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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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entdeckte sie Fritz, der auf einem Holzblock neben der Scheune saß und mit dem Kleinen balgte. Trotz seines Armstumpfes ging er unglaublich geschickt mit dem Tier um, fing ihn, drehte ihn auf den Rücken und ließ ihn an seiner gesunden Hand knabbern, während er ihn mit dem Stumpf wieder wegdrehte, wenn die Bisse des Kleinen zu heftig wurden. Sein Gesicht glänzte rotgolden im frühen Morgenlicht, und seine Züge wirkten entspannt und glücklich. Jella hätte den beiden stundenlang zusehen können, aber dann wurde sie von Pascha entdeckt, der sofort von Fritz abließ und mit seinen krummen Beinchen auf sie zuwackelte. Jella bückte sich, um den Leoparden zu streicheln. Auf Katzenart stupste er gegen ihr Knie und stieß ein zufriedenes Maunzen aus.
    »Pascha mag Sie.« Es war mehr als eine Feststellung. In Fritz’ Stimme lag Anerkennung. Jella sah zu ihm hoch. In den dunklen Augen schimmerte das Morgenlicht und ließ sie geheimnisvoll und wild erscheinen. Er ist ein bisschen wie Afrika, schoss es Jella durch den Kopf. Beängstigend und faszinierend zugleich.

    »Haben Sie Lust auf einen Ausritt?« Seine Augen hielten ihre fest. Jella konnte sich ihnen nicht entziehen. Sie musste schlucken, bevor sie fähig war, ihm zu antworten.
    »Sehr gern.«
    Es fiel ihr schwer, ihre Begeisterung im Zaum zu halten.
    Fritz nickte zufrieden. »Gut, dann werde ich Imelda um etwas Proviant bitten. In einer Stunde reiten wir los.«
     
    Es war herrlich. Jella gab ihrem Pferd die Sporen und preschte los. Die kleine, aber feurige schwarze Stute war etwas ganz anderes als die alte Mähre, die Grünwald ihr überlassen hatte. Erst nach vielen Hundert Metern verlangsamte sie den Schritt.
    Seite an Seite trabten Fritz und sie über die öde Omaheke-Wüste und ließen sich den heißen Wüstenwind um die Ohren wehen. Jella hatte sich unter ihrem Sonnenhut ein helles Tuch um den Kopf geschlungen. So waren ihre Haare vor dem grellen Sonnenlicht und dem feinen Sand geschützt. Fritz trug seinen beigefarbenen Südwesterhut. Imelda hatte es sich nicht nehmen lassen, ihnen auch noch eine Packtasche voller Proviant einzupacken. Der tiefblaue Himmel über ihnen war weit und grenzenlos. Nach etwa zwei Stunden Ritt stieg das Gelände allmählich an, und vor ihnen tat sich ein kleines, zerklüftetes Gebirge aus rotem Granitgestein auf. Das Rot der Felsen stand in seltsamem Kontrast zu dem blassgelben Sand der Omaheke, dem nördlichen Ausläufer der Kalahari. Es sah aus wie eine Insel im gelben Sandmeer. Fritz führte sie um das Gebirge herum, bis sie an eine Stelle kamen, wo sich ein schmaler Felsdurchgang befand. Die vielen Tierspuren davor zeigten, dass sie nicht die Einzigen waren, die sich hier herumtrieben. Mit einem Satz sprang Fritz von seinem braunen, kräftigen Wallach.
    »Von hier an müssen wir zu Fuß gehen«, meinte er geheimnisvoll. Jella schwang sich ebenfalls von ihrem Pferd und nahm es
an die Zügel. Fritz ging voran. Hintereinander passierten sie den schmalen Felsdurchgang, der sich beinahe hundert Meter weit immer tiefer in das Gebirge hineinschlängelte. Dabei ging es leicht bergauf. Die Felswände zu ihren Seiten waren aus hartem, rauem Granitgestein, das mit seltsamen farbigen Felszeichnungen versehen war. Die vereinfachten Darstellungen zeigten Menschen. Sie trugen Speere und Pfeil und Bogen bei sich und sahen aus, als wollten sie auf die auf der gegenüberliegenden Seite befindlichen Tiere Jagd machen. Jella erkannte Giraffen, Elefanten, verschiedene Antilopenarten und sogar Nashörner. Zwischen den Menschen und den Tieren befand sich eine größere leere Fläche, in der eine menschenähnliche Gestalt stand. Sie war in ein dreieckiges, gemustertes Tuch gehüllt und um einiges größer als die Jäger. Mit gehobenen Armen schien sie den Jägern Einhalt zu gebieten.
    »Was bedeutet das wohl?«, wunderte sich Jella.
    »Diese Zeichnungen wurden vor vielen, vielen Jahrhunderten von den Buschmännern angefertigt. Sie nennen den Ort ›Buschmanns Paradies‹. Alles an diesem Platz ist ihnen heilig. In diesem besonderen Tal treffen sich Gut und Böse, Lebende und Tote, Menschen und die Geister der Toten. Dieser Ort ist tabu für jede Art von Gewalt. Die Gestalt in der Mitte verkörpert Kauha, den großen Geist, der in der Vorstellung der Buschmänner die Welt zusammenhält. Er warnt die Menschen davor, hier etwas Böses tun zu wollen. Denn alles Böse, das man hier tut, wird hundertfach wieder auf den Menschen zurückgeworfen.«
    »Und

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