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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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genau die Aufmerksamkeit schenkte, die sie verdiente, sprang Rollo an mir vorbei in das Zimmer. Überschäumend vor Freude hoben seine hundertfünfzig Pfund von der Fußbodenmitte ab und landeten direkt auf dem Rollbett, das gefährlich schwankte und dessen Nahtstellen protestierend quietschten. Er ignorierte den erstickten Schrei des Bettinsassen und leckte Ian wie verrückt über Gesicht und Unterarme - obwohl Ian letztere als völlig inadäquate Verteidigungsmaßnahme gegen den sabbernden Ansturm hochwarf.
    »Böser Hund«, sagte Ian, während er völlig wirkungslose Versuche unternahm, Rollo von seiner Brust herunterzuschieben und trotz seines Unwohlseins hilflos kicherte. »Böser Hund, sage ich - Platz, Sir!«

    »Platz, Sir!« wiederholte Lord John streng. Rollo, der sich bei der Demonstration seiner Zuneigung unterbrochen sah, drehte sich mit angelegten Ohren zu Lord John um. Er zog die Lippe hoch und erlaubte John, einen klaren Blick auf den Zustand seiner hinteren Zähne zu werfen. Lord John fuhr auf und hob ruckartig die Pistole.
    »Runter mit dir, a dhiobhuil!« sagte Ian und stieß Rollos Hinterteil an. »Nimm deinen haarigen Hintern aus meinem Gesicht, du verrückter Köter.«
    Rollo verbannte Lord John augenblicklich aus seinen Gedanken und tappte auf dem Rollbett herum. Er drehte sich dreimal um sich selbst und knetete das Bettzeug mit den Pfoten, bevor er sich neben den Körper seines Herrn fallen ließ. Er leckte Ian das Ohr und legte mit einem tiefen Seufzer die Schnauze zwischen seinen großen, schmutzigen Pfoten auf das Kissen.
    »Möchtest du, daß ich ihn herunterhole, Ian?« bot ich an und betrachtete Rollos Pfoten. Ich hatte keine Ahnung, wie ich einen Hund von Rollos Größe und Temperament bewegen sollte, außer, indem ich ihn mit Jamies Pistole erschoß und seinen Kadaver vom Bett zerrte, daher war ich sehr erleichtert, als Ian den Kopf schüttelte.
    »Nein, laß ihn nur, Tante Claire«, sagte er leicht krächzend. »Er ist ein lieber Kerl. Nicht wahr, a charaid?« Er legte die Hand auf den Hals des Hundes und drehte seinen Kopf, so daß seine Wange auf Rollos dicken Nacken gebettet war.
    »Na gut.« Mit langsamen Bewegungen und einem wachsamen Blick auf die reglosen gelben Augen näherte ich mich dem Bett und strich Ian das Haar glatt. Seine Stirn war immer noch heiß, doch ich glaubte, daß das Fieber ein wenig gesunken war. Wenn es in der Nacht brach, was gut möglich war, dann würde ihm wahrscheinlich heftiges Zittern folgen - und dann konnte es sein, daß Ian Rollos warme Pelzmassen sehr gelegen kamen.
    »Schlaf gut.«
    »Oidche mhath.« Er schlief schon halb, versank in lebhaften Fieberträumen, und sein »Gute Nacht« war kaum mehr als ein Murmeln.
    Ich bewegte mich still im Zimmer umher und räumte die Resultate meiner Tagesarbeit auf; einen Korb frisch gesammelter Erdnüsse, die ich waschen, trocknen und einlagern würde; ein Blech, das ich flach mit getrocknetem Ried ausgelegt und mit einer Schicht Schweinefett bedeckt hatte, um daraus Binsenlichter zu machen. Ein Gang in die Vorratskammer, wo ich die Biermaische umrührte, die in einem Bottich fermentierte, den Quark ausdrückte, aus dem ich Frischkäse herstellte, und den Brotteig flachschlug, den ich am Morgen in Laibe teilen
und backen würde, wenn der kleine Steinofen, den wir in die Seitenwand der Feuerstelle eingebaut hatten, von der Hitze des schwach brennenden Feuers in der Nacht genügend erwärmt war.
    Ian schlief fest, als ich in den zentralen Raum zurückkam; Rollos Augen waren ebenfalls geschlossen, obwohl sich bei meinem Eintreten eine gelbe Spalte auftat. Ich warf Lord John einen Blick zu; er war wach, sah sich aber nicht um.
    Ich setzte mich auf die Bank am Feuer und holte den großen Wollkorb mit seinem schwarz-grünen Indianermuster hervor - Sonnenesser hatte Gabrielle diese Flechtart genannt.
    Zwei Tage, seit Jamie und Willie aufgebrochen waren. Zwei Tage zum Dorf der Tuscarora. Zwei Tage zurück. Falls nichts geschah, das sie aufhielt.
    »Unsinn«, murmelte ich vor mich hin. Nichts würde sie aufhalten. Sie würden bald zu Hause sein.
    Der Korb war mit Strängen aus gefärbter Wolle und Leinenfäden gefüllt. Manche hatte Jocasta mir geschenkt, manche hatte ich selbst gesponnen. Der Unterschied war nicht zu übersehen, doch selbst das knotige, wenig elegant aussehende Garn, das ich produzierte, war nicht völlig unbrauchbar. Keine Strümpfe oder Jerseys; vielleicht konnte ich einen Teewärmer stricken - so

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