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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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mich darum gebeten hatte, sondern auch wegen des goldenen Eherings; ich hätte sie überreden können, es Jamie zu erzählen, wenn ich es nur versucht hätte.
    Sie hatte recht; früher oder später würde er sich auf die Jagd nach Bonnet begeben. Doch mein Glaube an seine Erfolgsaussichten war etwas stärker als der ihre. Nein, es war der Ring gewesen, der mich hatte schweigen lassen.
    Warum sollte ich mich deswegen schuldig fühlen? Es gab keine vernünftige Antwort; den Ring zu verstecken, war Instinkt gewesen, keine bewußte Entscheidung. Ich hatte ihn Jamie nicht zeigen, ihn nicht vor seinen Augen wieder anstecken wollen. Und dennoch hatte ich ihn behalten wollen - ihn behalten müssen.
    Es brach mir das Herz, wenn ich an die letzten paar Wochen dachte, daran, wie Jamie sich grimmig voller Einsamkeit und Schuld an die notwendige Wiedergutmachung begab. Das war es schließlich,
warum ich mitgekommen war - weil ich Angst hatte, daß er nicht zurückkehren würde, wenn er allein ging. Angestachelt von Schuld und Mut war es möglich, daß er sich zum Leichtsinn hinreißen ließ; ich wußte, daß er vorsichtig sein würde, wenn er auf mich Rücksicht nehmen mußte. Und die ganze Zeit über hatte er sich nicht nur allein geglaubt, sondern auch gedacht, der einzige Mensch, der ihm Trost hätte bieten können - und sollen -, würde ihm bittere Vorwürfe machen.
    Oh, ja, es fraß ihn auf.
     
    Bei dem Verschlag blieb ich stehen. Das Bord war vielleicht zweieinhalb Meter breit, und er lag ganz hinten; ich konnte kaum mehr von ihm sehen als eine Auswölbung unter einer Kaninchenfelldecke. Er lag ganz still, doch ich wußte, daß er nicht schlief.
    Ich kletterte auf das Podest, und als ich mich sicher in der Dunkelheit des Verschlages befand, schlüpfte ich aus meinen Kleidern. In dem Langhaus war es einigermaßen warm, doch meine nackte Haut zog sich zusammen und meine Brustwarzen verhärteten sich. Meine Augen hatten sich an das gedämpfte Licht gewöhnt; ich konnte sehen, daß er mir zugewandt auf der Seite lag. Ich erspähte den Glanz seiner Augen in der Dunkelheit, sie waren offen und beobachteten mich.
    Ich kniete mich hin und glitt unter die Decke, das weiche Fell auf meiner Haut. Ohne großartig darüber nachzudenken, drehte ich mich zu ihm um, preßte meinen nackten Körper an ihn und vergrub mein Gesicht an seiner Schulter.
    »Jamie«, flüsterte ich ihm zu. »Mir ist kalt. Komm und wärme mich. Bitte.«
     
    Er drehte sich zu mir um, wortlos, mit einer stummen Heftigkeit, die ich sonst vielleicht für den Hunger lange unterdrückter Sehnsucht gehalten hätte - doch die ich jetzt als schlichte Verzweiflung erkannte. Ich suchte keine Lust für mich selbst; ich wollte ihm nur Trost spenden. Doch als ich mich ihm öffnete, ihn drängte, öffnete sich auch in mir eine tiefe Quelle, und ich klammerte mich mit einer plötzlichen Not an ihn, die genauso blind und verzweifelt war wie seine eigene.
    Erschauernd hingen wir fest aneinander, die Köpfe im Haar des anderen vergraben, unfähig, einander anzusehen, unfähig, loszulassen. Als das Zucken erstarb, wurde ich mir langsam der Welt bewußt, die uns in unserer Sorge umgab, und begriff, daß wir nackt und hilflos unter Fremden lagen, nur durch die Dunkelheit abgeschirmt.

    Und doch waren wir völlig allein. Wir genossen die Isolation von Babel; am anderen Ende des Langhauses unterhielt sich jemand, doch die Worte ergaben keinen Sinn. Es hätte genausogut das Summen von Bienen sein können.
    Der Rauch des eingedämmten Feuers wehte außen an der Zuflucht unseres Bettes vorbei, duftend und substanzlos wie Weihrauch. Innerhalb des Verschlages war es so dunkel wie in einem Beichtstuhl; alles, was ich von Jamie sehen konnte, war die schwache Lichtkurve, die seine Schulter umrandete, ein vorübergehendes Leuchten in seinen Locken.
    »Jamie, es tut mir leid«, sagte ich. »Du bist nicht schuld gewesen.«
    »Wer denn sonst?« sagte er ziemlich trostlos.
    »Wir alle. Niemand. Stephen Bonnet selbst. Aber nicht du.«
    »Bonnet?« Seine Stimme war vor Überraschung ausdruckslos. »Was hat er damit zu tun?«
    »Na ja… alles«, sagte ich verblüfft. »Äh… etwa nicht?«
    Er rollte sich halb von mir herunter und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
    »Stephen Bonnet ist ein hinterhältiges Geschöpf«, sagte er sorgfältig, »und ich werde ihn bei der nächsten Gelegenheit umbringen. Aber mir ist nicht klar, wie ich ihm mein eigenes menschliches Versagen vorwerfen

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