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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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waren Ponys sicherlich unter seiner Würde, der zeigte sich in der Öffentlichkeit nur mit Jagdpferd und Windhund!
    Na, mal sehen, vielleicht guckte sie ja in den nächsten Tagen bei den Ponys vorbei. Mal Hallo sagen war ja nicht reiten.
    Die Entscheidung, was Patricia am nächsten Tag unternahm, wurde ihr allerdings mehr oder weniger aus der Hand genommen.
    Nach der anstrengenden Besichtigungstour am Vortag beabsichtigte Mr Mackintosh, nicht schon wieder in der Gegend herumzufahren, und beschloss deshalb, sich beim Angeln am See zu entspannen. Ivan hatte hingegen auf der Fahrt in einem der Orte ein Schwimmbad entdeckt und quengelte so lange, bis sich seine Mutter geschlagen gab – in der Hoffnung, dass er dort im Becken und auf dem Spielplatz beschäftigt sein würde und ihr auf der Liegewiese ein paar Stunden Ruhe gönnte.
    Patricia verspürte keine Lust auf Schwimmbad. Sie ging zwar gelegentlich mit ihren Freundinnen schwimmen, aber sie tat es nur Katie und Jennifer zuliebe. Eigentlich hasste sie Schwimmbäder. Sie waren meist überfüllt, die zahllosen plantschenden und kreischenden Kinder gingen ihr auf die Nerven und manche Leute brachten sogar Radios mit und belästigten alle mit ihrem schlechten Musikgeschmack. Auf der Liegewiese dann herrschte drangvolle Enge, ständig stieg irgendjemand über einen hinweg und hinterließ einen kalten Tropfenschauer oder stolperte gleich auf einen drauf. Und manche waren sowieso nur zum Gaffen da.
    Nein, danke, dachte sich Patricia. Geht mal ruhig allein, da kann ich drauf verzichten.
    Ihren Vater begleiten wollte sie allerdings auch nicht. Das notwendige Schweigen beim Angeln störte sie zwar nicht im Geringsten, ganz im Gegenteil. Doch pflegte Mr Mackintosh umso lauter aufzuschreien, wenn tatsächlich einmal ein Fisch anbiss. Die darauf folgende Prozedur des Einholens und Tötens der Beute artete dann in der Regel zu einer Lehrstunde über die hohe Kunst des Fischens aus. Patricia kannte das bereits aus früheren Jahren und konnte die Erklärungen ihres Vaters auswendig abspulen. Überdies betrachtete sie es als ziemlich nebensächlich, ob der Fisch, der das Unglück hatte, an die Angel zu geraten, nun ein Lachs, eine Forelle oder ein Hecht war – bluten und sich in Todeszuckungen winden taten alle Arten gleichermaßen und auf diesen Anblick verzichtete Patricia liebend gern.
    Der See fiel also für sie aus.
    Ebenso der Garten.
    Dort residierte Mrs Dench. Schon am Vorabend beim Dinner erfuhr die Familie Mackintosh, welche Arbeiten an den Blumen-und Gemüsebeeten und im Hühnerstall die Wirtin in Angriff zu nehmen gedachte. Die nötigen Geräte hatte sie auch bereits aus dem Schuppen geholt. Da sie allerdings Patricia beim gemütlichen Lesen nicht stören wollte, wie sie versicherte, riet sie dem Mädchen wortreich zum Besuch der Jugendvolkstanzgruppe im Dorf, die netterweise gerade an diesem Tag Interessierte zum Mittanzen einlud.
    Patricia schüttelte es innerlich. Herumgehopse zum Klang von Dudelsackmusik vermutlich . . .
    Ihre Mutter warf ihr einen warnenden Blick zu, den Patricia richtig interpretierte. Sie verkniff sich also einen Kommentar und bedankte sich überschwänglich bei Mrs Dench für ihren guten Tipp.
    Dass sie garantiert nicht dorthin gehen würde, verstand sich von selbst.
    Das bedeutete, sie musste heute schnell verschwinden, bevor Mrs Dench in der Küche fertig war und wieder loslegen konnte. Patricia hörte, wie sie mit dem Geschirr klapperte, und wusste, sie hatte nur noch wenige Momente, sich zu entscheiden.
    Also, nichts wie weg!
    Patricia schnappte ihren Rucksack und verließ das Haus.
    Patricia hatte bereits einen halben Kilometer zurückgelegt, als ihr auffiel, dass sie sich auf dem Weg zum McNair-Gestüt befand. Sie blieb stehen.
    Wollte sie wirklich dahin?
    Nein.
    Aber wo sollte sie sich sonst die Zeit vertreiben? Den ganzen Tag mucksmäuschenstill in ihrem Zimmer zu sitzen, damit Mrs Dench nicht merkte, dass sie zu Hause war, darauf hatte sie wirklich keine Lust. Immerhin waren Ferien und schönes Wetter.
    Na ja, dann machte sie eben einen Spaziergang.
    Der Weg führte durch weitläufiges Wiesenland und schlängelte sich zwischen den Berghängen hindurch. Das trockene Wetter der letzten Tage brachte mit sich, dass die Oberfläche des unbefestigten Pfades aus hartbackenem Boden bestand, was man ausnutzen musste – der unvermeidliche nächste Regen würde ihn in weichen Schlamm verwandeln.
    Patricia begann wieder zu gehen. Es war auch egal,

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