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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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Darüber hinaus hatte er auf seinem rechten Ohr gelegen, und die verfluchte Taubheit seines linken Ohres trug die Schuld daran, dass er das Pferd nicht gehört hatte. Eine solche Unvorsichtigkeit konnte ihn eines Tages das Leben kosten. Er musste Rodingers Frau bitten, ihm wieder einmal diesen Sud aus erwärmter Galle und nüchternem Harn ins Ohr zu träufeln. Eckewart pfiff nach seinem Pferd, das in der Nähe graste, und schwang sich hinauf.
    »Reitet zu Rodinger und sagt ihm, die Niflungen kämen und bäten um ein Nachtquartier«, wies Hagen ihn an. »Sagt ihm, König Gunter ist durchnässt und würde ein warmes Feuer und frische Kleidung begrüßen.«
    »Auf wie viele Leute soll mein Herr sich einstellen?«
    »Wir sind etwa tausend Krieger.«
    Eckewarts Augen wurden größer. Tausend Mann? Das sah mehr nach einem Kriegszug denn nach einem Freundschaftsbesuch aus. Er wollte lieber nicht wissen, welche Überlegungen den Niflungenkönig dazu bewogen hatten, ein solches Heer mit sich zu führen. Ebenso wenig hegte er Verlangen danach, länger als nötig in der Gesellschaft des Einäugigen zu verweilen, also nickte er nur und machte, dass er davonkam.
     
    Im Licht der untergehenden Sonne erreichten die Niflungen Rodingers Burg. Es war deutlich zu merken, dass sie sich nun auf der anderen Seite des Rheins befanden. Bestand das Hauptgebäude auch aus Stein, so machte doch alles einen ärmlichen Eindruck. Burg Bakalar war nichts als ein befestigter Hof mit drei Häusern, einem Stall und einem Speicher, die von einem steinernen Wall umgeben waren. Es würde einem Großteil der Männer nichts weiter übrig bleiben, als im Freien zu nächtigen. Rodinger hatte bereits Anweisung gegeben, Stall und Speicher zur Unterbringung der Gäste freizuräumen und Essen an die Ankommenden zu verteilen. Außerdem ließ er Feuer im Hof entfachen, an denen die Kleider getrocknet werden konnten. Herzlich begrüßte er Gunter und seine Brüder und bat sie ins Haus.
    Gudelinde hatte dafür gesorgt, dass Wein und Essen bereitstanden und ein helles Feuer brannte, das die Kälte vertrieb. Gunter und Gernholt setzten sich mit Hagen zu Rodinger an den Tisch, während die beiden Unfreien, die zum Haushalt gehörten, bestrebt waren, es den Gästen behaglich zu machen.
    Gislher hielt nach einem ganz bestimmten Haarschopf Ausschau, doch als Dietlind dann vor ihm stand, war er verwirrt. Er erinnerte sich an ein lebhaftes junges Mädchen mit Sommersprossen und Pausbacken. Sommersprossen hatte sie immer noch, aber die Pummeligkeit war verschwunden. Und auch sonst   …
    Ehe er noch etwas sagen konnte, ergriff sie seine Hand. »Kommt mit, ich möchte Euch etwas zeigen!« Sie lief mit ihm aus dem Haus, vorbei an den Gefolgsleuten Gunters, die um die Feuer saßen und sich unterhielten oder ein Spiel mit dem talus , dem vierseitigen astragal aus dem Fußwurzelknochen eines Schafes, spielten. Erst zwischen den Bäumen des nahen Waldes hielt sie an. »Ich habe eine gesehen!«, platzte sie heraus, und selbst im Dunkeln konnte er erkennen, wie ihr Gesicht strahlte.
    »Wen habt Ihr gesehen?«
    »Eine Najade.«
    »Dietlind, das ist   … das ist wunderbar! Ich freue mich so für Euch!«
    Sie führte ihn zu einem Teich, den man in einem knappen Dutzend Schritten umrunden konnte. »Es war beim Kräuterpflücken«, erzählte sie. »Ich hatte Durst und beugte mich über das Wasser, um zu trinken, und für einen Moment sah ich sie. Sie war so, wie ich sie mir vorgestellt hatte: licht und rein und strahlend. Dann änderte sich der Einfall der Sonnenstrahlen, und es war nur noch mein eigenes Spiegelbild, das ich sah. Aber ich schwöre, einen Herzschlag lang hat sie mir direkt in die Augen gesehen!« Sie schwieg, überwältigt von ihrer Erinnerung. »Die Seele einer Quelle zu erblicken, erfüllt einen für das ganze Leben mit Freude und Zuversicht«, flüsterte sie. »Es ist, als hätte die Erde selbst mich berührt. Seitdem komme ich immer hierher, wenn ich Kummer habe, und bringe der Nymphe ein Opfer dar. Ich habe sie nie wiedergesehen, aber ich fühle, dass sie da ist und mir zuhört.« Plötzlich kam sie sich albern vor, den Bruder eines Königs mit ihren kleinen Freuden zu behelligen. Ob er sie heimlich auslachte?
    »Wie schön, dass Euer sehnlichster Wunsch sich erfüllt hat!«, sagte er.
    »Ich   … ich habe die Quelle noch nie jemandem gezeigt.«
    Gislher war tief bewegt. »Danke«, sagte er. »Danke für Euer Vertrauen.«
    Eine Weile wussten beide nichts zu

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