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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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Witterung anhaftete.
    »So ein Mist«, murmelte er, als er im Geist hastig einige Möglichkeiten durchging und feststellte, dass sich seine wunderbare Idee als Sackgasse erwies. Erneut überkam ihn Verzweiflung. Es war doch wie verhext, dachte er. Alles schien sich gegen ihn verschworen zu haben.
    Damian steckte sich eine Zigarette an, während Silas Ethan mitfühlend beobachtete. »Nun mach dir nicht so viele Sorgen«, meinte er. »Sie finden sie, glaub mir.«
    »Bloß wann?« Ethan schob die Hände in seine Hosentaschen und starrte zu Boden. Je länger Patricia dort draußen herumirrte, desto geringer wurde die Chance, dass sie es heil überstand, daran ließ sich nichts rütteln. Und wenn es ganz schlimm kam, dann . . . Nein, daran wollte Ethan lieber gar nicht erst denken.
    Er hatte Angst um Patricia.
    Wenn er doch nur etwas tun könnte! Aber was? Sollte er trotzdem losreiten? Einfach ins Blaue hinein? Er seufzte, weil er genau wusste, dass ein Erfolg dann ein ausgesprochener Zufall wäre. Die Highlands waren einfach zu groß und Patricia konnte überall sein.
    Ethan dachte so angestrengt nach, dass ihm erst nach einer ganzen Weile auffiel, wie er dabei in seiner rechten Hosentasche irgendetwas zerknetete. Etwas Weiches.
    Was war denn das? Er zog den Gegenstand heraus und betrachtete ihn stirnrunzelnd.
    Ein zerknülltes, schmutziges Baumwolltaschentuch.
    Pfui Teufel, dachte Ethan angewidert. Das kam davon, dass er immer zu faul war, seine Taschen regelmäßig zu entrümpeln. Er konnte sich zwar nicht erinnern, das Tuch benutzt zu haben, doch frisch war es eindeutig nicht und so wie es aussah, trug er es auch schon eine ganze Weile mit sich herum. Es stank regelrecht, stellte er fest und rümpfte die Nase. Das Tuch gehörte dringend in die Waschmaschine. Oder er warf es am besten gleich hier in den Müll, er konnte diese Dinger sowieso nicht ausstehen. Und dass sein Vater darauf bestand, sollte ja für ihn nun erst recht kein Argument sein, ganz im Gegenteil.
    »Was hast du denn da in deinen Taschen? Eine tote Ratte?« Damian grinste.
    »So was Ähnliches«, murmelte Ethan und blickte sich suchend nach dem nächsten Abfallbehälter um. Da vorne an der Hausecke stand einer. Ethan ging hin und ließ den dreckigen Fetzen mit spitzen Fingern hineinfallen.
    Doch auf einmal stand er still. In seiner Erinnerung klingelte etwas.
    Dieses Taschentuch – hatte damit Patricia nicht neulich Dallis trocken gerieben?
    Das war die Lösung!
    Er bückte sich, holte das Tuch wieder aus dem Müll und klopfte sorgfältig die nun daran haftenden Krümel ab. Als er sich umdrehte, bemerkte er, wie Damian und Silas ihn anstarrten.
    »Was wird das denn jetzt? Ein Fall für den Sondermüll?« Damian betrachtete das Taschentuch mit hochgezogenen Brauen, während er seinen Zigarettenstummel ausdrückte. Silas sagte nichts, sondern begann, seine Pfeife neu zu stopfen.
    »Tja.« Ethan ließ sich durch Damians Spott nicht beeindrucken und hielt das abstoßende Tuch hoch wie einen kostbaren Besitz. »Hier haben wir die Witterung von Dallis!«

29.
    »Kannst du mir bitte mal sagen, was du da machst?«
    Alastair Longmuir stand im Türrahmen und musterte das Arrangement auf Ethans Bett mit Argwohn.
    Ethan schloss die Schranktür und warf den dicken Schafwollpullover auf den Haufen bereits ausgewählter Kleidungsstücke und Lebensmittel.
    »Ich packe ein paar Sachen ein, das siehst du doch«, gab er gelassen zurück, öffnete seinen Rucksack und begann, alles sorgfältig hineinzuschichten.
    »Werd bloß nicht frech!« Die Stimme seines Vaters ließ den unterdrückten Zorn erahnen. »Es sollte ja wohl selbstverständlich sein, dass ich erfahre, was du vorhast. Wie ich sehe, gehst du zelten?« Er ließ seinen Blick über das in einen Nylonbeutel gepackte Zelt, den zusammengerollten Schlafsack und das Kochgeschirr gleiten.
    »Morgen früh«, antwortete Ethan knapp, während er den Inhalt einer Schachtel Esbittabletten durchzählte und sie dann ebenfalls in den Rucksack steckte. »Wie lange ich weg sein werde, weiß ich allerdings noch nicht.«
    »Kommt ein wenig plötzlich, diese Idee, findest du nicht?«
    Ethan sah seinen Vater ruhig an, ohne sich bei seiner Tätigkeit stören zu lassen. »Möglich, aber es hat sich so ergeben. Ich dachte, du wärst so für spontane Entscheidungen?« Er trat an seinen Schreibtisch, holte eine große Stablampe heraus und prüfte die Batterien. Noch ausreichend, stellte er fest. Trotzdem sollte er einen Satz

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