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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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weiterlaufen, und zwar so schnell wie möglich.
    Kurz vor dem Ende schwang ein Knüppel geradewegs auf ihn zu und erwischte ihn quer vor dem Bauch; er klappte zusammen, und der nächste traf ihn hinter dem Ohr. Er rollte wie gelähmt in den Schnee und spürte die Kälte kaum noch auf seiner aufgeplatzten Haut.
    Eine Rute stach ihm in die Beine, dann peitschte sie ihn fest, knapp unter den Hoden. Er riß automatisch seine Beine hoch, rollte sich weiter und fand sich dann auf Händen und Knien wieder, immer noch irgendwie in Bewegung. Das Blut aus seiner Nase und seinem Mund vermischte sich mit dem gefrorenen Schlamm.
    Er erreichte das Ende, und während die letzten Hiebe ihm immer noch in den Rücken bissen, ergriff er die Pfähle eines Lagerhauses und zog sich langsam hoch. Er wandte sich ihnen zu, immer noch an die Pfähle geklammert, um nicht zu fallen. Das gefiel ihnen; sie lachten mit schrillen Jaulgeräuschen, die sie wie ein Hunderudel klingen ließen. Er verbeugte sich tief und richtete sich wieder auf, und alles drehte sich. Sie lachten noch lauter. Er hatte immer schon gewußt, wie man sein Publikum unterhielt.
    Dann führten sie ihn nach drinnen, gaben ihm Wasser zum Waschen, etwas zu essen. Sie gaben ihm sein zerlumptes Hemd und seine schmutzige Kniehose wieder, nicht aber seinen Rock. In dem Haus war es warm; mehrere Feuer brannten in Abständen an der Wand des langgezogenen Gebäudes, ein jedes mit seinem eigenen Rauchabzug. Er kroch in eine Ecke und schlief ein, eine Hand auf der unebenen Stelle in seiner Hosennaht.
    Nach diesem Empfang behandelten ihn die Mohawk mit allgemeiner Gleichgültigkeit, jedoch ohne große Grausamkeit. Er war der Sklave des Langhauses und stand all seinen Bewohnern zur Verfügung. Wenn er eine Anordnung nicht verstand, so zeigten sie es ihm - einmal. Wenn er sich weigerte oder so tat, als verstünde er nicht, schlugen sie ihn, und er weigerte sich nicht länger. Immerhin bekam er einen gerechten Anteil von ihrem Essen, und man wies ihm einen anständigen Schlafplatz am Ende des Hauses zu.
    Da es Winter war, bestand die Hauptarbeit darin, Holz zu sammeln und Wasser zu holen, obwohl ihn auch dann und wann ein Trupp von Jägern mitnahm, damit er beim Zerlegen der Beute und beim Transport des Fleisches half. Die Indianer bemühten sich nicht sonderlich, mit ihm zu kommunizieren, doch durch aufmerksames Zuhören eignete er sich ein wenig von ihrer Sprache an.

    Er begann mit großer Vorsicht, ein paar Wörter auszuprobieren. Für den Anfang suchte er sich ein kleines Mädchen aus, da von ihr weniger Gefahr auszugehen schien. Sie starrte ihn an und lachte dann, als hätte sie eine Krähe sprechen gehört. Sie rief eine Freundin herbei, damit sie sich das anhörte, dann noch eine, und die drei hockten sich vor ihn hin, lachten leise hinter vorgehaltener Hand und warfen ihm Seitenblicke aus den Augenwinkeln zu. Er sagte alle Wörter auf, die er kannte, und deutete auf die entsprechenden Gegenstände - Feuer, Topf, Decke, Mais - dann zeigte er über sich auf einen Strang mit Fischen und zog die Augenbrauen hoch.
    »Yona’kensyonk« , sagte seine neue Freundin prompt und kicherte, als er es wiederholte. Im Lauf der nächsten Tage und Wochen brachten die Mädchen ihm eine Menge bei; und sie waren es, von denen er schließlich erfuhr, wo er sich befand. Oder nicht exakt, wo, aber doch in wessen Händen.
    Sie waren Kahnyen’kehaka , erklärten sie ihm stolz und machten überraschte Gesichter, weil er es nicht wußte. Mohawk. Hüter des Östlichen Tors des Irokesenbundes. Er dagegen war Kakonhoaerhas . Es bedurfte einer gewissen Zeit der Diskussion, um die genaue Bedeutung dieses Ausdrucks herauszufinden; als eines der Mädchen zur Illustration eine Promenadenmischung herbeischleifte, entdeckte er schließlich, daß es »Hundegesicht« bedeutete.
    »Danke«, sagte er und befühlte seinen dichten Bartwuchs. Er zeigte ihnen seine gefletschten Zähne und knurrte, und sie kreischten vor Lachen.
    Die Mutter eines der Mädchen wurde auf ihn aufmerksam; als sie sah, daß sein Fuß immer noch geschwollen war, brachte sie ihm Salbe, badete ihn und verband ihn dann mit Flechten und Maisblättern. Die Frauen begannen, sich mit ihm zu unterhalten, wenn er ihnen Essen oder Wasser brachte.
    Er unternahm keinen Fluchtversuch; noch nicht. Der Winter hielt das Dorf in seinem Griff; es schneite oft, und der Wind war bitterkalt. Er würde nicht weit kommen, unbewaffnet, lahm und ohne Schutz vor dem Wetter.

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