Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari
Heiratsurkunde gefälscht, die bezeugte, dass wir kurz zuvor in Grootfontein geheiratet hatten.«
Nun dämmerte Jella, welchen perfiden Plan sich die beiden ausgedacht hatten. »Aber wie konnten Sie darauf vertrauen, dass der neue Bezirkshauptmann in Otjiwarongo nach dem Tod meines Vaters nicht nachprüfen würde, ob die Heirat in Grootfontein tatsächlich stattgefunden hat? Es muss ihm doch seltsam vorgekommen sein, dass mein Vater so kurz nach der Hochzeit verstorben ist.«
»Pah.« Lucie rümpfte überheblich die Nase. »Auch deutsche Kolonialbeamte sind nur Männer. Ich habe ihm die unendlich trauernde Witwe so perfekt vorgespielt, dass ihm selbst noch die Tränen in die Augen gestiegen sind. Ein langer, hilfloser Augenaufschlag, ein paar Tränen, und schon fraß er mir aus der Hand. Außerdem stapelten sich auf seinem Schreibtisch Berge voller unerledigter Akten. Warum sollte er sich noch mehr Arbeit machen?«
Jella wandte sich angewidert ab.
In diesem Moment trat Grünwald in die Scheune.
»Was machst du hier?«, knurrte er ungehalten. »Wieso ist das Weibsstück nicht mehr gefesselt?«
Er bückte sich und zog Jella unsanft in die Höhe. Sie ließ es widerstandslos über sich ergehen. Mit ein paar geübten Griffen band er ihre Hände wieder auf dem Rücken zusammen und schubste Jella zurück in ihre Ecke.
»Es wird Zeit, dass wir sie loswerden!«
Lucie fühlte sich gemaßregelt.
»Auf die eine oder andere Stunde kommt es nun auch nicht mehr an«, fauchte sie zurück. »Du kannst mir die Freude unseres Triumphes ruhig noch einen Augenblick gönnen.«
»Hast du vergessen, was in diesen verdammten Tagebuchaufzeichnungen stand?«, konterte Grünwald. »Die Diamanten stammen tatsächlich von diesen Buschmännern. Wenn es stimmt, dass sie hier in der Gegend sind, dann wird es höchste Zeit, dass wir sie uns schleunigst vorknöpfen.«
»Und was machen wir mit der da?«
Lucie tat so, als wäre Jella gar nicht mehr vorhanden. Grünwald warf ihr einen unbestimmten Blick zu. Aus seinen Augen traten ihr Hass und absolute Skrupellosigkeit entgegen. Jella schauderte. Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass Grünwald sie auf der Stelle erschießen oder erschlagen konnte - genau wie er es mit ihrem Vater getan hatte.
»Wenn du rausgehst, erledige ich das hier«, kam es prompt. In seinen Händen blitzte bereits ein langes Buschmesser.
»Bist du verrückt?« Lucie fiel ihm in den Arm. »Wer weiß, wie lange wir hier noch aushalten müssen? Denk an diesen van Houten. Wenn wir ihm keinen plausiblen Tod nachweisen können, dann haben wir im Nu die Polizei am Hals. Du musst sie erst wegschaffen!«
»Verdammt!«
Lucie überlegte kurz, dann hellte sich ihr Gesicht auf.
»Warum tust du ihr nicht den Gefallen und bringst sie an die Stelle, wo ihr Vater zu Tode gekommen ist? Sie hat doch überall herumposaunt, dass sie nochmals an das Grab ihres Vaters will. Wer weiß...«, sie lächelte Jella hinterhältig zu, »... vielleicht nimmt sich ihrer ja dasselbe Löwenrudel an, das auch ihren Vater verspeist hat!«
Hilfe
Das Halbmondgesicht - natürlich. Plötzlich war Fritz eingefallen, zu wem es passte - zu Victor Grünwald, dem Vormann von Owitambe .
Das konnte nur eines bedeuten: Diese Lucie Greenwood und Victor Grünwald kannten sich schon, bevor Lucie Jellas Vater geheiratet hatte. Und offensichtlich hatten sie auch ein Verhältnis gehabt. Die Andeutungen des Wirts waren eindeutig gewesen.
Genau wie Jella kam auch ihm erst spät die Erkenntnis, dass Greenwood und Grünwald dieselben Namen, nur in unterschiedlichen Sprachen, waren. Ein simpler, aber wirkungsvoller Trick, um ihre Identität zu verschleiern.
Aber warum hatte Lucie Sonthofen geheiratet, und weshalb gab es keine Heiratsurkunde?
Fritz hatte Volkmann gebeten, deswegen eine telegrafische Anfrage mit einer genauen Personenbeschreibung an die südafrikanische Polizei zu richten. Aus diesem Grund hatte er sich doch noch vorübergehend bei Thadäus Sproll im »Ochsen« eingemietet. Jeden Morgen begab er sich den Berg hinauf zum Fort, um bei Volkmann nachzufragen, ob Neuigkeiten für ihn da seien. Doch die südafrikanische Polizei ließ sich Zeit. Endlich, am dritten Tag, kam ihm Volkmann höchstpersönlich im Kasernenhof entgegen. Er winkte mit einer Depesche.
»Sie hatten recht«, strahlte er, als hätte er einen großen Fisch gefangen. »Lucie und Victor Greenwood werden in ganz Südafrika
von der Polizei gesucht! Unsere englischen Kollegen haben
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