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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Priestersohn«, sagte der junge Mann. Ich sah Rogers Gesicht unter dem Bart erbleichen.
    Jamie war zur Seite getreten und hatte sich murmelnd in französischem Patois mit einem Mann unterhalten, den er kannte. Jetzt bahnte er sich seinen Weg zu uns zurück.
    »Sie sind der Rest der Gemeinde des Priesters«, sagte er leise. »Der Rat hat sie angewiesen zu gehen. Sie haben vor, zur Huronenmission in Ste. Berthe zu reisen, aber sie hätten gern, daß das Kind getauft wird, falls es unterwegs stirbt.« Er blickte Roger an. »Sie halten Euch für einen Priester.«
    »Offensichtlich.« Roger blickte auf das Kind in seinen Armen hinab.
    Jamie zögerte und blickte auf die wartenden Indianer. Sie standen geduldig mit ruhigen Gesichtern da. Ich konnte nur vermuten, was hinter ihnen lag. Feuer und Tod, Exil - was noch? Das Gesicht der alten Frau, die das Baby getragen hatte, war von Trauer gezeichnet; sie war wohl seine Großmutter, dachte ich.
    »Im Notfall«, sagte Jamie leise zu Roger, »kann jeder Mensch das Amt eines Priesters ausüben.«
    Ich hätte nicht geglaubt, daß Roger noch weißer werden konnte, doch er tat es. Er schwankte kurz, und die Alte streckte alarmiert die Hand aus, um die Babytrage abzustützen.

    Doch er fing sich wieder und nickte der jungen Frau mit dem Wasser zu, damit sie näherkam.
    » Parlez-vous français? « fragte er, und die Köpfe nickten.
    »C’est bien« , sagte er, holte tief Luft und hob die Babytrage in die Höhe, um der Kongregation das Kind zu zeigen. Das Baby, ein pausbäckiger Charmeur mit hellbraunen Locken und goldener Haut, blinzelte schläfrig bei diesem Perspektivenwechsel.
    »Hört die Worte unseres Herrn Jesus Christus«, sagte er in klarem Französisch. »Getreu dem Wort unseres Herrn Jesus und in der Gewißheit, daß er unter uns zugegen ist, taufen wir jene, die er eingeladen hat, die Seinen zu sein.«
    Natürlich, dachte ich, während ich ihn beobachtete. Er war der Sohn eines Priesters, sozusagen jedenfalls; er mußte oft genug gesehen haben, wie der Reverend das Sakrament der Taufe erteilte. Vielleicht erinnerte er sich nicht an die gesamte Meßfeier, doch ihre allgemeine Form schien er zu kennen.
    Er ließ das Baby innerhalb der Kongregation - denn dazu hatte sein Einverständnis sie gemacht - von Hand zu Hand gehen, während er folgte und die einzelnen Anwesenden leise befragte.
    » Qui est votre Seigneur, votre Sauveur? « Wer ist Euer Herr und Retter?
    » Voulez-vous placer votre foi en Lui? « Setzt Ihr Euer Vertrauen in Ihn?
    »Gelobt Ihr, diesem Kind die frohe Botschaft des Evangeliums zu erzählen und alle Gebote Christi und durch Eure Gemeinschaft seine Verbundenheit mit dem Haus Gottes zu stärken?«
    Kopf um Kopf nickte als Antwort.
    » Oui, certainement. Je le promets. Nous le ferons. «Ja, natürlich. Ich verspreche es. Das werden wir.
    Schließlich drehte sich Roger um und gab Jamie das Kind.
    »Wer ist Euer Herr und Retter?«
    »Jesus Christus«, antwortete er ohne Zögern, und das Baby wurde zu mir weitergereicht.
    »Setzt Ihr Euer Vertrauen in Ihn?«
    Ich blickte in das Gesicht der Unschuld und antwortete an seiner Stelle. »Ja.«
    Er nahm die Babytrage, gab sie der Großmutter, tauchte dann einen Lärchenzweig in die Wasserschale und träufelte Wasser über den Kopf des Babys.
    »Ich taufe dich -«, begann er und hielt dann mit einem plötzlichen, panischen Blick zu mir inne.

    »Es ist ein Mädchen«, murmelte ich, und er nickte, während er erneut den Lärchenzweig hob.
    »Ich taufe dich, Alexandra, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.«
     
    Nachdem der kleine Indianertrupp aufgebrochen war, kamen keine Besucher mehr. Ein Krieger brachte uns Brennholz und etwas zu essen, doch er ignorierte Jamies Fragen und ging ohne ein Wort.
    »Glaubst du, daß sie uns umbringen werden?« fragte Roger nach einer Zeit des Schweigens. Sein Mund zuckte, als er zu lächeln versuchte. »Mich umbringen, meine ich wohl. Ihr beide seid wahrscheinlich sicher.«
    Er klang nicht besorgt. Mit einem Blick auf die tiefen Schatten und Falten in seinem Gesicht dachte ich, daß er einfach zu erschöpft war, um noch Angst zu haben.
    »Sie werden uns nicht umbringen«, sagte ich und schob eine Hand durch mein verwirrtes Haar. Ich begriff dumpf, daß ich ebenfalls erschöpft war; ich hatte seit über sechsunddreißig Stunden nicht geschlafen.
    »Ich hatte angefangen, es Euch zu erzählen. Ich habe die letzte Nacht in Tewaktenyonhs Haus verbracht. Der Rat

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