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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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»Mimung!«, rief sie zornig aus.
    Rodinger machte ein unglückliches Gesicht. Die ganze Sache war ihm entsetzlich unangenehm. Gunter hatte ihm zum Dank für seine Brautwerberdienste Sigfrids Schwert geschenkt; er schien froh, es los zu sein. Es war ein königliches Geschenk, jeder wusste, dass dieses Schwert Heil in sich trug, dennoch hatte Rodinger sich unbehaglich gefühlt, sobald er das Metall berührte. Da war etwas Gieriges in dem Schwert, ein unguter, nur halb vollendeter Zauber. Er konnte spüren, wie die Klinge nach Blut lechzte. Mimung war eindeutig ungezähmt, ein Schwert mit Kraft und Mut, aber ohne Ehre, im wahrsten Sinne des Wortes ein zweischneidiges Geschenk. Rodinger hätte es lieber abgelehnt, aber das ging nicht, ohne seinen Gastgeber zu beleidigen.
    »Es war der Wunsch Eures Bruders, mir das Schwert zu geben«, sagte er entschuldigend. Grimhild sah ihn scharf an, als wolle sie ins Innerste seiner Seele dringen. Rodinger konnte nicht anders, als sie in Gedanken mit Ercha, Attalas erster Frau, zu vergleichen. Beide Frauen waren stolz und schön, aber die Unnachgiebigkeit, die er in Grimhilds Augen fand, hatte Ercha gefehlt. Sie war eine sanfte Frau gewesen, der Tod ihrer Söhne hatte ihr den Lebenswillen genommen. Sigfrids Tod hingegen hatte in Grimhild etwas geweckt, etwas Dunkles, Unmenschliches. Etwas, das er nicht einmal von weitem sehen wollte. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, Attala von ihr zu erzählen.
    Die Niflunge beendete ihre Musterung und nickte. »Es ist schon in Ordnung«, sagte sie. »So lange es keiner aus Aldrians Sippe trägt, soll es mir recht sein.«
    Erleichtert atmete Rodinger auf. »Ich bringe gute Nachricht«, sagte er hastig, um das Thema zu wechseln. »Euer Bruder ist mit der Ehe einverstanden.«
    »Ich danke Euch«, erwiderte Grimhild. Ihr Blick verirrte sich in den Hügeln, ihre Finger bewegten sich unablässig umeinander.
    Er hielt es für Unsicherheit, und weil er ein gutherziger Mann war, nahm er ihre Hände und sagte sanft: »Fürchtet Euch nicht! Ihr müsst keine Angst haben, allein unter Fremden zu sein. Wenn Ihr einen Freund braucht, werde ich immer für Euch da sein.«
    Seine Worte taten ihr wohl; zum zweiten Mal bot ihr jemand Freundschaft und Hilfe an. »Außer meinem Vetter seid Ihr der Einzige, der ein freundliches Wort für mich hat. Dafür danke ich Euch.«
    Rodinger legte die Hand auf Sigfrids Schwert. »Vertraut mir! Ich schwöre auf dieses Schwert, dass ich Euch zu Diensten sein will, solltet Ihr je meiner Hilfe bedürfen. Wenn Euch jemand kränkt oder sonst ein Weh zufügt, will ich es ihn entgelten lassen.«
    Ihre Züge wurden weich. Fast war ihr wieder so leicht ums Herz wie früher.
    »Morgen reite ich zu König Attala zurück, um ihm die frohe Kunde zu überbringen«, fuhr Rodinger fort. »Habt Ihr noch eine Botschaft für meinen König?«
    Grimhilds Blick war in die Ferne gerichtet. Die Sonne schien mit unverminderter Kraft. Der Himmel erstrahlte in klarem Blau. Ein Bergfink aus dem Norden, der hier überwinterte, ließ einen munteren Gesang ertönen. Grimhild bemerkte nichts davon. Was sie sah, war nicht von dieser Welt. »Sagt ihm, ich komme nicht, um Königin Ercha aus seinem Herzen zu vertreiben«, meinte sie. »Sagt ihm, ich hoffe im Gegenteil, dass wir uns gegenseitig helfen, unsere Erinnerungen am Leben zu erhalten.«

V
Altweibersommer 488

Schicksalsrunen
1
    Agilhard, der Skop, war genau der richtige Mann für einen Botengang, stattlich, redegewandt, selbstsicher. Vollendet verbeugte er sich vor Gunter und seinen Brüdern. »Mein Gefolgsherr Attala und Eure Schwester lassen Euch Grüße ausrichten. Sie senden Geschenke und hoffen, dass Ihr und das Land sich wohl befinden.«
    Der Niflungenkönig dankte und hieß Agilhard Platz nehmen. »Wie geht es unserer Schwester? Ist sie glücklich?«
    »Ihr Leid ist zerstreut wie der Schnee im Mai.« Eine gewisse Gespreiztheit in der Wortwahl des Skopen ließ sich nicht verleugnen, sie verriet den Sänger. »In den sechs Jahren, die sie nun an Attalas Seite lebt, habe ich sie stets fröhlich gesehen. Nichts trübt ihr Glück, abgesehen von dem Verlangen, ihre Sippe wiederzusehen. In Aldrian, dem Sohn, den Attala mit ihr zeugte, fließt auch das Blut der Niflungen. Es ist ihr größter Wunsch, dass Ihr die Seele und das Heil Eures Vaters begrüßt, die in dem Knaben weiterleben.«
    Die Niflungenbrüder erkundigten sich höflich nach dem Gedeihen des Hunenlandes und nach Attalas Befinden, und

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