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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Besitzer, und darunter war ein großes T in das Kiefernholz eingebrannt.
    »Genau«, stimmte Kapitän Freeman zu. Er blinzelte im hellen Sonnenlicht und wedelte sich mit der Hand vor der Nase herum, als könnte er so den Gestank vertreiben. »Um diese Jahreszeit kommen die Pechkocher aus dem Hinterland. Pech, Terpentin, Teer - verschiffen alles auf Kähnen nach Wilmington und schicken es von dort zu den Werften nach Charleston.«
    »Ich glaube nicht, daß es nur Terpentin ist«, sagte Jamie. Er wischte sich mit einem Taschentuch über den Nacken und deutete auf das größte Lagerhaus, dessen Tor von rotberockten Soldaten flankiert war. »Riechst du es, Sassenach?«
    Ich holte vorsichtig Luft. Es lag tatsächlich noch ein anderer Geruch in der Luft, scharf und vertraut. »Rum?« sagte ich.
    »Und Branntwein. Und außerdem noch etwas Portwein.« Jamies lange Nase zuckte, empfindsam wie die eines Mungos. Ich sah ihn amüsiert an.

    »Du kannst es immer noch, stimmt’s?« Zwanzig Jahre zuvor hatte er in Paris die Weinhandlung seines Vetters Jared geführt, und seine Nase und sein Gaumen hatten bei allen Weinproben für Staunen gesorgt.
    Er grinste.
    »Na, ich könnte wohl immer noch einen Moselwein von Pferdepisse unterscheiden, wenn man ihn mir genau unter die Nase hält. Aber Rum von Terpentin zu unterscheiden ist keine große Kunst, oder?«
    Ian sog die Lunge mit Luft voll und stieß sie hustend wieder aus.
    »Riecht alles gleich für mich«, sagte er kopfschüttelnd.
    »Gut«, sagte Jamie. »Dann kriegst du Terpentin, wenn ich dir das nächste Mal einen ausgebe. Das wird dann viel billiger.«
    Und im Schutz des allgemeinen Gelächters, das diese Bemerkung auslöste, fügte er hinzu: »Terpentin ist sowieso das einzige, was ich mir im Moment leisten kann.« Er richtete sich auf und strich sich die Rockschöße glatt. »Wir sind bald da. Sehe ich sehr wie ein Bettler aus, Sassenach?«
    Die Sonne glühte auf seinem ordentlich zusammengebundenen Haar, sein Profil hob sich scharf vom Gegenlicht ab, und ich persönlich fand, daß er umwerfend aussah - doch ich hatte den leisen, ängstlichen Unterton in seiner Stimme gehört und wußte nur zu gut, was er bedeutete. Er mochte keinen Pfennig besitzen, doch er hatte nicht vor, auch danach auszusehen.
    Mir war klar, daß es seinem Stolz beträchtlich zusetzte, als armer, bettelnder Verwandter bei seiner Tante anzuklopfen. Die Tatsache, daß ihm diese Rolle aufgezwungen worden war, machte es nicht leichter.
    Ich betrachtete ihn sorgfältig. Rock und Weste waren nicht aufsehenerregend, aber dank Vetter Edwin völlig akzeptabel: ein unauffälliger, grauer Wollstoff von guter Qualität und Paßform, die Knöpfe nicht aus Silber, jedoch auch nicht aus Holz oder Knochen - nüchternes Zinn wie bei einem wohlhabenden Quäker.
    Nicht, daß er ansonsten auch nur die geringste Ähnlichkeit mit einem Quäker gehabt hätte. Sein Leinenhemd war ziemlich schmuddelig, doch solange er den Rock anbehielt, würde es niemand merken, und der fehlende Westenknopf wurde durch den eleganten Fall seines Spitzenjabots verdeckt, der einzigen Extravaganz, die er sich bei seiner Kleidung genehmigt hatte.
    Seine Strümpfe waren in Ordnung: blaßblaue Seide, keine sichtbaren Löcher. Die weißen Leinenkniehosen waren eng, aber nicht unanständig - nicht direkt unanständig - und einigermaßen sauber.

    Die Schuhe waren der einzige Makel an seiner Garderobe, wir hatten keine Zeit gehabt, welche anfertigen zu lassen. Seine alten waren solide, und ich hatte mein möglichstes getan, ihre Schrammen mit einer Mischung aus Ruß und Bratenfett zu tarnen, doch sie waren immer noch die Schuhe eines Bauern, nicht die eines feinen Herrn, aus grobem Leder geschustert, mit starken Sohlen und Schnallen aus schlichtem Horn. Allerdings bezweifelte ich, daß seine Tante Jocasta ihm als erstes auf die Füße schauen würde.
    Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihm das Jabot geradezuziehen, und strich ihm eine lose Daunenfeder von der Schulter.
    »Es wird schon gutgehen«, flüsterte ich ihm zu. »Du siehst schön aus.«
    Er machte ein aufgeschrecktes Gesicht, dann wich sein Ausdruck grimmiger Distanz einem Lächeln.
    » Du siehst schön aus, Sassenach.« Er beugte sich zu mir herüber und küßte mich auf die Stirn. »Du hast rote Wangen wie ein Äpfelchen, wirklich hübsch.« Er richtete sich auf, warf Ian einen Blick zu und seufzte.
    »Was Ian betrifft, vielleicht kann ich ihn als Leibeigenen ausgeben, den ich mir als

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