Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari
Grootfontein, und Victor verdingte sich unter falschem Namen als Vorarbeiter auf Owitambe. Die Farm lag so abgelegen, dass die Spürhunde aus Südafrika unsere Fährte verloren. Obwohl Victor und dein Vater nicht besonders gut miteinander ausgekommen sind, verstand er es, sich ihm unentbehrlich
zu machen. Sobald etwas Gras über die Sache gewachsen war und wir wieder zu etwas Geld gekommen waren, wollten wir Afrika verlassen. Doch dann ist alles anders gekommen.«
Lucie machte eine Pause und stieß Jella mit ihrer Stiefelspitze an. »Hörst du noch? Der spannende Teil kommt jetzt nämlich erst!«
Jella zeigte keinerlei Reaktion. Mit unbewegter Miene wappnete sie sich für den Rest von Lucies Geständnis.
»Victor war eines Tages etwas früher als gedacht vom Kontrollieren der Weidezäune auf die Farm zurückgekehrt. Sonthofen war nirgendwo zu sehen gewesen, also hatte er ihn im Haus vermutet und war ihm dorthinein gefolgt. Die Tür zum Arbeitszimmer stand weit offen. Dein Vater stand hinter dem Schreibtisch und betrachtete gedankenverloren ein weiches Ledertuch, auf dem etwas blitzte und blinkte. Victor erkannte sofort, dass es sich dabei um Diamanten handelte. Er hatte lange genug in den Diamantenminen von Südafrika verbracht, um zu erkennen, wie wertvoll die Steine waren. Einem ersten Instinkt folgend wollte er sich rausschleichen, um sich eine Waffe zu besorgen und Sonthofen zu überfallen. Doch dann besann er sich eines Besseren und beschloss, die Sache erst mit mir zu besprechen.«
Lucie lächelte überheblich.
»Victor verschwand unbemerkt und ritt bei der nächsten Gelegenheit nach Grootfontein. Wir haben lange überlegt, woher dein Vater die Steine hatte, aber, was noch viel wichtiger war: Gab es etwa noch mehr davon? Es war durchaus vorstellbar, dass Sonthofen eine Fundstelle aufgetan hatte. Er ritt oft tagelang allein durch die Gegend und war schließlich Geologe. Je länger wir darüber nachdachten, desto klarer wurde, dass er die Steine auf Owitambe oder in der näheren Umgebung gefunden haben musste und bestimmt bald die Schürfrechte dafür beantragen würde. Wahrscheinlich hatten ihn sogar die Buschmänner zu der Fundstelle geführt. Das erklärte nämlich auch, dass die Diamanten in ein
Leder gewickelt waren, wie es nur die Buschmänner herstellen. Diese kleinen Wilden kennen das Land wie kein anderer - und dein Vater war mit ihrem Anführer sogar richtig gut befreundet. In jedem Fall waren wir einer großen Sache auf der Spur. Es galt nur noch, den richtigen Weg einzuschlagen.«
»Und dann haben Sie versucht, sich meinen Vater zu angeln. Aber der ist nicht auf Sie hereingefallen. - Wie unangenehm!«
Jellas Sarkasmus sollte nur ihre Fassungslosigkeit überspielen. Für Lucie war es Wasser auf ihre Mühlen. Sie zog verächtlich ihre Mundwinkel nach unten und spuckte vor Jella aus.
»Dein Vater ist ein Neger mit der Haut eines Weißen! Er zog diese Himba mir vor, obwohl ich mir mit ihm wirklich alle Mühe gegeben hatte. Mein ursprünglicher Plan war, ihn zu heiraten, um so an die Farm und die Steine zu kommen. Er sollte mir verraten, wo die Steine zu finden waren - und danach...«
Sie fuhr sich mit der Handkante kurz über den Hals.
»Sie hatten also von Anfang an vor, meinen Vater umzubringen!« Jella schnappte nach Luft. »Sie... Sie gemeine, hinterhältige Mörderin!«
Lucie beachtete ihren Einwurf überhaupt nicht.
»Ich gebe zu, dass wir eine Zeit lang keine guten Karten hatten. Dein Vater stellte sich stur und gab mir sogar unmissverständlich zu verstehen, dass ich von der Farm verschwinden sollte. Aber dann spielte uns der Zufall in die Hände.«
Jella horchte auf. Lucie registrierte es und zog die Schilderung noch etwas in die Länge, indem sie den umgefallenen Stuhl aufrichtete und sich setzte und nun Jella direkt in die Augen sah.
»Die Bezirkshauptmannsstelle in Otjiwarongo war längere Zeit unbesetzt, und der neue Bezirkshauptmann kannte noch keinen der umliegenden Farmer...«
Jella ahnte, was nun folgte. »Und dann haben Sie die Heiratsurkunde gefälscht!«, riet sie.
Lucie nickte zustimmend.
»Die Sache war ganz einfach«, meinte sie. »Victor musste mir nur eine Blankounterschrift organisieren. Das war relativ einfach, da er ohnehin die Buchführung für Owitambe machte. Sonthofen prüfte sie jeden Monat und zeichnete sie gegen. Dieses eine Mal schob ihm Victor ein leeres Blatt unter. Dein Vater hat es gar nicht gemerkt. Mit der Unterschrift habe ich eine
Weitere Kostenlose Bücher