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Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
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Wahl.«
    »Mir gefällt es aber nicht. Es ist unheimlich.«
    Seufzend stellte Peter den letzten der Kartons ab, die er vom Anleger heraufgetragen hatte. Nach vier Gängen war Andy verständlicherweise ziemlich missmutig. »Das gibt sich, sobald wir die Fenster aufgemacht haben.«
    »Aber ich will hier nicht bleiben, Dad.«
    Das hatte Peter gerade noch gefehlt. Die Sonne stach, und sein Kopf schmerzte. »Wir werden uns damit zufrieden geben müssen, kleiner Mann. Das Hilton ist im Moment noch eine Baugrube.« Er folgte dem Jungen ins Haus.
    Hatcher hat das Verwalterhaus zutreffend beschrieben, dachte Peter, der sich in einem Anfall von Romantik ein Lebkuchenhäuschen mit Blumenkästen vor den Fenstern ausgemalt hatte. Düstere Eichen erhoben sich hinter einem ebenso düsteren Schindelhaus mit gesprungenen Fensterscheiben und einer Fliegengittertür, die im Wind auf und zu schlug. Der durchdringende Schimmelgeruch ließ darauf schließen, dass das Haus länger nicht mehr benutzt worden war. Im Garten wucherten Unkraut und Büsche, aber die Wiese vor dem Haus war frisch geschnitten. Und der Ausblick entschädigte für alles. Das Haus thronte auf der dem Hafen zugewandten Seite der Insel einsam auf einem Felsvorsprung, und genau gegenüber erhob sich die schimmernde Silhouette von Boston aus dem blauen Dunst.
    Nach Peters Einschätzung war das Haus alt – vielleicht zweihundertfünfzig Jahre. Die Täfelung im Vorraum stammte zweifellos aus dem achtzehnten Jahrhundert, ebenso der Dielenboden aus breiten Fichtenholzbrettern. Nur die Tür im Hintergrund, die vermutlich in die Küche führte, war neu. Dagegen stammte die Eingangstür aus der Entstehungszeit des Hauses, denn die kleinen Fensterchen zu beiden Seiten waren mit unebenen Scheiben voll winziger Bläschen verglast. Ein großer Kamin beanspruchte fast die ganze rechte Wand, und seine Einfassung war aus denselben mächtigen Holzbalken gezimmert, die auch die Decke trugen. Das Holz fühlte sich feucht an. Die schmiedeeisernen Mauerhaken in den Feldsteinwänden, die mit Sicherheit aus Revolutionstagen stammten, waren ein weiterer Hinweis auf die Entstehungszeit des Hauses. Ohne Zweifel zählte es zu den ältesten der Inseln.
    Als vorübergehende Unterkunft war nichts gegen das Haus einzuwenden, aber der Reparaturbedarf war nicht zu übersehen. Vor allem musste der Dielenboden angehoben werden, der sich auf der Ostseite gefährlich weit abgesenkt hatte. Während Peter sich umsah, träumte er davon, dass das Haus ihm gehörte und er an wunderschönen Sommertagen den kolonialen Charme wieder belebte. Andy würde am Meer, fern der Massengesellschaft, aufwachsen. Zugegeben, ein hübscher Gedanke, aber das Haus gehörte Hatcher und würde sich spätestens in einem Jahr in einen Laden für Golfbedarf verwandelt haben. Hinter den Bäumen wurde bereits die Neun-Loch-Anlage in die Landschaft gefräst.
    Vier Wochen waren seit seinem letzten Besuch auf Kingdom Head vergangen. Vier Wochen voller Planungen und Besprechungen mit Dan Merritt und mit einem Verein namens Earthwatch, der freiwillige Arbeitskräfte an ausgewählte Projekte vermittelte. Der Zufall wollte es, dass ein Mitglied des vorgesehenen Teams, ein gewisser Jackie Kelleher, genau den erforderlichen Führerschein für Baumaschinen besaß. Außerdem hatte Peter unterschrieben, dass alle Fundstücke oder Wertgegenstände, die bei der Grabung zutage gefördert wurden, in den Besitz von Kingdom Associates übergingen.
    Unmittelbar nach Verlassen der Insel waren die Bedenken gegen die Grabung rasch in sich zusammengestürzt, und die intensiven Vorbereitungen hatten seine Fantasie sogar noch beflügelt. Im Moment empfand er regelrecht Lampenfieber, wie ein Schauspieler, der sich lange auf eine Rolle vorbereitet hat. Das Vorhaben erschien ihm viel versprechender denn je.
    Mit einem gemieteten Außenborder hatten Andy und er an diesem Morgen Werkzeuge, Ausrüstungsgegenstände und Vorräte für fünf Personen und eine Woche auf die Insel transportiert. Das Wassertaxi mit den drei Freiwilligen von Earthwatch erwarteten sie für den Nachmittag. In der Zwischenzeit wollte Andy unbedingt seinen Phoenix-Drachen steigen lassen. Der stetige Wind war ideal, aber direkt vor der Wiese fiel der Fels ohne jede Begrenzung ungefähr acht Meter tief zum Strand hinunter ab. Peter baute den Drachen zusammen, und sofort stieg er empor. Quietschend vor Freude rannte Andy auf die Wiese hinaus.
    »Nicht zu nah an die Kante«, rief Peter ihm

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