Der Ruf Der Trommel
wäre, wäre das alles nicht passiert, aber ich hatte Angst. Und jetzt habe ich noch mehr Angst«, sagte sie, und ihre Stimme brach. Sie holte tief Luft, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen, und stützte sich mit den Händen im Stroh auf.
»Du kannst mir nicht helfen, und Mama auch nicht, und ich kann auch nichts tun. Und Roger…« Ihr versagte die Stimme, und sie biß sich fest auf die Lippen, um die Tränen zurückzudrängen.
»Brianna - a leannan… « Er machte Anstalten, sie zu trösten, doch sie wich zurück, die Arme fest vor dem Bauch verschränkt.
»Ich muß immerzu denken - wenn ich ihn umbringe, kann ich wenigstens etwas tun. Es ist das einzige , was ich tun kann. Wenn - wenn ich schon sterben muß, dann kann ich ihn wenigstens mitnehmen, und wenn nicht - dann kann ich es vielleicht vergessen, wenn er tot ist.«
»Du wirst es nicht vergessen.« Die Worte kamen so direkt und kompromißlos wie ein Schlag in die Magengrube. Er hielt immer noch den Weinbecher in der Hand. Jetzt neigte er den Kopf zurück und trank ihn seelenruhig aus.
»Spielt aber keine Rolle«, sagte er und stellte den Becher ab, als käme er jetzt zum Abschluß eines Geschäftes. »Wir werden dir einen Mann suchen, und wenn das Baby einmal da ist, wirst du nicht mehr viel Zeit zum Grübeln haben.«
»Was?« Sie starrte ihn an. »Was meinst du damit, mir einen Mann suchen?«
»Du wirst einen brauchen, oder?« sagte er und hörte sich geradezu überrascht an. »Das Kind braucht einen Vater. Und wenn du den Namen des Mannes nicht verraten willst, der dir zu deinem dicken Bauch verholfen hat, so daß ich ihn zwingen kann, seiner Pflicht nachzukommen…«
»Du glaubst, ich würde den Mann heiraten , der das getan hat?« Wieder überschlug sich ihre Stimme, diesmal vor Erstaunen.
Seine Stimme wurde etwas härter.
»Tja, ich denk mir - vielleicht spielst du nur’n bißchen mit der Wahrheit rum, mein Schatz? Vielleicht war’s gar keine Vergewaltigung; vielleicht hat dir nur der Mann nicht gepaßt, und du hast dich davongemacht - und die Geschichte hinterher erfunden. Man konnte dir schließlich nichts ansehen. Kaum zu glauben, daß ein Mann so eine kräftige Frau zwingen kann, wenn sie sich völlig verweigert.«
»Du meinst, ich lüge?«
Zynisch zog er eine Augenbraue hoch. Sie erhob wütend die Hand gegen ihn, doch er packte ihr Handgelenk.
»Aber, aber«, sagte er tadelnd. »Du wärst nicht die erste, die einen Ausrutscher macht und dann versucht, ihn zu vertuschen, aber…« Sie schlug nach ihm, und er ergriff auch ihr anderes Handgelenk und riß beide scharf nach oben.
»Brauchst gar nicht so ein Theater zu machen«, sagte er. »Oder wolltest du den Mann etwa, und er hat dich sitzenlassen? Ist es das?«
Sie wand sich in seinem Griff, schwang sich mit ihrem ganzen Gewicht seitwärts und stieß fest mit dem Knie nach oben. Er wich ihr nur ganz leicht aus, und ihr Knie kollidierte mit seinem Oberschenkel, nicht mit den empfindlichen Teilen zwischen seinen Beinen, nach denen sie gezielt hatte.
Er würde sicher einen blauen Flecken von dem Tritt davontragen, aber sein Klammergriff um ihre Handgelenke ließ nicht nach. Sie wand sich weiter, trat um sich und verfluchte ihre Röcke. Sie traf ihn zweimal am Schienbein, doch er kicherte nur, als fände er es komisch, wie sie sich abmühte.
»Ist das alles, was du kannst, Schätzchen?« Er löste seinen Griff, aber nur, um beide Handgelenke in eine Hand zu nehmen. Mit der anderen stieß er sie spielerisch zwischen die Rippen.
»Es war ein Mann
in Muir of Skene
hatt’ nen Dolch
und ich hatt keen’.
Stürzt’ mich auf ihn
mit dem Daumen,
und sieh an,
ich stach ihn tot,
stach ihn tot,
stach ihn tot?«
Bei jeder Wiederholung stieß er ihr den Daumen fest zwischen die Rippen.
»Du verdammtes Schwein!« schrie sie. Sie suchte nach einem Halt für ihre Füße und riß seinen Arm herunter, so fest sie konnte, um ihn zu beißen. Sie schnappte nach seinem Handgelenk, doch bevor sich ihre Zähne in seine Haut senken konnten, riß es sie von den Füßen, und sie flog durch die Luft.
Sie landete hart auf den Knien, und ein Arm war so fest hinter ihrem Rücken verdreht, daß ihr Schultergelenk knackte. Der Druck auf ihrem Ellbogen schmerzte; sie wand sich und versuchte, sich zu ihm umzudrehen, konnte sich aber nicht von der Stelle rühren. Wie ein Eisenriegel klammerte sich sein Arm um ihre Schulter und drückte ihr den Kopf nach unten. Und weiter nach unten.
Ihr Kinn preßte
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