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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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seinen dicken Haarzopf an, um sich den Nacken zu kühlen.
    »In Flandern. Über ein Jahr, bis Ian verwundet und nach Hause geschickt wurde. Wir haben damals im schottischen Söldnerregiment gekämpft, um Fergus mac Leodhas.«
    Ians Augen leuchteten interessiert auf.
    »Hat Fergus - unser Fergus - daher seinen Namen?«
    Sein Onkel lächelte.
    »Aye, ich habe ihn nach mac Leodhas benannt, ein Prachtkerl und ein guter Soldat. Er hat viel von Ian gehalten. Hat dein Vater dir nie von ihm erzählt?«
    Ian schüttelte den Kopf. Seine Stirn war leicht umwölkt.
    »Er hat mir nie etwas erzählt. Ich - ich habe gewußt, daß er sein Bein im Krieg in Frankreich verloren hat - Mama hat es mir gesagt, als ich sie gefragt habe -, aber er selbst wollte nicht darüber sprechen.«
    Da mir Dr. Rawlings’ Beschreibung der Amputation noch lebhaft in Erinnerung war, konnte ich es verstehen, wenn der ältere Ian nicht daran denken wollte.
    Jamie zuckte die Schultern und zog sich das schweißnasse Hemd von der Brust weg.
    »Aye, na ja. Wahrscheinlich wollte er diese Zeit vergessen, nachdem er heimgekommen war und sich in Lallybroch niedergelassen hatte. Und dann…« Er zögerte, aber Ian gab nicht nach.
    »Und dann, Onkel Jamie?«
    Jamie warf seinem Neffen einen Blick zu und lächelte schief.

    »Hm, ich glaube, er wollte nicht zu viele Kriegsgeschichten erzählen, damit ihr Jungs nicht auf dumme Gedanken kommt und selber Soldaten werden wollt. Er und eure Mutter haben sich wahrscheinlich etwas Besseres für euch gewünscht, aye?«
    Ich fand, daß der ältere Ian weise gehandelt hatte, doch der Gesichtsausdruck seines Sohnes verriet, daß er sich nichts Aufregenderes als kämpfen und Krieg vorstellen konnte.
    »Da steckt bestimmt Mama dahinter«, sagte Ian angewidert. »Wenn ich sie ließe, würde sie mich in Wolle packen und mich an ihren Rockzipfel binden.«
    Jamie grinste.
    »Wenn du sie ließest, aye? Glaubst du, daß sie dich in Wolle pakken und mit Küssen überhäufen würde, wenn du jetzt zu Hause wärst?«
    Ian hörte auf, den Verächtlichen zu mimen.
    »Bestimmt nicht«, gab er zu. »Ich glaube, sie würde mir das Fell über die Ohren ziehen.«
    Jamie lachte.
    »Du hast ja doch ein bißchen Ahnung von Frauen, wenn auch nicht so viel, wie du glaubst.»
    Ian blickte skeptisch von seinem Onkel zu mir und wieder zurück.
    »Und du weißt wahrscheinlich alles über Frauen, was, Onkel Jamie?«
    Ich zog eine Augenbraue hoch und forderte ihn zu einer Antwort heraus, doch Jamie lachte nur.
    »Ein kluger Mann kennt die Grenzen seines Wissens, Ian.« Er bückte sich und küßte mich auf die feuchte Stirn, um sich dann wieder an seinen Neffen zu wenden und hinzuzufügen: »Obwohl ich wünschte, deine Grenzen wären etwas weiter gesteckt.«
    Ian zuckte die Achseln und machte ein gelangweiltes Gesicht.
    »Ich will doch gar kein feiner Herr werden. Der junge Jamie und Michael können schließlich auch kein Griechisch, und sie kommen gut zurecht.«
    Jamie rieb sich die Nase und betrachtete seinen Neffen nachdenklich.
    »Jamie hat Lallybroch. Und Michael hat es bei Jared in Paris gut getroffen. Für sie ist gesorgt. Wir haben für sie getan, was wir konnten, aber wir hatten verdammt wenig Geld für Reisen oder Schulen, als sie erwachsen wurden. Sie hatten nicht viele Möglichkeiten, aye?«
    Er stieß sich von der Reling ab und richtete sich auf.

    »Aber es ist nicht das, was deine Eltern für dich im Sinn haben, wo es jetzt bessere Möglichkeiten gibt. Sie sähen gern, daß du ein Mann von Bildung und Einfluß wirst; ein duine uasal , vielleicht.« Ich hörte diesen gälischen Ausdruck nicht zum ersten Mal, wörtlich »ein Mann von Wert«. Es war die Bezeichnung für Großpächter und Gutsherren, Männer mit Besitz und Gefolge, über denen in der Hierarchie der Hochlandclans nur noch die Clanoberhäupter standen.
    Ein Mann, wie Jamie einer gewesen war, vor dem Aufstand. Jetzt nicht mehr.
    »Mmpf. Und du, bist du geworden, was deine Eltern wollten, Onkel Jamie?« Ian sah seinen Onkel kühl an, und nur ein wachsames Zucken seiner Augen zeigte an, daß er wußte, auf welch gefährlichem Terrain er sich bewegte. Jamie war in der Tat dazu bestimmt gewesen, duine uasal zu werden; Lallybroch hatte rechtmäßig ihm gehört. Er hatte den Besitz nur deshalb Jennys Sohn Jamie überschrieben, um zu verhindern, daß er von der Krone konfisziert wurde.
    Jamie starrte ihn einen Augenblick lang an und rieb sich dann mit dem Knöchel über die Oberlippe, bevor

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