Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
wird!«
2
Über dem Hafen von Dorlin brauten sich Regenwolken zusammen. Der Sturm, der in den letzten Tagen über dem Meer gewütet hatte, würde nun bald auch über Gondun hinwegziehen.
Der Befehlshaber der Skanden, ein hoch gewachsener Mann mit grauen Haaren und ebensolchen Augen, schaute verwundert auf, als er Tenan in seiner Einheit entdeckte. »Wer bist du und was willst du bei uns?« Sein Blick verriet, dass er die Anwesenheit eines Zivilisten in seiner Truppe zutiefst missbilligte, auch seine Männer musterten Tenan misstrauisch. Fremde behinderten den Fluss der Magie, der sich zwischen den Kriegern aufbaute.
Tenan ließ sich durch den unfreundlichen Empfang nicht einschüchtern. »Ich melde mich auf Befehl Hauptmann Dualars, um mich Eurem Trupp anzuschließen. Er meinte, ich könnte Euch nützlich sein und Euch die Wege zeigen, denn ich kenne mich in Dorlin aus.«
»Uns den Weg zeigen?«, schnaubte der Anführer, während die umstehenden Krieger lachten. »Wir sind ausgebildete Skanden-Krieger und haben schon weit gefährlichere Aufträge auf unbekanntem Gebiet erledigt. Wir brauchen keine Begleitung. Wie kommt Hauptmann Dualar bloß auf diese abwegige Idee?«
Tenan, der mit einer solchen Antwort gerechnet hatte, stemmte die Arme in die Hüften und erwiderte mit blitzenden Augen: »Wenn Ihr Hauptmann Dualars Befehle anzweifelt, könnt Ihr sie Euch gern persönlich von ihm bestätigen lassen!« Er wies auf eine Ansammlung von Zelten, nicht weit entfernt, vor denen Dualar anderen Truppen Instruktionen gab. »Erwird allerdings nicht sehr erbaut über Euer Verhalten sein.« Tenan versuchte, sich keine Spur von Unsicherheit anmerken zu lassen, weil seine List sonst fehlschlagen würde.
Inzwischen verließen bereits die ersten Skanden-Einheiten das Lager und machten sich auf den Weg in die zerstörte Innenstadt, um die Ruinen nach Feinden und Hinterhalten abzusuchen.
»Lord Ibik, es wird Zeit, aufzubrechen«, raunte einer der Soldaten dem Anführer zu, der dies mit einem ungehaltenen Kopfnicken quittierte. »Soll ich mich bei Hauptmann Dualar erkundigen?«
»Keine Zeit mehr. Der Plan sieht vor, dass wir im Gefolge von Lord Exans Männern die nordöstlichen Bereiche sichern«, knurrte der Befehlshaber. »Und die sind eben ausgerückt.« Düster nickte er Tenan zu. »Von mir aus kannst du mitkommen, aber sei versichert, dass ich mich später bei Dualar nach dir erkundigen werde. Falls du mich angelogen hast, wird das ernsthafte Konsequenzen haben. Sieh zu, dass du unsere Arbeit nicht behinderst und dich nicht in Gefahr begibst. Bleib immer in unserer Mitte. Ich werde dich rufen, falls ich deine Hilfe wider Erwarten benötigen sollte.«
Tenan, der innerlich jubelte, reihte sich bei den Männern ein, und gemeinsam zogen sie los. Er versuchte, seinen Triumph über die gelungene List zu verbergen, sie hatte tatsächlich funktioniert! Es war ihm gleichgültig, wenn der Anführer nach ihrer Rückkehr Dualar Bericht erstattete. Er würde die Strafe schon ertragen. Viel konnte ihm ohnehin nicht passieren, denn er war noch kein Dan-Ritter und unterstand nicht dem militärischen Befehl.
Die Skanden-Krieger bewegten sich in östlicher Richtung auf die zerstörten Häuser des Kneipen- und Vergnügungsviertelszu. Sie gingen schweigend und ohne Hast. Lord Ibik, ihren Anführer, hatten sie in ihre Mitte genommen, als bedürfe er besonderen Schutzes. Manchmal entfernte sich einer der Männer und durchsuchte ein verlassenes Gebäude oder sicherte den Zugang zur nächsten Straße. Tenan, der neben Ibik her trottete, fand das Verhalten der Krieger recht befremdlich. Wenn er in ihre Gesichter blickte, kam es ihm fast vor, als bewegten sie sich im Schlaf; ihre Augen schimmerten in einem seltsamen Glanz, als befänden sie sich in einer anderen Welt. Besonders Lord Ibik schien geistesabwesend zu sein. Seine Augenlider waren halb geschlossen, trotzdem schritt er zielstrebig und ohne zu stolpern über das Geröll. Tenan hatte von Dualar nicht viel über die Skanden gelernt, aber aus dem wenigen, was er wusste, vermutete er, dass der Anführer mit seinen Männern magisch verbunden war und ihnen auf unsichtbarem Weg Anweisungen und Befehle gab. Er wagte jedoch nicht, einen der Krieger zu befragen, denn er wollte ihre geistige Versenkung nicht stören und hielt es für klüger, sich ihren Unwillen nicht nochmals zuzuziehen.
In einiger Entfernung konnte er Truppen ausmachen, die das Gebiet in ähnlichen Formationen weiträumig
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