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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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Ponys.
    »Und was, wenn er plötzlich losrennt?«
    »Das tut er nicht. Und außerdem halte ich ihn ja auch noch fest.«
    Patricia bemühte sich um Geduld. Seit drei Tagen arbeitete sie nun mit Michelle, besondere Fortschritte waren leider bisher nicht zu verzeichnen. Immer wieder fragte sich Patricia, warum um Himmels willen das Mädchen unbedingt reiten wollte. Das war doch die reine Tortur – für alle Beteiligten.
    Ihre Schwester war auch nicht gerade eine Hilfe. Patricia lernte sie kennen, als sie das erste Mal mit Michelle übte. Nadine kam heran, lehnte sich demonstrativ über einen Sattelbock und schaute zu, ein spöttisches Lächeln auf den Lippen. Michelle bemühte sich, nicht zu ihr hinzusehen, aber Patricia merkte, dass sie noch mehr verkrampfte.
    »Sei so gut und lass uns bitte allein«, wandte sie sich an Nadine, deren boshaftes Funkeln in den Augen Patricia nicht entgangen war.
    »Warum, ich mach doch gar nichts?« Nadine rührte sich nicht.
    Patricia atmete tief durch.
    »Du störst aber«, erwiderte sie kurz angebunden.
    Nadine verschränkte die Arme. »Ich darf hier genauso sein wie ihr.«
    »Darfst du nicht«, sagte Patricia. »Wir haben die Erlaubnis, hier allein zu trainieren, also zisch ab!« Sie hatte Damian gefragt und er war einverstanden gewesen. Allerdings konnte Patricia seiner zweifelnden Miene ansehen, was er von der Idee hielt.
    Nadine stieß verächtlich die Luft durch die Nase. »Ist eh langweilig, euch zuzusehen. Die lernt das nie!« Sie wandte sich ab.
    »Jetzt wird sie noch ekliger zu mir sein«, sagte Michelle unglücklich, als Nadine beleidigt abgezogen war.
    »Ignorier sie einfach.« Patricia lächelte ihr aufmunternd zu. »Und sag ihr, sie soll sich um ihre eigenen Sachen kümmern.«
    »Sie hat aber recht.« Michelle blickte kläglich auf Linus’ Hals hinunter. »Ich lern das nie.«
    »Quatsch«, widersprach Patricia energisch, auch um es sich selbst einzureden.
    Aber insgeheim musste sie Nadine zustimmen.
    Michelle kapierte es einfach nicht. Beziehungsweise sie hatte viel zu viel Angst, um Patricias Anweisungen auch nur richtig zuzuhören, geschweige denn sie zu befolgen.
    Etliche Male war Patricia nahe dran, aufzugeben und Michelle eine weniger gefährliche Sportart zu empfehlen.
    Doch dann sah sie Michelles Augen, in denen hinter der Furcht deutliche Entschlossenheit zu erkennen war. Sie wollte die Angst überwinden, koste es, was es wolle. Und Patricia kam nicht umhin, das Mädchen irgendwie zu bewundern.
    Also machte sie weiter.
    Vom Tor her ertönte Hufgetrappel und Patricia drehte sich um.
    Es war Damian mit einigen Kindern, sie führten ungesattelte Ponys neben sich her.
    Anscheinend stand ein neuer Ausritt an, für den sie die Ponys von der Koppel holten.
    Patricia hatte das in den letzten drei Tagen schon mehrfach miterlebt. Die meisten der jungen Reiter liebten es, selbst auf die Weide zu gehen und sich ein Pferd auszusuchen. Das bedeutete zwar, dass sie die Hufe auskratzen und nicht selten das Tier auch erst abtrocknen mussten, bevor sie aufsatteln konnten, aber die Kinder nahmen das gern in Kauf, wenn sie dafür »ihr« Pony reiten durften.
    Patricia vermochte das nachzufühlen. Wie stolz war sie selbst damals gewesen, als Helen ihr die alleinige Verantwortung für Goldie übertrug! Und Gavin erst! Die Tatsache, dass es sich bei Seaspray sogar um ein Privatpferd und nicht bloß um eines der Schulpferde des Reitvereins handelte, ließ ihn eine Zeit lang herumstolzieren wie einen Gockel. Es hatte einiger Mühe – und von Helen zum Glück unbemerkt gebliebener Abreibungen mit Pferdemist – bedurft, ihn wieder auf den Boden der Realität herunterzuholen.
    Patricia lächelte unwillkürlich bei der Erinnerung. Dann musste sie schlucken.
    Es tat immer noch weh, daran zu denken. Besser, sie kümmerte sich um Michelle, das verschaffte ihr wenigstens Ablenkung.
    »Na, ihr zwei, seid ihr wieder fleißig?« Damian schlenderte heran und schaute einige Momente lang zu, bevor er sich wieder seinen eigenen Schützlingen zuwandte.
    Obwohl Patricia genau merkte, dass er ihrem Nachhilfeunterricht wenig bis gar keine Chancen auf Erfolg einräumte, rechnete sie ihm hoch an, dass er es sich Michelle gegenüber niemals anmerken ließ. Überhaupt fand sie ihn immer sympathischer, je öfter sie ihn sah. Und er schien sie auch zu mögen. Als sie ihn anfangs wegen Michelles Unterricht gefragt hatte, hatte er sich nach ihrem Namen erkundigt und wissen wollen, woher sie kam. Und nun

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