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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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aufbringen? Enttäuscht schüttelte sie den Kopf.
    »Nein, das können sie nicht«, meinte sie kleinlaut.
    »Mhm«, meinte Koch. »Das habe ich mir fast gedacht.«

    »Das war’s dann wohl.«
    »Geben Sie immer so schnell auf?«
    Jella zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich kann an meiner finanziellen Lage im Moment nichts ändern.«
    »Melden Sie sich am Montag um sieben Uhr in meinem Institut«, befahl ihr Koch plötzlich in Eile. »Das Lehrgeld können wir Ihnen erlassen. Dafür werden Sie uns unentgeltlich im Labor assistieren. Und nun entschuldigen Sie mich; ich habe noch eine Vorlesung.«

Das Versprechen

    »Das ist also das Mycobacterium tuberculosis.«
    Jella drehte an den seitlichen Rädchen des Mikroskops und stellte so das Bild scharf. »Und diese komischen Dinger, die aussehen wie Käferlarven auf einem Blatt, verursachen wirklich die Schwindsucht?« Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«
    Doktorand Gröhner, der Jella nach anfänglichem Zögern den Blick in sein Mikroskop gewährt hatte, begann gnädig zu dozieren.
    »Mycobacterium tuberculosis ist der stäbchenförmige Erreger der Tuberkulose, im Volksmund auch ›Proletariatskrankheit‹ genannt. Er ist zur aktiven Bewegung absolut unfähig und wächst extrem langsam. Seine Fähigkeit, selbst starken Desinfektionsmitteln zu widerstehen, macht ihn besonders gefährlich. Über das Sputum tritt er in die Lunge ein und verursacht dort eine Knötchenbildung, die zur Zerstörung des Lungengewebes sowie zur Streuung tuberkulöser Herde im Körper führt. Außerdem...«
    »Über das Sputum, also Speichel? Heißt das, diese Krankheit ist ansteckend?«, wunderte sich Jella. Der Doktorand blinzelte sie über seine dicke Hornbrille an.
    »Ganz genau. Wir Wissenschaftler nennen diese Übertragungsform auch Tröpfcheninfektion. Über Niesen, Spucken oder ungehöriges Sich-Schnäuzen werden Hunderte von diesen unsichtbaren Bakterien durch die Luft geschleudert und von anderen
wieder eingeatmet. In jeder Menschenansammlung lauert die Gefahr von Ansteckung.«
    »Das erklärt die vielen Spuckverbotstafeln an den öffentlichen Gebäuden und die Spucknäpfe an jeder Ecke.«
    »Leider hält sich kaum jemand daran. Und die Krankheit breitet sich immer weiter aus.«
    Jella wurde auf einmal sehr nachdenklich. Ihre Mutter litt an Schwindsucht. Wenn es wirklich stimmte, was Doktorand Gröhner behauptete, dann war ihre Mutter nicht nur eine Betroffene, sondern verbreitete gleichzeitig die Krankheit.
    »Ich glaube kaum, dass Sie recht haben«, erklärte sie. »Meine Mutter leidet seit geraumer Zeit an Schwindsucht. Ich sorge für sie und schlafe sogar mit ihr in einem Bett. Wenn Sie recht hätten, müsste ich doch längst auch schon erkrankt sein.«
    Der Doktorand kratzte sich an seinem stramm gescheitelten Haar und überlegte. Er schien ratlos. Weil ihm keine geeignete Antwort einfiel, besann er sich wieder auf seine Arbeit.
    »Ich muss den Befund hier noch dokumentieren. Professor Koch erwartet noch heute die Ergebnisse«, murmelte er und stupste Jella beiseite. Widerwillig räumte sie den Platz und stieß fast mit Professor Koch zusammen. Sie wurde puterrot. Anstatt wie aufgetragen die Laborinstrumente zu säubern, hielt sie Mitarbeiter von der Arbeit ab. Obwohl sie den Professor fast um Haupteslänge überragte, fühlte sie sich vor ihm klein und ertappt. Schnell wollte sie davoneilen. Doch Dr. Koch hielt sie zurück. Offensichtlich hatte er einen Teil ihres Gespräches mit angehört.
    »Habe ich mich verhört, oder haben Sie gerade erzählt, dass Ihre Mutter an Schwindsucht leidet?«, fragte er besorgt. Jella erschrak. Wenn der Institutsleiter wirklich der Ansicht war, dass Tuberkulose ansteckend war, dann befand sie sich jetzt eindeutig in einer heiklen Situation. Ihre Stellung als Krankenschwester war somit mehr als gefährdet. Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück.

    »Keine Angst. Die Frage interessiert mich rein wissenschaftlich. Sie bestätigt nämlich meine Hypothese, dass es Menschen gibt, die gegen das Tuberkel-Bakterium von Haus aus immun sind oder - was meines Erachtens noch viel wahrscheinlicher ist - sich durch eine unbemerkte Infektion diese Immunität erworben haben. Das ist ein sehr interessanter Aspekt, finden Sie nicht auch?«
    Er strich sich versonnen über seinen zurechtgestutzten Spitzbart und ging ein paar Schritte weiter. Seine Gedanken schienen im Augenblick in ganz anderen Dimensionen

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