Der Ruf Der Trommel
Bartstoppeln kratzten über ihr Gesicht. Er roch nach Seife und Schweiß und schmeckte nach Scotch, und sie wollte nicht, daß er aufhörte.
Das tat er dann aber doch und ließ sie los, und sie waren beide fast außer Atem.
»A-hem« , sagte eine laute Stimme direkt neben Brianna. Sie wandte sich von Roger ab und gab den Blick auf Gayle frei, die ihn unter ihrem blonden Pony engelhaft anlächelte und wie ein Kind beim Abschied winkte.
»Hall - ooo«, sagte sie. »Du mußt Roger sein, denn wenn du es nicht bist, steht Roger ein schöner Schock bevor, wenn er auftaucht, oder?«
Sie begutachtete ihn beifällig von oben bis unten.
»Das alles, und Gitarre spielst du auch noch?«
Brianna hatte den Koffer gar nicht bemerkt, den er losgelassen hatte. Er bückte sich, hob ihn auf und schwang ihn über seine Schulter.
»Tja, davon muß ich mich auf dieser Reise ernähren«, sagte er und lächelte Gayle an, die sich in gespielter Ekstase ans Herz griff.
»Ooh, sag das noch mal!« bettelte sie.
»Was denn?« Roger machte ein verwundertes Gesicht.
»Reise ernähren«, sagte Brianna und schulterte eine seiner Taschen. »Sie möchte noch mal hören, wie du das R rollst. Gayle ist verrückt nach britischen Akzenten. Oh - das ist Gayle.« Sie deutete resigniert auf ihre Freundin.
»Ja, das habe ich schon mitgekriegt. Äh…« Er räusperte sich, fixierte Gayle mit einem durchdringenden Blick und senkte seine Stimme um eine Oktave. »Rrringel, rrrangel, Rrrose, schöne Aprrrikose… Reicht das fürs erste?«
»Könntest du bitte damit aufhören?« Brianna sah ihre Freundin, die dramatisch in einen der Plastiksessel gesunken war, ärgerlich an. »Ignorier sie einfach«, riet sie Roger und wandte sich zum Ausgang.
Mit einem vorsichtigen Blick auf Gayle befolgte er ihren Ratschlag, hob eine große Schachtel hoch, die von einer Schnur zusammengehalten wurde, und folgte ihr nach draußen.
»Was hast du damit gemeint, daß du dich auf der Reise ernähren mußt?« fragte sie, um die Unterhaltung wieder in vernünftige Bahnen zu lenken.
Er lachte, ein bißchen befangen.
»Tja, die Konferenz kommt zwar für den Flug auf, doch die Spesen können sie nicht übernehmen. Also habe ich ein bißchen herumtelefoniert und mir einen Job besorgt, um das Problem aus der Welt zu schaffen.«
»Einen Job, bei dem du Gitarre spielst?«
»Tagsüber ist der angenehm gesittete Historiker Roger Wakefield ein harmloser Akademiker aus Oxford. Doch in der Nacht legt er heimlich seine Tartanrrregalien an und verrrwandelt sich in den aufrrregenden - Roger MacKenzie!«
»Wen?«
Er lächelte über ihre Überraschung. »Tja, ich singe schottische Folksongs auf Festivals und ceilidhs - Highlandfestspielen und so. Ich soll am Wochenende bei einem keltischen Festival in den Bergen auftreten, das ist alles.«
»Schottische Songs? Trägst du dabei einen Kilt?« Gayle war an Rogers anderer Seite aufgetaucht.
»Klar. Woran sollten sie sonst erkennen, daß ich Schotte bin?«
»Ich liebe Wuschelknie«, sagte Gayle verträumt. »Sag mal, stimmt es, daß ein Schotte -«
»Hol das Auto«, befahl Brianna und drückte Gayle hastig die Schlüssel in die Hand.
Gayle stützte ihr Kinn auf die Unterkante des Autofensters und sah zu, wie Roger ins Hotel ging. »Mensch, ich hoffe, daß er sich nicht rasiert, bevor wir uns zum Abendessen treffen. Ich finde, Männer sehen einfach toll aus, wenn sie sich eine Zeitlang nicht rasiert haben. Was meinst du, was in der großen Schachtel ist?«
»Sein bodhran. Ich habe ihn gefragt.«
»Sein was ?«
»Das ist eine keltische Kriegstrommel. Er begleitet ein paar seiner Songs damit.«
Gayle schürzte nachdenklich die Lippen.
»Du willst wohl nicht, daß ich ihn zu diesem Festival fahre, oder? Ich meine, du hast doch bestimmt unheimlich viel zu tun, und -«
»Ha, ha. Glaubst du, ich lasse dich in seine Nähe, wenn er einen Kilt trägt?«
Gayle seufzte sehnsüchtig und zog den Kopf ein, als Brianna den Wagen anließ.
»Vielleicht gäbe es da ja noch mehr Männer im Kilt.«
»Das ist wohl anzunehmen.«
»Ich wette, die haben keine keltischen Kriegstrommeln.«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Und, wirst du es tun?«
»Woher soll ich das wissen?« Aber das Blut ließ ihre Haut aufblühen, und die Kleider wurden ihr eng.
»Also, wenn nicht«, sagte Gayle mit Bestimmtheit, »dann spinnst du.«
»Pastors Katze ist eine… androgyne Katze.«
»Pastors Katze ist eine… aberdonische Katze.«
Brianna zog die
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