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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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holte sich zumindest eine schwere Erkältung. Der Gefahren gab es viele, die einem frei laufenden Pferd zustoßen konnten, zumal einem so jungen und wahrscheinlich noch recht unerfahrenen.
    Sie durfte das Pony nicht einfach sich selbst überlassen – wenn ihm etwas passierte, würde Patricia sich das nie verzeihen.
    Andererseits wollte sie nicht zu diesem Hof. Sie wollte mit Pferden nichts mehr zu tun haben und dort gab es jede Menge davon.
    Patricia blickte den kleinen Hengst stirnrunzelnd an.
    »Du machst mir ganz schön Probleme«, sagte sie vorwurfsvoll.
    Das Pony schnaubte, schüttelte sich und riss wieder an einem Zweig. Probleme kannte es keine. Es hatte einen Ort gefunden, wo leckeres Grünzeug wuchs, und nun hatte es auch noch nette Gesellschaft – was wollte es mehr!
    Patricia seufzte.
    »Na, dann komm«, meinte sie, sammelte ihr Buch ein und fasste dann dem Pferd in seine dicke Mähne. »Wir sehen mal nach, ob wir nicht herausfinden, wo du herkommst.«
    Patricia dachte anfangs, dass es schwierig werden könnte, das Pony ohne Halfter oder Strick zum Mitkommen zu bewegen, aber merkwürdigerweise klappte es problemlos. Der kleine Hengst ließ sich bereitwillig aus dem Gebüsch auf den Weg hinausziehen und trottete dann munter neben dem Mädchen her. Offenbar reichte ihm sein Ausflug bereits und er hatte nichts dagegen, den Heimweg anzutreten. Als Patricia ihn nach einigen Hundert Metern probehalber losließ, blieb er artig an ihrer Seite.
    »Da hat dir wohl einer beigebracht, bei Fuß zu gehen«, sagte sie lachend.
    Sie wusste allerdings, dass der Herdentrieb bei Pferden sehr stark ausgeprägt war, und mangels Artgenossen schloss sich das Pony dann eben an den Menschen an, der die Richtung vorgab. Patricia gestand sich ein, dass sie es irgendwie genoss.
    Sie hatte zwar keine Ahnung, ob sie den Hof auf Anhieb finden würde, doch dank Mrs Dench wusste sie ungefähr, in welcher Richtung sie suchen musste. Außerdem verließ sie sich darauf, dass das Pony, merkte es einmal, dass es nach Hause ging, sie hinführen würde.
    Als die ersten Koppelzäune auftauchten, atmete sie auf. Hier war sie richtig.
    Die erste Weide, an der sie vorbeikamen, war allerdings leer. Doch das abgefressene Gras, die Hufspuren im Lehm hinter dem Zaun und herumliegende Pferdeäpfel bewiesen, dass sie vor Kurzem noch besetzt gewesen war.
    Der kleine Hengst marschierte willig neben Patricia her. Mit lebhaften Augen und gespitzten Ohren beobachtete er dabei seine Umgebung, als ob er schon auf sein Begrüßungskomitee wartete. Patricia hatte ihr Vergnügen daran und vergaß dabei ganz ihr Magengrummeln, je näher sie dem Gestüt kamen.
    Dort lagen die Gebäude – ein ganz normaler Bauernhof mit Stallungen, Scheune und Wohnhaus, aus grauem Stein gebaut und um einen gepflasterten Innenhof gruppiert. Einige Koppeln verschiedener Größe breiteten sich davor aus. Und hier sah Patricia auch die ersten Pferde. Ponys, genau genommen. Vielleicht fünfzehn oder zwanzig Tiere, in allen Farben – braun in verschiedenen Schattierungen vom hellsten Fahlbraun bis ebenholzfarbig, weiß, grau, gescheckt und schwarz. Es waren wirklich hübsche Pferdchen mit intelligenten Gesichtern und buschigem Behang, nicht allzu groß, doch sah man ihnen an, dass sie sicher gut arbeiten konnten. In kleinen Gruppen standen oder lagen sie beieinander, grasten, knabberten sich gegenseitig an der Mähne oder tollten munter umher.
    Menschen waren keine zu sehen. Gott sei Dank, dachte Patricia bei sich.
    Als der kleine hellbraune Hengst seine Kameraden auf der Weide sah, stieß er ein helles Wiehern aus, als wenn er ihnen mitteilen wollte: »Hallo, ich bin wieder da!«
    Die anderen schauten herüber, einige antworteten und zwei oder drei trabten an den Zaun, um nachzuprüfen, ob dort auf dem Weg möglicherweise etwas Spannendes passierte.
    Patricia blieb stehen und sah zu, wie sich die Ponys begrüßten.
    Dabei überlegte sie, wie sie nun am besten vorging. Sollte sie das Pony einfach auf eine der Koppeln lassen? Sie wusste allerdings nicht, auf welche es ursprünglich gehörte, und das stellte ein Problem dar. Nicht jedes Pferd kam schließlich mit jedem anderen aus und es herrschte eine klare Rangfolge unter ihnen. Die jeweilige Gruppenzusammensetzung auf solchen begrenzten Koppelflächen, wo ja keine Ausweichmöglichkeit für rangniedere Tiere bestand, war in aller Regel das Ergebnis längerer Beobachtung ihres Verhaltens untereinander. Schloss Patricia nun den

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