Der Ruf Der Trommel
Jamie Roger mit plötzlicher Anerkennung an.
»Also habt Ihr versucht, sie zu beschützen?«
Roger nickte, und eine gewisse Erleichterung verringerte die Anspannung in seinen Schultern.
»Dann versteht Ihr mich?«
»Aye, das tue ich. Das ist das erste Mal, daß ich etwas höre, was mir eine gute Meinung von Euch gibt, Sir.«
Es war eine Meinung, die ich im Moment nicht teilte.
»Du hast das gefunden - und es ihr nicht gesagt?« Ich konnte spüren, wie mir das Blut in die Wangen stieg.
Roger sah meinen Gesichtsausdruck und wandte den Blick ab.
»Nein. Sie… sie hat es so gesehen wie du, fürchte ich. Sie hat gedacht - na ja, sie hat gesagt, ich hätte sie verraten, und…«
»Das hast du auch. Sie und uns! Von allen - Roger, wie konntest du so etwas tun .«
»Er hat das Richtige getan«, sagte Jamie. »Schließlich -« Ich unterbrach ihn und fuhr ihn heftig an.
»Das hat er nicht ! Er hat es ihr wissentlich vorenthalten und versucht, sie davon abzubringen - begreifst du denn nicht, daß du sie niemals zu Gesicht bekommen hättest, wenn es ihm gelungen wäre?«
»Aye, doch. Und was ihr zugestoßen ist, wäre niemals geschehen.« Seine Augen waren tiefblau und reglos auf die meinen gerichtet. »Ich wünschte, es wäre so gewesen.«
Ich schluckte meinen Schmerz und meine Wut hinunter, bis ich glaubte, wieder sprechen zu können, ohne dabei zu ersticken.
»Ich glaube nicht, daß sie wünschte, es wäre so gewesen«, sagte ich leise. »Und es war ihre Entscheidung.«
Roger fiel ein, bevor Jamie antworten konnte.
»Ihr sagt, was ihr zugestoßen ist, wäre niemals - ihre Schwangerschaft?« Er wartete nicht auf eine Antwort; er hatte sich offenbar so weit von dem Schock der Nachricht erholt, daß er wieder denken konnte, und er kam rapide zu denselben unangenehmen Schlußfolgerungen, die Brianna ein paar Monate zuvor gezogen hatte. Er fuhr mit dem Kopf zu mir herum, die Augen vor Schreck geweitet.
»Sie ist im siebten Monat. Himmel! Sie kann nicht zurück!«
»Jetzt nicht mehr«, sagte ich mit bitterer Betonung. »Sie hätte es gekonnt, als sie es herausfand. Ich habe versucht, sie zur Rückkehr nach Schottland zu bewegen, oder zumindest zu den Westindischen Inseln - da gibt es noch eine… Öffnung. Aber sie wollte nicht. Sie wollte nicht gehen, ohne herauszufinden, was aus dir geworden war.«
»Was aus mir geworden war«, wiederholte er und sah Jamie an. Jamies Schultern spannten sich an, und er biß die Zähne zusammen.
»Aye«, sagte er. »Es ist meine Schuld, daran ist nichts zu machen. Sie sitzt hier in der Falle. Und ich kann nichts für sie tun - außer, Euch wieder zu ihr zu bringen.« Und das, so begriff ich, war der Grund, warum er Roger nichts hatte sagen wollen; aus Angst, daß Roger sich weigern würde, mit uns zurückzukehren, wenn er begriff, daß Brianna in der Vergangenheit festsaß. Ihr in die Vergangenheit zu folgen, war eine Sache; für immer mit ihr hierzubleiben, war etwas ganz anderes. Es waren auch nicht allein seine Schuldgefühle in bezug auf Bonnet gewesen, die Jamie auf dem Weg hierher verzehrt hatten; jener Spartanerjunge, an dessen Eingeweiden ein Fuchs nagte, hätte in ihm sofort einen Seelenverwandten erkannt, dachte ich, während ich ihn zärtlich ansah und gleichzeitig dem Verzweifeln nah war.
Roger sah ihn an. Ihm fehlten die Worte.
Bevor ihm welche einfallen konnten, näherte sich das Geräusch raschelnder Schritte der Hüttentür. Die Klappe hob sich, und eine große Anzahl Mohawk trat nacheinander ein.
Wir sahen sie erstaunt an; es waren ungefähr fünfzehn, Männer, Frauen und Kinder, alle reisefertig mit Leggings und Pelzen bekleidet. Eine der älteren Frauen hielt eine Babytrage. Sie ging ohne Zögern auf Roger zu und drückte sie ihm in die Arme, während sie etwas auf Mohawk sagte.
Er sah sie stirnrunzelnd an, denn er verstand sie nicht. Jamie war plötzlich hellwach. Er beugte sich zu ihr hinüber und sprach ein paar stockende Worte. Sie wiederholte ungeduldig, was sie gesagt hatte, blickte dann hinter sich und winkte einem jungen Mann.
»Du bist… Priester«, sagte er stockend zu Roger. Er deutete auf die Babytrage. »Wasser.«
»Ich bin kein Priester.« Roger versuchte, der Frau das Tragebrett zurückzugeben, doch sie weigerte sich, es zu nehmen.
»Pries«, sagte sie entschlossen. »Tauf.« Sie winkte einer der jungen Frauen, die jetzt vortrat, eine kleine, mit Wasser gefüllte Hornschale in der Hand.
»Vater Alexandre - er gesagt, du Priester,
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