Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
Vom Netzwerk:
sich gefreut hatte.
    Und das machte sie wütender als alles andere.
    Patricia hielt es genau einen Tag durch.
    Einen ganzen Tag, währenddessen ihre Gedanken immer wieder zu dem kleinen grauen Pferd wanderten. Während dem ihr immer wieder ein Paar kluge dunkle Augen unter einem buschigen grauschwarzen Haarschopf, welcher den Stern auf der Stirn meist verbarg, in den Sinn kamen.
    Dallis.
    Ob die Stute sie vermisste?
    Unsinn, sagte sich Patricia. Diese Ponys – wie hatte der alte Si-las sie genannt? Garrons – waren Mietpferde, die im Laufe ihres Lebens unzählige Menschen kommen und gehen sahen. Nette und weniger nette Menschen. Warum sollte sich Dallis daher an ein Mädchen erinnern, dem sie vielleicht ein halbes Dutzend Mal begegnet war – selbst wenn es ihr noch so viel Aufmerksamkeit entgegenbrachte? Sicher war Patricia nicht die Erste, die sich liebevoll um sie kümmerte, die mit ihr sprach und ihr Zuneigung entgegegenbrachte. Und sie würde auch nicht die Letzte sein, das durfte sie sich nicht einbilden.
    Trotzdem.
    Irgendwie schien Patricia etwas mit diesem Pony zu verbinden, das empfand sie ganz stark. Etwas wie Seelenverwandtschaft, eine Anziehungskraft, die zwischen ihnen zu liegen schien und von Mal zu Mal deutlicher wurde. Dallis spürte das, da war sie sicher. Pferde verfügten über eine außergewöhnliche Feinfühligkeit für Stimmungen und Patricia war davon überzeugt, dass Dallis die Signale der Sympathie empfangen und verstanden hatte. Und Patricia wünschte sich mehr als alles andere, dass Dallis diese Sympathie erwiderte.
    Als Patricia am nächsten Morgen an der Koppel eintraf, auf der Dallis gewöhnlich graste, war diese leer. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass sich die Ponys vermutlich auf ihrem ersten Ausritt befanden. Nichts Außergewöhnliches daher, sie nicht vorzufinden, doch Patricia verspürte Enttäuschung.
    Lustlos schlenderte sie am Zaun entlang, die Hände in den Hosentaschen. Selbst das Wetter schien sich gegen Patricia verschworen zu haben, schon seit dem frühen Morgen hing wieder einmal dichter Nebel bis tief ins Tal hinunter. Die feuchtkühle Luft und das trübe Grau steigerten Patricias schlechte Laune noch. Mit einem Mal verstand sie gar nicht mehr, was sie hier eigentlich suchte. Am liebsten, dachte sie, würde sie schon morgen nach Edinburgh zurückfahren, die Ferien wurden langsam langweilig. Zu Hause konnte sie wenigstens etwas unternehmen – Jennifer und Katie hatten beide sofort auf ihre SMS geantwortet, offenbar waren sie ihr wirklich nicht böse und freuten sich schon auf ihre Rückkehr. Patricia fühlte sich unendlich erleichtert. Sie war sich dessen bewusst, was für ein Glück sie mit solchen Freundinnen hatte.
    Aber sie musste noch über eine Woche hier aushalten, bis sie sie wiedersehen würde. Fast zwei Wochen sogar. Was für ein Mist! Wer hatte ihrem Vater bloß so lange Urlaub gegeben? Er jammerte doch sonst immer, dass er bei der Arbeit so viel zu tun habe! Zwei Wochen insgesamt hätten dicke gereicht. Besonders für einen Urlaubsort wie diesen, wo nichts und noch mal nichts los war.
    Patricia war so in ihren düsteren Gedanken versunken, dass sie kaum merkte, wie sie automatisch den gewohnten Weg zum Hof hinauftrottete. Erst als sie die steinernen Pfosten des Hoftores vor sich sah, schreckte sie hoch. Oh nein, hier hatte sie doch gar nicht hingewollt!
    Ein vorsichtiger Blick in die Runde zeigte, dass Damian wirklich mit einer Gruppe unterwegs sein musste. Einige Kinder, die offenbar die darauf folgende Stunde gebucht hatten und warteten, dass sie an die Reihe kamen, lungerten herum, aber sonst schien keiner da zu sein. Nicht einmal Michelle, wie Patricia zu ihrer Erleichterung feststellte. Sie hatte ein ziemlich schlechtes Gewissen, weil sie das Mädchen gestern versetzt hatte, ohne sie zu benachrichtigen.
    Patricia warf einen erneuten Blick auf ihre Uhr. Sie kannte inzwischen die Zeiten der jeweiligen Ausritte und stellte fest, dass die Reiter gleich wieder eintreffen mussten.
    Schon drang Hufgeklapper an ihr Ohr, das allmählich lauter wurde – sie kamen.
    Patricia lehnte sich an den Torpfosten. Sie würde nur warten, bis Dallis wieder da war, vielleicht hatte Damian sie ja für die nächste Runde nicht gleich wieder eingeteilt, sodass sie die Stute putzen und sich ein wenig um sie kümmern konnte. Auf der Koppel ließ sie ja niemanden an sich heran, da wäre die Gelegenheit hier günstig.
    Tommy war der Erste, der mit glänzenden Augen und hochroten

Weitere Kostenlose Bücher