Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
fragen; zumindest zu diesem Zeitpunkt ihrer Bekanntschaft war das noch alles andere als schicklich. Aber Jack konnte nicht anders: »Und nun, da Sie wieder da sind, Miss ... Charlotte ... haben Sie ... bestimmte, hm, Absichten, ich meine, was ... äh ...«
    George Greenwood runzelte die Stirn. Eigentlich war er es gewohnt, dass Jack McKenzie in ganzen Sätzen sprach.
    Charlotte lächelte sanft. Sie schien zu verstehen.
    »Sie meinen, ob ich verlobt bin?«, fragte sie und blinzelte.
    Jack wurde rot. Plötzlich verstand er die Gefühle einer Sarah Bleachum.
    »Ich würde niemals wagen, eine solche Frage ...«
    Charlotte lachte. Nicht verschämt, sondern fröhlich und ungekünstelt.
    »Aber da ist doch nichts dabei! Zumal es schon längst in der Zeitung stünde, wenn mein Vater mich an den Haaren aus England zurückgezerrt hätte, um hier irgendeinen Countrygentleman zu ehelichen ...«
    »Charlotte!«, rügte George. »Als ob ich jemals ...«
    Charlotte stand auf und gab ihm übermütig einen Kuss auf die Wange. »Nicht aufregen, Dad. Natürlich würdest du mich niemals zwingen. Aber gefallen würde es dir schon, gib’s zu! Und Mom erst recht!«
    George Greenwood seufzte.
    »Natürlich würden deine Mutter und ich es begrüßen, wenn du einen passenden Mann fändest, Charlotte, statt den Blaustrumpf herauszukehren. Studien der Maori-Kultur! Wem soll denn das nützen?«
    Jack horchte auf.
    »Sie interessieren sich für die Maoris, Charlotte?«, fragte er beflissen. »Sprechen Sie denn die Sprache?«
    George wandte dramatisch den Blick gen Himmel. Zweifelsohne hatte er Charlotte die braunen Augen vererbt, obwohl ihre von reinem Braun waren, während in seinen grüne Einsprengsel schimmerten. »Natürlich nicht. Weshalb ich ja auch sage, dass der ganze Plan nichts wert ist. Mit Latein und Französisch kommst du da nicht weiter, Charlotte ...«
    Während George noch lamentierte, rief Elizabeth zum Essen.
    Charlotte erhob sich sofort. Offensichtlich hatte sie die Einwände ihres Vaters schon oft genug gehört. Und wie es aussah, fehlten ihr die rechten Argumente, sie zu entkräften.
    Aber jetzt beherrschte erst einmal Elizabeth Greenwood das Tischgespräch. Das Essen war wie immer köstlich, und die Konversation rankte sich um die verschiedensten Themen, meist um die Gesellschaft in und um Christchurch und die Canterbury Plains. Jack hörte nur mit halbem Ohr zu. Tatsächlich schmiedete er bereits eigene Pläne. Er wurde erst wieder aufmerksam, als das Gespräch gegen Ende des Essens erneut auf Charlottes Vorhaben kam. Das Mädchen hatte die Absicht, Georges Geschäftsführer im Bereich des Wollhandels, einen Maori namens Reti, um Unterricht in der Sprache seines Volkes zu bitten. George erhob allerdings energisch Einspruch.
    »Reti hat anderes zu tun!«, erklärte er. »Außerdem ist die Sprache kompliziert. Du würdest Jahre brauchen, bis du sie so gut beherrschst, dass du die Geschichten der Leute verstehst und zu Papier bringen kannst ...«
    »Ach, so kompliziert ist es gar nicht«, warf Jack ein. »Ich zum Beispiel spreche fließend Maori.«
    George verdrehte die Augen. »Du bist ja auch halb in ihrem Dorf aufgewachsen, Jack.«
    »Und unsere Maoris auf Kiward Station sprechen genauso fließend Englisch!«, fuhr Jack triumphierend fort. »Wenn Sie eine Zeitlang zu uns kommen würden, Charlotte, könnten wir da etwas arrangieren. Meine sozusagen Halbschwägerin Marama zum Beispiel ist eine 
tohunga
. Sängerin eigentlich. Aber die wichtigsten Geschichten sollte sie auch kennen. Und Rongo Rongo, die Hebamme und Zauberin des Stammes, spricht ebenfalls Englisch.«
    Charlottes Gesicht hellte sich auf.
    »Siehst du, Daddy? Es geht alles! Und Kiward Station ist doch eine große Farm, nicht? Gehört sie nicht dieser ... dieser lebenden Legende hier, Miss ... äh ...«
    »Miss Gwyn«, meinte George übellaunig. »Aber die hat wahrscheinlich fürs Leben genug von verwöhnten, kulturinteressierten Mädchen in ihren vier Wänden.«
    »Nein, nein«, wehrte Jack ab. »Meine Mutter ist ...« Er brach ab.
    Gwyneira als Förderin der Schönen Künste zu bezeichnen wäre sicher übertrieben. Aber natürlich war Kiward Station, wie alle Farmen auf den Plains, ein gastfreundliches Haus. Und Jack konnte sich nicht vorstellen, dass Gwyneira von diesem Mädchen nicht entzückt wäre ...
    Nun aber schaltete Elizabeth sich ein.
    »Aber George! Was denkst du denn? Selbstverständlich würde Miss Gwyn Charlotte bei ihren Forschungen

Weitere Kostenlose Bücher