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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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zuckte mit dem Schweif.
    »Du warst noch nicht bei Silas zum Reiten, oder?« Damian blickte Patricia forschend an.
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir sind erst seit ein paar Tagen hier.« Sie wusste selbst nicht, warum sie sich auf einmal scheute, ihm die Wahrheit zu sagen. Dass sie nicht reiten wollte. Jemand wie Damian ging sicherlich davon aus, dass jedes Mädchen zwischen acht und achtzehn ihren rechten Arm fürs Reiten und die Pferde geben würde. Er hielt sie womöglich für albern und überspannt, wenn er erfuhr, dass sie sich hingegen geschworen hatte, niemals mehr auf ein Pferd zu steigen.
    Oder war der Grund für ihr Schweigen doch ein anderer?
    Damian ergriff seinen Zügel fester. »Na, dann sehen wir uns bestimmt bald wieder. Du weißt ja nun, wo wir sind.« Er lächelte freundlich.
    Patricia lächelte unwillkürlich zurück. Er war nett, dieser Damian. Gar nicht so der typische Reitlehrer. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er jemals inmitten eines Hufschlags stand und Reitanfänger anbrüllte.
    »Mal sehen«, erwiderte sie zurückhaltend und trat einen Schritt zurück, als Damian verabschiedend die Hand hob und anritt. Die anderen hatten mehr oder weniger geduldig gewartet und trieben nun ihre Pferde ebenfalls wieder an.
    »Komm, Monty, Abendessen!«, rief Damian dem Pony zu, das sich tatsächlich umdrehte und seinen Kameraden hinterhertrottete.
    Patricia sah der Schar nach, die in einer Reihe nun langsam den Weg zum Hof hinaufritt, gefolgt von Monty, der ab und zu stehen blieb und nach einem Halm haschte. Diesmal befanden sich, wie Patricia bemerkte, keine völligen Anfänger unter ihnen, sie saßen alle einigermaßen sicher im Sattel. Besonders das letzte Mädchen der Gruppe – sie mochte in Patricias Alter sein – bemühte sich offenbar sehr, auf ihrem Pony eine gute Figur abzugeben. Zumindest hielt sie sich betont gerade und trug auch als einzige komplette Reitkleidung, einschließlich Jacke und trotz der Wärme Handschuhe. Patricia runzelte allerdings die Stirn, als sie beobachtete, wie das Mädchen die Gerte gebrauchte, um ihr Pferd anzutreiben, und ihm grob die Hacken ihrer sichtlich teuren, blank geputzten Reitstiefel in die Flanken rammte. Dabei schien es völlig unnötig, ihr Schimmelpony ging brav am Zügel und versuchte keinerlei Schabernack.
    Aber offenbar gab es immer wieder Leute, die ihre Machtposition gerne betonten, dachte Patricia.
    Mit zusammengezogenen Brauen machte sie sich auf den Heimweg.

9.
    Als am Abend ihre Eltern aus Culloden zurückkamen, waren sie viel zu erfüllt von ihren eigenen Erlebnissen, um groß nachzufragen, womit Patricia sich den Tag über beschäftigt hatte. Patricia war froh darüber, denn sie wusste selbst nicht, was sie von dem heutigen Ereignis und ihren Gefühlen dabei halten sollte. Als sie sich abends umzog, entdeckte sie auf ihrem T-Shirt ein grauschwarzes, langes, drahtiges Haar – aus Montys Mähne, eindeutig. Zum Glück war es offenbar sonst niemandem aufgefallen, sie wollte keine Erklärungen abliefern.
    Obwohl Patricia sehr wohl ahnte, dass sich ihre Eltern freuen würden, wenn sie wieder reiten ginge. Auch wenn sie früher oft gemotzt hatten, weil sie dauernd im Stall herumhing, machten sie sich jetzt große Sorgen, weil sie damit nun überhaupt nichts mehr zu tun haben wollte.
    Nein, sie beabsichtigte, nie mehr zu reiten.
    Andererseits – sie musste ja auch nicht reiten.
    Es sprach allerdings nichts dagegen, vielleicht irgendwann mal drüben bei den Koppeln vorbeizuschauen, ohne dass sie auch den Hof betrat. Reiten würde sie auf keinen Fall, das war sonnenklar. Dazu konnte sie keiner zwingen.
    Sie würde – vielleicht irgendwann einmal! – nur die Ponys besuchen. Im Grunde waren Ponys gar keine richtigen Pferde. Monty zum Beispiel benahm sich überhaupt nicht wie die Pferde, die Patricia kannte. Ihn würde sie wirklich gern wieder sehen.
    Außerdem fand sie diesen Damian irgendwie cool. Und gut sah er aus. Vielleicht nicht ganz so gut wie Brad Pitt, für den Patricia schwärmte, aber sie stellte sich vor, dass auch ihm sicherlich die Mädchen nachliefen.
    Nicht dass sie das vorhatte, bewahre!
    Woher Damian wohl stammte? Dem Dialekt nach nicht aus dieser Gegend, Patricia tippte eher auf eine Großstadt. Glasgow vielleicht oder sogar wie sie aus Edinburgh. Das wäre toll!
    Jedenfalls schien er nicht eingebildet zu sein – kein Vergleich mit diesem Großkotz, der Patricia auf dem Sgurr na Lapaich begegnet war! Für den

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