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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hingerichtet werden muß, bringt man die Sklaven von den umliegenden
Plantagen her, damit sie zusehen - zur Abschreckung, aye? Um sie von unüberlegten Handlungen abzuhalten.«
    »Was Ihr nicht sagt«, antwortete Jamie höflich. »Ich glaube, das war auch die Absicht der Krone, als man meinen Großvater nach dem Aufstand auf dem Tower Hill hingerichtet hat. Sehr effektiv - meine Verwandtschaft hat sich seitdem mustergültig benommen.«
    Ich hatte lange genug unter Schotten gelebt, um die Bedeutung dieses kleinen Seitenhiebs zu verstehen. Jamie mochte Campbells Bitte gefolgt sein, doch der Enkel des Alten Fuchses ordnete sich nicht einfach so unter - noch hielt er notwendigerweise viel von englischen Gesetzen.
    MacNeill hatte zweifelsohne verstanden; sein Nacken wurde feuerrot, doch Farquard Campbell wirkte amüsiert. Er lachte kurz und trocken, bevor er sich umdrehte.
    »Wißt Ihr, welcher Sklave es ist?« frage er den älteren Mann. MacNeill schüttelte den Kopf.
    »Das hat Donald nicht gesagt. Aber Ihr wißt es genausogut wie ich, es wird dieser Hitzkopf Rufus sein.«
    Campbells Schultern sanken zusammen, als er das hörte.
    »Jo wird sehr traurig sein, wenn sie das hört«, murmelte er und schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Sie ist selbst daran schuld«, sagte MacNeill und verpaßte einer Pferdebremse, die sich oberhalb des Stiefels auf seinem Bein niedergelassen hatte, eine brutalen Schlag. »Dieser Byrnes ist nicht einmal in der Lage, Schweine zu hüten, geschweige denn, Verantwortung für Sklaven zu tragen. Ich habe es ihr schon oft gesagt, und Ihr auch.«
    »Aye, aber Hector hat den Mann eingestellt, nicht Jo«, wandte Campbell ein. »Und sie konnte ihn nicht einfach so entlassen. Was soll sie denn tun, die Sägemühle selbst betreiben?«
    Ein Grunzen war die Antwort, als MacNeill seinen breiten Hintern im Sattel verlagerte. Ich sah zu Jamie hinüber und blickte in ein Pokerface. Seine Augen waren im Schatten unter seiner Hutkrempe verborgen.
    »Es gibt kaum etwas Schlimmeres als eine eigensinnige Frau«, sagte MacNeill etwas lauter als unbedingt notwendig. »Sie hat es nur sich selbst zuzuschreiben, wenn sie ins Unglück rennt.«
    »Wohingegen«, warf ich ein, indem ich mich vorbeugte und meine Stimme so weit erhob, daß sie trotz des Hufgetrappels und des Knirschens der Sättel zu hören war, »wenn ein Mann sie ins Unglück stürzt, die Tatsache, daß sie ihm die Schuld zuschieben kann, alles wieder aufwiegt?«

    Jamie schnaubte belustigt; Campbell kicherte laut und stieß MacNeill die Reitgerte zwischen die Rippen.
    »Erwischt, Andrew!« sagte er.
    MacNeill antwortete nicht, doch sein Hals wurde noch röter. Danach ritten wir schweigend weiter, und MacNeill hielt die Schultern bis zu den Ohren hochgezogen.
    Obwohl der Schlagabtausch mich mit leiser Genugtuung erfüllte, beruhigte er meine Nerven keineswegs; mein Magen zog sich bei dem Gedanken an das, was vielleicht geschehen würde, wenn wir die Sägemühle erreichten, vor Schrecken zusammen. Obwohl die Männer kein Hehl aus ihrer Abneigung gegen Byrnes und aus ihrer Vermutung machten, daß er selbst schuld war an dem, was sich zugetragen hatte - was auch immer es war -, gab es nicht den geringsten Hinweis darauf, daß dies das Schicksal des Sklaven in irgendeiner Weise ändern würde.
    »Ein schlechtes Gesetz«, hatte Campbell es genannt - aber dennoch Gesetz. Trotzdem war es weder meine Empörung noch mein Entsetzen bei dem Gedanken an die Grausamkeit der Justiz, was meine Hände zittern und die Lederzügel vor Schweiß schlüpfrig werden ließ; es war die Frage, was Jamie tun würde.
    Sein Gesicht verriet nichts. Er ritt entspannt, die Zügel in der linken Hand, die rechte locker auf dem Oberschenkel neben der Rocktasche, in der sich die Pistole abzeichnete.
    Ich war noch nicht einmal sicher, ob es mich beruhigen sollte, daß er mich hatte mitkommen lassen. Das konnte bedeuten, daß er nicht damit rechnete, gewalttätig werden zu müssen - aber bedeutete das dann, daß er einfach dastehen und die Hinrichtung geschehen lassen würde?
    Und wenn er das tat…? Mein Mund war ausgetrocknet, Nase und Hals von dem feinen, braunen Staub verstopft, der von den Hufen der Pferde aufstieg.
    Ich bin schon daran beteiligt . Aber woran? An Clan und Familie, ja - aber hieran ? Ein Highlander konnte für eine Sache, die seine Ehre betraf oder ihn in Rage brachte, sein Leben aufs Spiel setzen, aber den Angelegenheiten Fremder stand er meist unbeteiligt gegenüber. Nach

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