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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Weite der Nacht zu sein.
    Rollo spazierte in den Feuerschein und schüttelte sich. Er spritzte Wasser in alle Richtungen, so daß das Feuer zischte und Funken sprühten. Anscheinend hatte er sich den Anglern angeschlossen.
    »Geh weg, du gräßlicher Hund«, sagte ich. Natürlich tat er das
nicht, sondern kam einfach her und beschnüffelte mich unsanft, um sicherzugehen, daß ich immer noch die war, für die er mich hielt. Dann wandte er sich um, um Pollyanne derselben Behandlung zu unterziehen.
    Ohne besonderen Gesichtsausdruck wandte sie den Kopf und spuckte ihm ins Auge. Er winselte, trat einen Schritt zurück und blieb dann stehen, schüttelte den Kopf und machte ein durch und durch überraschtes Gesicht. Sie hob den Kopf und grinste mich breit an, so daß ihre Zähne weiß aufblitzten.
    Ich lachte und beschloß, mir nicht allzu viele Sorgen zu machen - wer es fertigbrachte, einem Wolf ins Auge zu spucken, würde wahrscheinlich auch mit den Indianern, der Wildnis und allen anderen Umständen fertig werden.
    Die Schüssel war fast leer, und die Maiskuchen waren ordentlich auf dem Blech aufgereiht. Pollyanne wischte sich die Finger an einer Handvoll Gras ab und sah zu, wie das gelbe Maismehl zu brutzeln begann und dann braun wurde, als das Schmalz zerlief. Ein warmer, beruhigender Duft stieg vom Feuer auf, vermischte sich mit dem Geruch des brennenden Holzes, und mein Magen knurrte leise und erwartungsvoll. Das Feuer schien jetzt mehr Substanz zu haben, der Duft des brutzelnden Essens schien seine Reichweite zu vergrößern und so die Nacht in Schach zu halten.
    War es dort, wo sie herkam, so gewesen? Hatten Feuer und Essen das Dunkel des Dschungels auf Abstand gehalten, statt Bären Leoparden ferngehalten? Hatten Licht und Gesellschaft ihr Trost gespendet und die Illusion der Sicherheit? Denn es war bestimmt nur eine Illusion gewesen - das Feuer bot keinen Schutz vor Menschen oder vor der Dunkelheit, die über sie gekommen war. Mir fehlten die Worte, um sie zu fragen.
     
    »Ich habe noch nie so viele Fische gesehen, nie«, wiederholte Jamie zum viertenmal, und verträumte Seligkeit lag in seinem Blick, als er eine dampfende, in Maismehl gebratene Forelle aufschlitzte. »Da waren ganze Schwärme im Wasser, stimmt’s, Ian?«
    Ian nickte, einen ähnlich erfurchtsvollen Ausdruck in seinem gutmütigen Gesicht.
    »Mein Papa würde sein anderes Bein hergeben, um das zu sehen«, sagte er. »Sie sind uns an den Haken gesprungen, wirklich, Tante Claire.«
    »Die Indianer geben sich meist gar nicht mit Haken und Angelschnur ab«, warf Myers ein, während er seinen Anteil des Fangs zielsicher
mit dem Messer aufspießte. »Sie bauen Fallen und Reusen, oder manchmal legen sie Zweige und anderes Zeug quer über den Fluß, um die Fische aufzuhalten, und stellen sich dann mit spitzen Stöcken oberhalb der Stelle hin und spießen die Fische einfach im Wasser auf.«
    Das war Ians Stichwort: Jede Erwähnung von Indianern und ihrer Lebensweise animierte ihn zu einer Flut von wißbegierigen Fragen. Nachdem er alles über die Methoden des Fischfangs erfahren hatte, erkundigte er sich erneut nach dem verlassenen Dorf, das wir am Anfang unserer Reise gesehen hatten.
    »Ihr habt gesagt, es könnte im Krieg passiert sein«, sagte Ian, während er seine dampfende Forelle entgrätete und dann die Finger schüttelte, um sie abzukühlen. Er reichte Rollo ein Stück des entgräteten Fisches, und dieser verschluckte es in einem Bissen, ohne sich an der Temperatur zu stören. »Habt Ihr den mit den Franzosen gemeint? Ich habe nicht gewußt, daß es so weit im Süden Kämpfe gegeben hat.«
    Myers schüttelte den Kopf, kaute und schluckte, bevor er antwortete.
    »O nein, ich habe den Tuscarorakrieg gemeint; so nennen ihn zumindest die Weißen.«
    Der Tuscarorakrieg, so erklärte er, war ein kurzer, aber brutaler Konflikt gewesen, der etwas mehr als vierzig Jahre zurücklag und durch einen Angriff auf einige Siedler im Hinterland ausgelöst worden war. Der damalige Gouverneur der Kolonie hatte als Vergeltungsmaßnahme Truppen in die Tuscaroradörfer geschickt, und das Ergebnis waren einige regelrechte Schlachten gewesen, die die viel besser bewaffneten Kolonisten mühelos gewonnen hatten - vernichtend für den Stamm der Tuscarora.
    Myers nickte in der Dunkelheit.
    »Gibt jetzt nur noch sieben Tuscaroradörfer - und nicht mehr als jeweils hundertfünfzig Leute darin, außer im größten.« Derart empfindlich getroffen, wären die Tuscarora leichte

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