Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari
vorsichtig um. Die ganze Zeit hatte ihn schon eine Ahnung beschlichen, die sich jetzt bestätigte. Er hatte soeben Jella von Sonthofen gerettet, seine bezaubernde Bekanntschaft vom Schiff. Sein Puls beschleunigte sich für einen Moment in freudiger Erregung. Fritz hatte nicht damit gerechnet, ihr noch einmal zu begegnen. Er hatte es oft bereut, sie nicht nach ihrer Adresse in Windhuk gefragt zu haben. Aber etwas in ihren wundervollen Augen hatte ihn zögern lassen. Er holte seine Wasserflasche aus der Satteltasche und benetzte damit die Lippen der jungen Frau. Ihre Lider flatterten, bevor sie die Augen ganz aufschlug. Zwei klare Bergseen sahen ihn an, grün wie der schönste Lemontopas mit einer Intensität, die sein Innerstes berührte. Ihre rotgeränderten Augen überstrahlten selbst die rosa verbrannte Nase und die aufgesprungenen Lippen, die einen energischen, breiten Mund zierten.
»Fassen Sie mich nicht an«, krächzte es ängstlich, als Fritz versuchte,
ihren Kopf anzuheben, um ihr seine Wasserflasche an den Mund zu setzen. Betroffen wich er zurück. Unterdessen versuchte sich die Frau mühevoll aufzurichten. Ihre Hände waren immer noch abwehrend gegen ihn erhoben. Fritz versuchte sie zu beruhigen.
»Sie müssen keine Angst haben. Sie sind jetzt in Sicherheit.«
Misstrauisch sah sie ihn an. Sie hatte ihn offensichtlich noch immer nicht erkannt. Erst als er ihr die Wasserflasche hinhielt, verschwand ihr Misstrauen für einen Augenblick, und sie riss die Flasche wortlos an sich. Mit gierigen Zügen begann sie zu trinken.
»Vorsicht«, warnte Fritz. »Trinken Sie nicht zu hastig.« Doch Jella von Sonthofen kümmerte sich nicht darum. Erst als die Flasche beinahe leer war, hörte sie auf. Zufrieden wischte sie sich mit der Hand über den rissigen Mund. Fritz hoffte für sie, dass ihre Gier keine Folgen haben würde. Keine zwei Minuten später wurden ihre Augen kugelrund. Sie begann zu würgen, bevor sie in einem großen Schwall das Wasser wieder ausspie.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollten nicht so schnell trinken«, meinte er mitfühlend. Statt einer Antwort hielt sie sich den Bauch, krümmte sich zusammen und verzog schmerzhaft das Gesicht. Übrig blieb ein Häuflein Elend.
»Wir sind überfallen worden«, presste sie nach einer Weile gequält hervor. »Ich bin einfach davongelaufen.« Sie sah ihn mit angstvollen Augen an. »Wissen Sie, was mit den anderen geschehen ist?«
Fritz’ Miene verdüsterte sich. Die junge Frau sah ihn fassungslos an. Ihre grünen Augen füllten sich mit Tränen und liefen über. Schließlich nickte sie leicht und ballte gleichzeitig die Hände zu Fäusten. Offensichtlich bemühte sie sich um einen letzten Rest von Fassung. Er streckte seine rechte Hand aus, um ihr tröstend an die Schulter zu fassen. Doch kaum hatte er sie berührt, schlug sie mit einer Heftigkeit nach ihm, die ihn völlig irritierte.
»Fassen Sie mich nicht an«, kreischte sie nochmals hysterisch. Fritz hob beschwichtigend seine gesunde Hand.
»Sie haben Schreckliches erlebt«, versuchte er sie zu beschwichtigen. »Aber das ist jetzt vorbei. Vor mir müssen Sie sich nicht fürchten.«
Die junge Frau zitterte, aber dann beruhigte sie sich doch und versuchte ein zaghaftes Lächeln.
»Sie müssen mich für ganz schön dumm halten«, entschuldigte sie sich. »Aber der Überfall, die Hitze und dann noch diese Hyänen... Das war einfach etwas viel.«
Fritz nickte zustimmend. Er war versucht, sie in den Arm zu nehmen, aber da sie offensichtlich jegliche Art von Berührungen scheute, unterließ er es lieber. In den Augen der jungen Frau hatte er großes Leid aufschimmern sehen. Ähnliche Blicke kannte er von vergewaltigten Frauen aus dem Burenkrieg. »Haben... haben die Männer Ihnen etwas angetan?«, fragte er behutsam. Jella schüttelte angewidert den Kopf. Für einen kurzen Augenblick sah er Panik und größte Unruhe in ihren Augen flackern. Dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
»Es tut mir leid, dass ich so durcheinander bin«, stotterte sie unsicher. »Anstatt Ihnen dankbar zu sein, schreie ich Sie an.«
»Schon gut.« Fritz lächelte ihr aufmunternd zu. »Die Umstände sind zwar nicht die glücklichsten, aber ich freue mich dennoch, Ihnen noch einmal zu begegnen.«
Er war sich nicht sicher, ob die junge Frau genauso empfand, denn sie musterte ihn nur kritisch. Um nicht noch aufdringlicher zu erscheinen, wechselte er das Thema.
»Ich nehme Sie natürlich mit. Meine Ochsenkarren stehen
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