beugte sich vor und hielt sein Gesicht in die frische Luft. Ein kalter Wind wehte ihm entgegen und kühlte den Schweiß auf seiner Stirn. Das Schiff wurde von einer dichten Rauchwolke umhüllt, die das Licht der Sterne verschluckte. »Nein, unser Boot ist nicht in Sicht«, antwortete er kopfschüttelnd. »Mir scheint, es gibt nur einen Ausweg: Wir müssen ins Wasser springen und notfalls an Land schwimmen.«
    »Das wird ein kalter Ausflug werden«, brummte Dualar, »aber alle Mal besser, als den Tod durch Achests mordlüsterne Brut zu riskieren.«
    Der Hauptmann bestand darauf, dass Tenan als Erster den Versuch wagen sollte. Das kleine Fenster war so schmal, dass er die Schultern einziehen musste und erst den einen Arm, dann den anderen durch die Öffnung schieben konnte. Bald hing er mit Kopf und Brust außerhalb des Schiffs, während tief unter ihm die Wellen gegen die Bordwand schlugen. Es war ein Sprung aus gut fünfzehn Yard Höhe hinein ins eiskalte Wasser!
    »Was ist los?«, hörte er Dualars Stimme hinter sich.
    »Ich stecke fest!« Mit aller Kraft versuchte Tenan, sich durch die schmale Öffnung nach draußen zu schieben, aber es gelang ihm nicht.
    Er spürte, wie Dualar seine Beine packte und nach vorn drückte.
    »Ich werde dir helfen! Wenn wir ... Bei Belgon!« Er brach ab, ließ Tenans Beine los und fluchte. »Dualar?«
    Er erhielt keine Antwort. Stattdessen hörte er ein gewaltiges Krachen und Splittern, dann das Klirren von Waffen und lautes Gebrüll – kein Zweifel, ein Gredow musste in die Kammer eingedrungen sein und Dualar angegriffen haben. Verzweifelt versuchte Tenan, sich in dem engen Fensterspalt nach vorne oder zurückzubewegen, aber er kam nicht weiter. Er malte sich aus, was hinter ihm wohl passieren mochte, und Panik erfasste ihn. Eine Zeitlang vernahm er nur das wütende

Weitere Kostenlose Bücher