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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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Füßen auf einen Stuhl gebunden. In ihrem Mund steckte ein alter, öliger Lappen und hinderte sie daran, laut zu schreien. Außer seinem widerlichen, metallischen Geschmack nahm er ihr auch noch die Luft zum Atmen. Die Haut an ihrem Hinterkopf spannte unerträglich, und sie schätzte, dass die Beule, die sie von Lucies Schlag davongetragen hatte, so groß wie ein Taubenei war. Noch einmal rüttelte und zog sie an ihren Fesseln. Aber Grünwald hatte ganze Arbeit geleistet. Die Seile gaben keinen Millimeter nach.
    Mittlerweile war es hell geworden. Die Sonnenstrahlen drangen grell durch die Ritzen in der Scheune und zeichneten bizarre Schattenbilder auf dem dunklen Boden ihres Gefängnisses. Jellas Wut und Empörung waren längst noch nicht verraucht. Sie hatte nun keinerlei Zweifel mehr, dass es Lucie und Grünwald von Anfang an nur um Owitambe und die Diamanten gegangen war. Mit Grausen wurde ihr nun auch bewusst, dass der Tod ihres Vaters einen ganz anderen Hintergrund gehabt haben konnte. Allein der Gedanke machte sie so wütend, dass sie noch einmal an ihren Fesseln riss und rüttelte. Ihr war klar, dass sie schleunigst von hier verschwinden musste. Vielleicht würde es ihr ja gelingen, Nancy oder einen der schwarzen Farmarbeiter auf sich aufmerksam zu machen. Aber dann fiel ihr wieder ein, was Lucie über die Angestellten von Owitambe gesagt hatte. Sie würden vor lauter Angst um ihre Anstellung
keinen Finger für sie rühren. Jella lachte bitter auf. Lucie und Grünwald würden sich ohnehin nicht an irgendeine Abmachung halten, die ihr Vater einmal mit den Schwarzen getroffen hatte.
    Nein. Sie war auf sich allein gestellt. Ihr Blick fiel auf die Wand hinter ihr. Dort befand sich eine Sense. Sie hing mit ihrer Schneide nur locker über einem Bolzen, der in der Scheunenwand eingelassen war. Wenn sie sich nach hinten fallen ließ, dann würde sie mit ihrem Kopf gegen die Stange der Sense stoßen und sie so vielleicht zum Herunterfallen bringen können. Sie musste nur aufpassen, dass die Schneide nicht auf ihren Körper fiel und sie verletzte. Ihr Gewicht abwechselnd nach hinten und nach vorn verlagernd, brachte sie den Stuhl hintenüber zum Kippen. Mit geschlossenen Augen erwartete sie den Aufprall an der Scheunenwand. Inständig hoffte sie, dass sie mit dem Gewicht ihres Körpers den Sensenstab so weit nach hinten drücken würde, dass die Schneide über den Bolzen rutschte. Die Wucht des Aufpralls raubte ihr für einen Augenblick die Besinnung. Im Nachhinein konnte sie sich nicht erinnern, ob sie den Sensenstab überhaupt berührt hatte - so weh tat ihr Kopf. Auf jeden Fall war sie mit einem lauten Poltern gegen die Scheunenwand und dann auf den Boden gekracht. Ängstlich lauschte sie, ob jemand sie gehört hatte. Erst dann konzentrierte sie sich auf die nächsten Schritte. Ihre Bewegungen waren jetzt noch weiter eingeschränkt, da sie wie ein Käfer auf dem Rücken lag, noch dazu an den Stuhl gefesselt. Sie hob ihren schmerzenden Kopf ein wenig an und schielte in die Richtung, wo sie die Sense vermutete. Tatsächlich. Ihr schmerzhafter Einsatz hatte sich gelohnt. In etwa zwei Metern Entfernung lag die Schneide der Sense. Wenn es ihr gelang, irgendwie dorthin zu rutschen, dann konnte sie vielleicht ihre Fesseln an der Schneide durchwetzen. Zentimeter für Zentimeter schob sie sich in Richtung der Klinge. Sie musste ihren ganzen Körper einsetzen, um sich näher an ihr Ziel heranzuschieben. Endlich hatte sie die Schneide erreicht.
Nun musste sie den Stuhl, auf den sie gefesselt war, so in die Position bringen, dass sie ihre Handfesseln an der Klinge reiben konnte. Jella war von den Anstrengungen längst schweißüberströmt. Sie hustete, weil die staubige Luft des Schuppens durch die Nasenöffnungen in ihre Lungen drang. Doch dann hatte sie es geschafft. Ihre Fesseln lagen direkt über der Schneide. Vorsichtig bewegte sie ihre gebundenen Hände auf und ab. Mit einer gewissen Befriedigung spürte sie, wie sich der Druck der Seile ein wenig lockerte. Noch wenige Bewegungen, dann war sie frei. Ihrer Erleichterung folgte Schmerz, als sie spürte, wie das Blut wieder in ihren Armen zu zirkulieren begann. Erst dann riss sie sich den öligen Lappen aus dem Mund und begann die Fußfesseln zu zerschneiden. Als sie aufstehen wollte, versagten ihr die Füße den Dienst. Sie hatte kaum noch Gefühl in den Beinen. Grünwald hatte die Schnüre so fest gebunden, dass ihre Füße völlig taub geworden waren. Sie war stundenlang

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