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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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großen,
stumpfen Finger stupste er die Beere sanft an. »Erdbeeren sind immer das Emblem des Clans gewesen - das ist es, was der Name am Anfang bedeutet hat, als ein Monsieur Fréselière mit König William aus Frankreich herüberkam - und zum Lohn für seine Mühen ein Stück Land in den schottischen Bergen in Besitz nahm.«
    König William. William der Eroberer. Die Frasers waren vielleicht nicht der älteste der Highlandclans, doch sie waren dennoch von bedeutender Abstammung.
    »Krieger seit eh und je, stimmt’s?«
    »Und auch Bauern.« Der Zweifel in seinen Augen wich einem Lächeln.
    Ich sagte nicht, was ich dachte, doch ich wußte sehr gut, daß ihm derselbe Gedanke durch den Kopf gehen mußte. Vom Clan der Frasers waren nur noch verstreute Fragmente geblieben, jene, die durch Flucht, List oder Glück überlebt hatten. Die Clans waren auf dem Schlachtfeld von Culloden zerschlagen worden, ihre Oberhäupter in der Schlacht umgekommen oder von der Justiz ermordet.
    Und doch stand er hier, hochgewachsen und aufrecht, den dunklen Stahl eines Highlanddolches an seiner Seite. Krieger und Bauer zugleich. Und wenn er auch nicht den Boden Schottlands unter den Füßen hatte, so atmete er doch in Freiheit - und es war Bergwind, der in seinem kupferroten Haar spielte.
    Ich lächelte ihn an und unterdrückte mein wachsendes Unwohlsein.
    »Fréselière, was? Mr. Erdbeere? Dann hat er sie also angebaut - oder hat er sie nur gern gegessen?«
    »Vielleicht eins von beidem, vielleicht beides«, sagte er trocken, »oder vielleicht war er auch einfach nur ein Rotschopf, aye?«
    Ich lachte, und er hockte sich neben mich und löste die Brosche, die sein Plaid festhielt.
    »Es ist eine besondere Pflanze«, sagte er und berührte den Zweig in meiner offenen Hand. »Blüten, Früchte und Blätter gleichzeitig. Die weißen Blüten stehen für die Ehre, die roten Früchte für Mut - und die grünen Blätter für Beständigkeit.«
    Es schnürte mir die Kehle zu, als ich ihn ansah.
    »Volltreffer«, sagte ich.
    Er umfing meine Hand mit der seinen und preßte meine Finger um den winzigen Stengel.
    »Und die Frucht hat die Form eines Herzens«, sagte er leise und beugte sich zu mir, um mich zu küssen.
    Die Tränen waren dicht unter der Oberfläche; immerhin hatte ich eine gute Entschuldigung für die eine, die jetzt hervorquoll. Er tupfte
sie mir ab, stand dann auf, öffnete seinen Gürtel und ließ das Plaid zu Boden fallen. Dann zog er sich Hemd und Hose aus und lächelte mich an, nackt.
    »Hier ist niemand«, sagte er. »Niemand außer uns.«
    Ich hätte gesagt, daß das kein Grund war, doch ich spürte, was er wirklich meinte. Tagelang waren wir von Weite und Gefahren umgeben gewesen, und die Wildnis war nicht weiter von uns entfernt gewesen, als der blasse Lichtkreis unseres Feuers reichte. Doch hier waren nur wir beide, wir gehörten zu diesem Ort, und am hellichten Tag gab es keinen Grund, die Wildnis auf Abstand zu halten.
    »In alter Zeit haben die Menschen das getan, um die Felder fruchtbar zu machen«, sagte er und reichte mir die Hand zum Aufstehen.
    »Ich sehe keine Felder.« Und war mir auch nicht sicher, ob ich nicht hoffte, daß ich nie welche sehen würde. Dennoch streifte ich mein Wildlederhemd ab und zog den Knoten meines improvisierten Büstenhalters auf. Er betrachtete mich anerkennend.
    »Nun, ich werde ohne Zweifel zuerst ein paar Bäume fällen müssen, aber das kann warten, aye?«
    Wir machten uns ein Bett aus Plaid und Umhängen und legten uns nackt darauf, Haut an Haut, umgeben von gelben Gräsern und dem Duft von Balsam und wilden Erdbeeren.
    Wir berührten uns lange, oder vielleicht waren es auch nur Augenblicke, die wir zusammen im Garten der irdischen Freuden verbrachten. Ich verdrängte die Gedanken, die mich während des ganzen Aufstiegs geplagt hatten, und wollte nur noch seine Freude teilen, so lange sie anhielt. Ich umschloß ihn fest und er atmete tief ein und preßte sich an meine Hand.
    »Und was wäre das Paradies ohne eine Schlange?« murmelte ich, während meine Finger auf und ab strichen.
    Seine Augen zogen sich zu blauen Dreiecken zusammen.
    »Und wirst du mit mir speisen, mo chridhe? Von der Frucht vom Baum der Erkenntnis?«
    Ich ließ meine Zungenspitze herausgleiten und zog sie ihm als Antwort über die Unterlippe. Er erschauerte unter meinen Fingern, obwohl die Luft warm und süß war.
    »Je suis prêt«, sagte ich. »Monsieur Fréselière.«
    Er neigte den Kopf, und sein Mund saugte sich

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