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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Beute für die umliegenden Stämme gewesen und vollständig verschwunden, wären sie nicht offiziell von den Mohawk adoptiert und damit in den machtvollen Irokesenbund aufgenommen worden.
    Jamie kam mit einer Flasche aus seiner Satteltasche zum Feuer zurück. Es war schottischer Whisky, ein Abschiedsgeschenk von Jocasta. Er goß sich einen kleinen Becher voll und bot Myers dann die halbvolle Flasche an.
    »Ist das Land der Mohawk nicht viel weiter im Norden?« fragte er.
»Wie können sie ihren Kameraden hier Schutz bieten, wo sie doch überall von feindlichen Stämmen umgeben sind?«
    Myers nahm einen Schluck Whisky und kostete ihn genießerisch aus, bevor er antwortete.
    »Mmm. Das ist ein guter Tropfen, mein Freund James. Aye, die Mohawk sind ein ganzes Stück weit weg. Doch mit dem Irokesenbund ist nicht zu spaßen - und die Mohawk sind der wildeste der sechs Stämme. Keiner - ob rot oder weiß - legt sich ohne guten Grund mit den Mohawk an, bestimmt nicht.«
    Das faszinierte mich. Allerdings war ich auch erfreut zu hören, daß das Gebiet der Mohawk ein gutes Stück von uns entfernt war.
    »Warum waren die Mohawk dann daran interessiert, die Tuscarora zu adoptieren?« fragte Jamie und zog eine Augenbraue hoch. »Es sieht nicht so aus, als hätten sie Verbündete nötig, wenn sie so wild sind, wie Ihr sagt.«
    Myers’ haselnußbraune Augen hatten sich unter dem Einfluß des guten Whiskys verträumt geschlossen.
    »Wild sind sie schon - aber sie sind auch sterblich«, sagte er. »Indianer sind blutrünstig, und die Mohawk sind die schlimmsten. Sie sind Ehrenmänner, versteht mich nicht falsch« - er hob ermahnend seinen kräftigen Finger -, »aber sie töten aus vielen Gründen, manche verständlich, manche nicht. Sie veranstalten Raubzüge untereinander, versteht Ihr, und sie töten aus Rache - nichts hält einen rachedurstigen Mohawk auf, es sei denn, man bringt ihn um. Und dann hat man noch seinen Bruder, seinen Sohn oder seinen Neffen auf den Fersen.«
    Er leckte sich langsm und nachdenklich den Whisky von den Lippen.
    »Manchmal morden die Indianer aus Gründen, die niemand für wichtig halten würde; vor allem, wenn Alkohol im Spiel ist.«
    »Hört sich an wie die Schotten«, murmelte ich Jamie zu, der mir als Antwort einen kalten Blick zuwarf.
    Myers ergriff die Whiskyflasche und drehte sie zwischen den Handflächen.
    »Jeder kann mal einen Schluck zuviel trinken und dann Unsinn treiben, aber bei einem Indianer ist jeder Tropfen zuviel. Ich habe von mehr als einem Massaker gehört, das vielleicht nicht passiert wäre, wären die Männer nicht sinnlos betrunken gewesen.«
    Er schüttelte den Kopf und besann sich wieder auf sein Thema.
    »Wie auch immer, es ist ein hartes Leben und ein blutiges dazu. Es kommt vor, daß ganze Stämme ausgelöscht werden, und sie haben
alle keinen Männerüberschuß. Also adoptieren sie Fremde, um diejenigen zu ersetzen, die getötet werden oder an Krankheiten sterben. Manchmal machen sie Gefangene - nehmen sie in eine Familie auf und betrachten sie als die Ihren. Das werden sie auch mit Mrs. Polly hier tun.« Er wies kopfnickend auf Pollyanne, die still am Feuer saß und seinen Worten keinerlei Aufmerksamkeit schenkte.
    »So haben also vor fünfzig Jahren die Mohawk den ganzen Stamm der Tuscarora adoptiert. Es gibt nicht viele Stämme, die dieselbe Sprache sprechen«, erklärte Myers. »Doch manche sind miteinander verwandt. Tuscarora ähnelt der Mohawksprache mehr als der Sprache der Creek oder Cherokee.«
    .»Könnt Ihr auch Mohawk sprechen, Mr. Myers?« Ian hatte während dieser Erklärung glühende Ohren bekommen. Ian war von jedem Felsen, Baum und Vogel auf unserer Reise fasziniert, doch noch mehr faszinierte ihn jede Erwähnung von Indianern.
    »Ach, ganz gut.« Myers zuckte bescheiden mit den Achseln. »Jeder Händler schnappt hier und da ein paar Worte auf. Kusch, Hund.« Rollo, der seine Nase in Schnüffelweite von Myers’ letzter Forelle geschoben hatte, zuckte bei der Ermahnung mit den Ohren, zog seine Nase aber nicht zurück.
    »Dann wollt Ihr Mistress Polly also zu den Tuscarora bringen?« fragte Jamie, während er einen Maiskuchen in mundgerechte Stücke zerkrümelte.
    Myers nickte und kaute vorsichtig; wenn man nur noch so wenige Zähne hatte wie er, stellten sogar frische Maiskuchen ein riskantes Unterfangen dar.
    »Aye. Noch vier, fünf Tagesritte«, erklärte er. Er wandte sich an mich und lächelte mir beruhigend zu. »Ich passe auf, daß sie gut

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