Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari
Essen.
»Oohh... ich laufe davon!«, war alles, was sie denken konnte. Ohne einen Augenblick länger darüber nachzudenken, schlüpfte sie aus der Hütte und rannte in den Busch. Natürlich wurde ihr Fehlen unmittelbar darauf entdeckt.
»Nakeshi ist weggerannt«, jammerte Nisa, die sie zu Gao führen sollte. Debe kam hinzu. Er wurde richtig ärgerlich, als er vom Ungehorsam seiner Tochter erfuhr.
»Lauf ihr nach, und sag meiner Tochter, wenn sie wegläuft, schlage ich sie so, dass sie es nicht wieder tut.«
Nakeshi war bereits weit draußen im Busch. Sie hörte, wie die anderen nach ihr riefen und sie suchten, aber sie wollte nicht zurück. Schließlich setzte sie sich unter einen Baum und weinte.
»Nakeshi, Nakeshi, meine Freundin... Da draußen ist eine Hyäne... die Tiere werden dich überfallen und töten. Komm zurück... Nakeshi... Nakeshi!« Nisa wollte ihre Freundin mit den Worten nur schrecken, obwohl sie wusste, dass Nakeshi sich nicht davon beeindrucken lassen würde. Und damit hatte sie recht; Nisas Worte prallten wie Regen an ihr ab.
Als Nisa sie schließlich fand, rannte Nakeshi nochmals davon. Doch Nisa war schneller und packte sie an der Schulter. Sie rief:
»Hey! Hier ist Nakeshi! Kommt alle hierher! Helft mir!« Nakeshi
sträubte sich, aber kurz darauf waren noch ein paar andere Buschmänner da und schleiften sie zurück zur Hochzeitshütte. Sie zwangen sie, sich hineinzusetzen. Sie weinte und weinte. Nisa versuchte vergeblich, sie zu beruhigen.
»Ein Mann ist nichts, das dich umbringt. Er ist jemand, der dich heiratet, der wie dein Vater oder dein älterer Bruder ist. Er tötet Tiere und gibt dir zu essen. Gao wird vielleicht schon morgen, während du noch weinst, ein Tier töten. Aber wenn er zurückkommt, wird er dir kein Fleisch geben, wenn du dich so anstellst. Dann isst er allein. Und Perlen gibt er dir auch nicht. Hör doch endlich auf, und füge dich in das Unvermeidliche.«
Nakeshi hörte schweigend Nisas Worte. Wo war nur ihre Freiheit geblieben? Sollte das nun ihr Leben sein?
Draußen war es längst dunkel geworden, und die Buschmänner legten sich schlafen. Gao legte sich vor das Feuer vor dem Eingang ihrer Hütte. Er rechnete sehr wohl damit, dass Nakeshi versuchen würde, noch einmal davonzulaufen. Sie konnte durch die Ritzen der Zweige sehen, wie er sich mit einer Decke zudeckte und einschlief. Sie sah es mit aufkeimender Angst. »Wie springe ich am besten über ihn?«, überlegte sie fieberhaft. »Wie komme ich hinaus? Wie schaffe ich es, in die Hütte meiner Mutter zu kommen, um neben ihr zu schlafen?« Nakeshi beobachtete Gao. Er war ihr Mann, aber er war ihr so fremd. »Wie konnte ich diesen Menschen nur heiraten? Warum hat man mich diesem Mann zur Frau gegeben? Die älteren Leute sagen, er ist ein guter Mann, aber mir ist er fremd und wird es immer bleiben...«
Nakeshi blieb regungslos in ihrer Hütte liegen und bewegte sich nicht. Hoffnungsvoller Regen setzte ein. Sie lauschte seinem Prasseln auf das Hüttendach und ließ sich von ihm trösten. Er schwoll an und wurde zu einem heftigen Regenguss. Sie hoffte, dass Gao nun aufstehen und in einer anderen Hütte Schutz suchen würde. Doch ihr Mann blieb in seine Decke gehüllt vor ihrem Eingang
liegen. Irgendwann schlief Nakeshi ein. In der ersten Dämmerung wachte sie wieder auf und hoffte, dass Gao verschwunden war. Doch er saß am Feuer und stocherte darin herum. Nakeshi weinte wieder. Sie legte sich nochmals hin und wartete weiter, dass ihr Mann verschwand. Als Gao schließlich hinter die Büsche ging, um sich zu erleichtern, nutzte sie die Gelegenheit, um hinauszuschleichen und sich in der Hütte ihrer Mutter zu verkriechen.
Sie weigerte sich, sie zu verlassen, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war. Mit ihrem aus Trotz gegebenen Einverständnis hatte die Gruppe ein Recht, ihre Hochzeit zu feiern. Aufgebrachtes Gemurmel machte sich in der Gruppe breit. Nakeshi stellte sich über Gebühr zimperlich an. Schließlich kamen Gaos Verwandte zu ihrer neuen Hütte. Sie sprachen alle auf den verschmähten Ehemann ein, seine Mutter, sein Vater, seine Brüder.
»Geh und befiehl deiner Frau, dass sie kommen soll!«
»Ihre Schwiegermutter will sie mit dem Hochzeitsöl einreiben.« »Was ist los mit deiner Frau? Warum kommt sie nicht in ihre neue Hütte und befolgt unsere Bräuche? Will sie uns alle beleidigen?«
Nakeshi blieb stur. Mittlerweile hatte sich beinahe die ganze Gruppe vor ihrer Hütte versammelt. Sie redeten auf
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