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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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zu bestehen. Ihr Haar war immer noch üppig, aber glanzlos. Jack mochte sich kaum von ihr trennen, als Dr. Friedman sie schließlich in die Untersuchungsräume rief.
    Er verbrachte eine angsterfüllte Stunde, zu angespannt, um zu beten oder auch nur zu denken. Es war angenehm warm im Wartezimmer, doch Jack empfand eine innere Kälte, die auch der heißeste Sonnenschein nicht hätte lindern können.
    Schließlich bat ihn Dr. Friedmans Sekretär herein. Der Professor saß wieder an seinem Schreibtisch, Charlotte klammerte sich ihm gegenüber an eine Tasse Tee. Auf ein Zeichen des Arztes hin füllte der Sekretär auch eine Tasse für Jack, bevor er taktvoll das Zimmer verließ.
    Professor Friedman hielt sich nicht mit langen Vorreden auf.
    »Mr. und Mrs. McKenzie ... Charlotte ... es tut mir leid, dass ich keine guten Nachrichten habe. Aber Sie haben bereits mit meinem sehr kompetenten jungen Kollegen in Christchurch gesprochen, der Ihnen seine Befürchtungen nicht vorenthielt. Seine Verdachtsdiagnose hat sich in meiner Untersuchung leider bestätigt. Meiner Ansicht nach, Charlotte, leiden Sie an einer Geschwulst im Gehirn. Sie verursacht Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und all die anderen Symptome, an denen Sie leiden. Und wie es aussieht, wächst sie, Mr. McKenzie ... Die Symptome sind heute bereits viel ausgeprägter, als sie sich Dr. Barrington vor kurzer Zeit dargestellt haben.«
    Charlotte nippte resigniert an ihrem Tee. Jack zitterte vor Ungeduld.
    »Und was machen wir nun, Professor? Können Sie ... können Sie das Ding herausschneiden?«
    Professor Friedman spielte mit dem teuren Füllfederhalter, der auf seiner Seite des Schreibtisches lag.
    »Nein«, sagte er leise. »Es liegt zu tief im Schädel. Ich habe ein paar Tumore operiert. Hier in Neuseeland und auch noch in der alten Heimat mit Professor Bergmann. Aber es ist immer riskant. Das Gehirn ist ein sensibles Organ, Mr. McKenzie. Es ist zuständig für all unsere Sinne, unsere Gedanken und Gefühle. Man weiß nie, was man zerstört, wenn man darin herumschneidet. Nun ist es richtig, dass Schädelöffnungen und Manipulationen am Gehirn seit der Antike praktiziert werden. Vereinzelt natürlich, und ich weiß nicht, wie viele Menschen es früher überlebten. Heute, da wir über die Gefahren von Infektionen wissen und sehr sauber arbeiten, können wir manchen am Leben erhalten. Aber mitunter zu einem hohen Preis. Manche Menschen erblinden oder bleiben gelähmt. Oder sie verändern sich ...«
    »Es wäre mir egal, ob Charlotte gelähmt würde. Und ich hätte auch noch zwei Augen, wenn sie blind würde. Ich möchte nur, dass sie bei mir bleibt.« Jack tastete nach Charlottes Hand, doch sie entzog sich ihm.
    »Mir wäre es nicht egal, Liebster«, sagte sie leise. »Ich weiß nicht, ob ich weiterleben möchte, wenn ich mich nicht bewegen kann und nichts mehr sehe ... und womöglich weiter Schmerzen habe. Und noch schlimmer wäre es, wenn ich dich dann nicht mehr liebte ...« Sie schluchzte trocken.
    »Wie sollte das gehen? Wie solltest du aufhören, mich zu lieben, nur weil ...« Jack wandte sich ihr betroffen zu.
    »Es gibt Persönlichkeitsveränderungen«, erklärte Professor Friedman heiser. »Manchmal scheint unser Skalpell alle Gefühle auszulöschen. Man denkt daran, das bei der Behandlung von Geisteskranken zu nutzen. Die Menschen sind anschließend nicht mehr gefährlich, man braucht sie nicht in Anstalten wegzusperren. Aber sie sind auch nicht mehr in dem Sinne Menschen ...«
    »Und wie groß ist die Gefahr, dass so etwas passiert?«, fragte Jack verzweifelt. »Sie müssen doch irgendetwas tun können!«
    Professor Friedman schüttelte den Kopf. »Ich würde die Operation in diesem Fall nicht befürworten. Der Tumor liegt zu tief, selbst wenn ich ihn entfernen könnte, würde ich zu viel Hirnmasse zerstören. Vielleicht würde ich Ihre Frau dabei umbringen. Oder ihren Geist verdunkeln. Wir sollten ihr das nicht antun, Mr. McKenzie ... Jack ... Wir sollten ihr nicht die Zeit rauben, die ihr sonst noch bleibt.«
    Charlotte saß mit gesenktem Kopf da. Der Professor hatte schon vorher allein mit ihr gesprochen.
    »Das heißt, sie ... sie muss nicht unbedingt sterben? Auch wenn Sie nicht operieren?« Jack klammerte sich an jede Hoffnung.
    »Nicht gleich ...«, meinte der Arzt vage.
    »Sie wissen es also nicht?«, fragte Jack. »Sie meinen, sie könnte noch lange leben? Sie könnte ...«
    Professor Friedman warf Charlotte einen verzweifelten Blick zu. Sie

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