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Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
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ich höre, haben Sie eine Leiche gefunden.«
    »Keine Leiche – nur ein paar Knochen.«
    »War das einmal ein Friedhof oder so was?«
    »Möglich wäre es.« Peter sah auf die Uhr. Falls der Kran bis um zehn Uhr kam und ein Mann den Bagger bediente, dürften die Steine am Nachmittag stehen. Wahrscheinlich hielt das Wetter so lange, obwohl der Himmel düster aussah. Peter hatte ein etwas mulmiges Gefühl, weil alles so glatt lief.
    »Vielleicht war mir deshalb hier oben immer so komisch.«
    Peter nickte. Dieser Jimmy ging ihm mit seinem Geschwätz allmählich auf die Nerven. Er hatte nun wirklich keine Ahnung, was sich hier oben tatsächlich abspielte.
    »Wegen der Knochen werden einige Leute an die Decke springen.«
    »Vielleicht liegen sie ja noch nicht lange hier.«
    »Ich finde, sie sehen alt aus.«
    Jimmy sah zu Andy hinüber, der stumm auf das Wasser hinausstarrte. »Wie geht es unserem kleinen Freund heute?«
    »Ich denke, gut. Vielen Dank. Aber ich will Sie nicht aufhalten, Jimmy.«
    Jimmy P. nickte und machte sich auf den Weg. Kurz nach zehn erschienen auf der Klippe drei Männer mit einem Kran.
    Andy saß auf einem Klappstuhl und malte, während Peter den Arbeitern Anweisungen gab, wie vorgegangen werden sollte. Schließlich hatten sie sieben Löcher gegraben, neben denen jeweils ein kleiner Erdhügel und die Feldsteine lagen. Anschließend installierten die Männer eine stählerne Rammspitze, mit der normalerweise Beton zertrümmert wurde. Damit war das Auskleiden der Höhlungen mit den Feldsteinen relativ einfach zu bewerkstelligen. Natürlich dachte Peter daran, wie viele Funde durch die Arbeit zerstört wurden, aber im Moment war das zweitrangig. Im Augenblick waren die Daten nicht mehr so entscheidend, denn die Sache war über die Archäologie hinausgewachsen.
    Sie arbeiteten ohne Pause und richteten einen Stein nach dem anderen auf. Während die Klippe unter dem Dröhnen der Maschinen erbebte, saß Andy auf seinem Stuhl und malte und malte. Als er das Buch beendet hatte, ging er zum Strand hinunter und ließ eine Weile seinen Drachen steigen. Dann kehrte er auf seinen Platz zurück und sah einfach nur zu, wie die Steine aufgerichtet wurden und wie sein Vater die Knochen mit seinem Messer und einem Pinsel bearbeitete.
    Als die Männer und der Kran wieder abgezogen waren, krönten dreizehn Megalithe aus Granit die Klippe von Pulpit’s Point.
    Immer wieder ging Peter um den Kreis herum. Dreizehn Steine und dreizehn Zwischenräume. Ein endloser Kreis gewaltiger Portale, die ihn ins Innere zogen. Im Vergleich zu anderen Monumenten war diese Anlage bescheiden, aber die Lage war grandios. Zum ersten Mal seit dreihundert Jahren standen diese Riesen wieder unter dem Himmel. Wie lange sie wohl gestanden hatten, nachdem ein Klan unbekannter Reisender sie einst gegen unkontrollierbare und unbeherrschbare Mächte errichtet hatte?
    Er durchquerte den Kreis und trat neben den Kalkstein, der wie ein Knochen aus dem Erdreich herausragte. Er dachte an die Darstellung der Druidenpriesterin und des geopferten Kindes. Durch eines der Portale blickend, bemerkte er, dass Andy ihn beobachtete.
    Der Himmel über Boston war genauso grau wie die Steine. Der Regen war ausgeblieben, nur weit entferntes Donnergrollen war zu hören. Die nächtliche Arbeit würde er bei Regen durchführen müssen, aber das war gut so, denn Regen reinigte alles.
    Andy und er winkten Jimmy und den Arbeitern nach, als ihr Boot Richtung Boston ablegte. Dann wanderten sie Hand in Hand ins Haus zurück. Heute Abend gab es Andys Lieblingsgericht: Spaghetti und Lammkoteletts und dazu das letzte Brot aus dem Tiefkühlfach. Peter stellte Kerzen auf den Tisch und trank ein Glas Wein. Andy durfte probieren, doch er fand den Wein bitter. Das war in Ordnung. Sie schwiegen die meiste Zeit, außerdem war Andy nicht besonders hungrig und stocherte nur in seinem Essen herum. Aber das war ebenfalls in Ordnung.
    Nach dem Essen ging er in sein Zimmer, während Peter das Geschirr spülte, den Chicago-Song vor sich hinsummte und an das dachte, was er noch tun musste. Alles lief genau nach Plan.
    Ungefähr gegen halb neun hörte er Maschinenlärm. Im ersten Moment dachte er, dass sein Kopf so stark dröhnte, was in letzter Zeit ja schon häufiger passiert war.
    Aber dieser Lärm war anders. Er rannte nach draußen. Leichter Regen hatte eingesetzt. Mit klopfendem Herzen lief er über die Wiese zur Felskante, voller Angst, jeden Moment ein Boot zu erblicken. Aber da war

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