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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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lächelte sie an.
    »Soll ich mit dir zum Haus gehen, Kleine? Es wird noch eine Weile dauern, bis sich hier etwas tut.«
    Zögernd sah sie zu ihm hoch, doch dann faßte sie einen Entschluß.
    »Nein. Ich werde noch etwas mit dir warten. Wenn du nichts dagegen hast?«
    Jetzt, beschloß sie impulsiv. Sie würde jetzt fragen. Tagelang hatte sie auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, doch welcher Zeitpunkt konnte schon richtig sein für eine Frage wie diese? Zumindest würden sie jetzt allein sein und ungestört bleiben.
    »Wie du willst. Ich freue mich über deine Gesellschaft.«
    Nicht mehr lange , dachte sie, als er sich umdrehte, um in dem Korb herumzukramen, den sie mitgebracht hatte. Sie hätte die Dunkelheit bevorzugt. Es wäre sehr viel leichter gewesen, das, was sie wissen mußte, auf dem dunklen Pfad zum Haus zu fragen. Aber Worte würden nicht genügen; sie mußte sein Gesicht sehen.
    Ihr Mund war trocken; dankbar nahm sie den Becher mit Apfelwein an, den er ihr anbot. Er war stark und vollmundig, und der leichte Alkohol schien den Druck in ihrem Bauch ein wenig zu lindern.
    Sie gab ihm den Becher, wartete aber nicht, bis er trank, denn sie befürchtete, daß die ermutigende Wirkung des Alkohols nachlassen würde, bevor sie die Worte herausbringen konnte.
    »Pa…«

    »Aye, Kleine?« Er schenkte sich Apfelwein nach, und seine Augen blickten gebannt auf den trüben, goldenen Strahl.
    »Ich muß dich etwas fragen.«
    »Mm?«
    Sie holte tief Luft und brachte es hastig hervor.
    »Hast du Jack Randall umgebracht?«
    Er erstarrte zunächst, den Krug immer noch über den Becher geneigt. Dann richtete er den Krug sorgsam auf und stellte ihn auf den Boden.
    »Und woher kennst du diesen Namen?« fragte er. Er sah sie direkt an; seine Stimme war so ruhig wie sein Blick. »Vielleicht von deinem Vater? Von Frank Randall?«
    »Mama hat mir von ihm erzählt.«
    Neben seinem Mundwinkel zuckte ein Muskel, das einzige äußere Anzeichen seiner Erschütterung.
    »Hat sie das.«
    Es war keine Frage, doch sie beantwortete sie trotzdem.
    »Sie hat mir erzählt, was - was passiert ist. Was er d-dir angetan hat. In Wentworth.«
    Ihr kurzer Anflug von Mut war erschöpft, doch es war egal; sie war jetzt zu weit gegangen, um noch einen Rückzieher zu machen. Er saß einfach da und sah sie an, den Kürbisbecher vergessen in seiner Hand. Sie hätte ihn gern selbst genommen und ausgetrunken, doch sie traute sich nicht.
    Erst jetzt kam ihr der Gedanke, daß er es als Vertrauensbruch ansehen könnte, daß Claire es jemandem erzählt hatte - vor allem ihr. Sie redete schnell weiter und stammelte nervös.
    »Nicht jetzt - es war, bevor - ich kannte dich noch nicht - sie dachte, ich würde dir nie begegnen. Ich meine - ich glaube nicht - ich weiß, daß sie nicht vorhatte…« Er sah sie an und zog seine Augenbraue hoch.
    »Kannst du bitte still sein?«
    Sie war erleichtert, nichts mehr sagen zu müssen. Sie konnte ihn nicht ansehen, sondern saß da und starrte in ihren Schoß, während sie mit den Fingern das rostrote Tuch ihres Rockes in Falten legte. Das Schweigen dauerte an, nur unterbrochen vom Gezappel und gedämpften Quieken der Ferkel und von Magdalens gelegentlichen Verdauungsgeräuschen.
    Warum hatte sie keinen anderen Weg gefunden? Die Verlegenheit machte sie wahnsinnig. Du sollst die Nacktheit deines Vaters nicht preisgeben. Jack Randalls Namen heraufzubeschwören bedeutete,
die Bilder von dem heraufzubeschwören, was er getan hatte - wo sie doch nicht einmal den bloßen Gedanken daran ertragen konnte. Sie hätte ihre Mutter fragen sollen, Claire bitten sollen, ihn zu fragen… doch nein. Sie hatte keine Wahl gehabt, nicht wirklich. Er mußte es sein, sie mußte es von ihm hören…
    Seine ruhig gesprochenen Worte unterbrachen den Fluß ihrer Gedanken.
    »Warum fragst du das, Kleine?«
    Sie riß den Kopf hoch und sah, daß er sie über den unberührten Weinbecher hinweg anblickte. Er sah nicht erbost aus, und der Pudding in ihrer Wirbelsäule festigte sich etwas. Sie legte die geballten Fäuste auf ihre Knie, um sich Mut zu machen, und sah ihn direkt an.
    »Ich muß wissen, ob es hilft. Ich will… ihn umbringen. Den Mann, der -« Sie zeigte mit einer unbestimmten Geste auf ihren Bauch und schluckte mühsam. »Aber wenn ich es tue, und es hilft nicht -« Sie konnte nicht mehr weiterreden.
    Er schien nicht schockiert zu sein; eher geistesabwesend. Er hob den Becher an seinen Mund und trank langsam einen Schluck.
    »Mmphm. Und hast du

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