Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
verflucht. Ich kenne ihn schon, seit wir alle noch Jungen waren (manchmal scheint mir das gerade gestern gewesen zu sein, dann wieder scheint ein Abgrund von Jahren dazwischenzuliegen), und es ist jetzt eine Härte in ihm, ein Hauch von Stahl in seinem Blick, der vor Culloden nicht da war.
    Was mir Sorgen macht - und ich wage das nur zu sagen, weil ich weiß, daß Du Dir meiner Liebe sicher bist - ist, daß ich diesen Stahl auch in Deinen Augen gesehen habe, Bruder.
    Ich kenne die Bilder nur zu gut, die das Herz eines Mannes gefrieren lassen und seine Augen auf diese Weise verhärten. Ich vertraue darauf, daß Du mir meine Offenheit vergeben wirst, doch seit Culloden habe ich oftmals um Deine Seele gebangt.
    Ich habe Jenny nichts davon gesagt, aber sie hat es auch gesehen. Sie ist schließlich eine Frau und kennt Dich viel besser. Ich glaube, daß es diese Angst um Dich war, die sie dazu bewogen hat, Dir Laoghaire aufzudrängen. Ich finde, ihr wart kein gutes Paar, aber (hier verdeckte ein großer, absichtlich erzeugter Tintenfleck mehrere Zeilen). Claire ist ein Segen für Dich.
     
    »Mmpf«, sagte Jamie und warf mir einen Blick zu. Ich drückte seine Schulter und beugte mich vor, um den Rest zu lesen.
     
    Es ist spät, und ich verliere den Faden. Ich habe von Simon gesprochen - die Verantwortung für seine Männer ist jetzt seine einzige Verbindung zu anderen Menschen. Er hat weder Frau noch Kind, er lebt ohne Wurzeln und eigenen Herd, sein Erbe ist dem Eroberer verfallen, dem er dient. Ein solcher Mann trägt ein brennendes Feuer in sich, doch kein Herz. Ich hoffe, daß ich nie dasselbe von Dir sagen muß - oder von meinem Sohn Ian.
    Daher vertraue ich Euch einander an, und möge Gottes Segen - und der meine - mit Euch sein.
    Schreib, sobald Du kannst. Wir hungern nach Nachricht von Euch und nach Euren Beschreibungen der exotischen Gegenden, in denen Ihr jetzt weilt.
    Dein Dich liebender Bruder,
Ian Murray
     
    Jamie faltete den Brief sorgfältig zusammen und steckte ihn in seinen Rock.
    »Mmpf«, sagte er.

11
    Das Gesetz des Blutvergießens
    Juli 1767
    Nach und nach gewöhnte ich mich in River Run ein. Die Gegenwart der Sklaven machte mich nervös, doch ich konnte nicht viel dagegen tun, außer ihre Dienste so wenig wie möglich in Anspruch zu nehmen und so weit wie möglich für mich selbst zu sorgen.
    River Run verfügte über eine Kräuterkammer, die eigentlich nur ein kleiner Wandschrank war, in dem getrocknete Kräuter und Arzneien aufbewahrt wurden. Es gab nicht viel davon - nur ein paar Gläser Löwenzahnwurzel und Weidenrinde und ein paar fertig gekaufte Wickel, die Staub angesetzt hatten, weil niemand sie benutzte. Jocasta zeigte sich hocherfreut, als ich den Raum benutzen wollte - sie selbst habe kein Talent für die Heilkunst, sagte sie achselzuckend, und auch keiner der Sklaven.
    »Wir haben eine Neue, die vielleicht einige Erfahrung in dieser Richtung hat«, sagte sie, während ihre langen Finger den Faden von der Spindel wegzogen und das Spinnrad surrte.
    »Sie ist allerdings keine Haussklavin; sie ist erst vor ein paar Monaten frisch aus Afrika gekommen und hat weder Sprachkenntnisse noch Kultur. Ich hatte mir vorgenommen, sie auszubilden, doch da Ihr nun hier seid… ah, jetzt ist der Faden zu dünn geworden, seht Ihr?«
    Während ich mich jeden Tag einige Zeit mit Jocasta unterhielt und versuchte, von ihr die Kunst des Garnspinnens zu lernen, verbrachte Jamie die eine oder andere Stunde mit dem Butler Ulysses, der nicht nur als Jocastas Auge und ihr Majordomus fungierte, sondern seit Hector Camerons Tod offensichtlich auch die Bücher der Plantage geführt hatte.
    »Und seine Sache verdammt gut macht«, teilte mir Jamie unter vier Augen nach einer dieser Sitzungen mit.
    »Wenn er ein Weißer wäre, hätte meine Tante keine Schwierigkeiten, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. So aber -« Er zuckte mit den Schultern.

    »So aber ist es ein Glück für sie, daß du hier bist«, sagte ich und neigte mich zu ihm hinüber, um an ihm zu schnuppern. Er hatte den Tag in Cross Creek verbracht und eine komplizierte Transaktion abgewickelt, bei der es um Indigoblöcke, Holz, drei Paar Maultiere, fünf Tonnen Reis und eine Lagerhausquittung über eine vergoldete Uhr ging, und als Resultat haftete seinem Rock eine faszinierende Vielfalt von Gerüchen an.
    »Es ist das mindeste, was ich tun kann«, sagte er, den Blick auf seine Stiefel gerichtet, die er gerade bürstete. Er preßte kurz die Lippen

Weitere Kostenlose Bücher