Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
Vom Netzwerk:
sagen. »Wollen wir uns nicht setzen?«, fragte er schließlich. Gemeinsam ließen sie sich auf dem Moos nieder. Zum ersten Mal seit Sigfrids Tod fand Gislher wieder so etwas wie Frieden in seiner Seele. Die schlichte Tatsache, dass Dietlind ihr Geheimnis mit ihm geteilt hatte, öffnete sein Herz. Durch sie, das spürte er, könnte er wieder vertrauen lernen.
    »Ich hoffe, auch Euer sehnlichster Wunsch geht bald in Erfüllung«, sagte sie.
    Er lächelte. »Ich glaube jedenfalls immer noch, dass die Nornen Großes mit mir vorhaben. Bislang hatte ich kaum Gelegenheit, meinen Mut zu beweisen, aber ich spüre die Kraft des Heils in mir, und ich werde mich davon leiten lassen. Nach dieser Reise werde ich meine Sippe verlassen und mir einen Namen machen.« Er hatte noch mit niemandem über seine Pläne gesprochen, ja, bis eben hatte er selbst nicht einmal gewusst, was für Pläne das waren. Aber die Anwesenheit dieses Mädchens schenkte ihm plötzlich die Gewissheit, dass er eine verheißungsvolle Zukunft vor sich hatte. Angesichts ihrer Blicke verspürte er den Wunsch, Großes zu vollbringen, etwas zu erschaffen, ein Reich zu gründen, ein Gefolgschaftsheer, eine Familie   … Blut schoss ihm ins Gesicht. Hoffentlich erriet sie seine Gedanken nicht!
    »Ich weiß, wie tapfer Ihr seid, auch ohne einen Beweis«, meinte sie. »Auch mein Vater hält viel von Euch.«
    »Wirklich?«, fragte er erfreut. Rodinger von Bakalar galt als verständiger Mann, sein Urteil war ihm nicht gleichgültig.
    »Er sagt, Ihr habt eine große Zukunft. Er schätzt Euch, und   … und ich auch.« Von Ferne hörten sie Gudelinde rufen. Dietlind verdrehte die Augen. »Mutter denkt immer, ich gehe jeden Augenblick verloren. Manchmal ist sie schlimmer als eine Glucke.«
    »Wie gut, dass wir sie nicht gehört haben«, sagte Gislher. Die beiden sahen sich an und kicherten. Sie ist immer noch lebhaft , dachte er. Immer noch ausgelassen wie ein Kind. Aber ganz entschieden eine Frau, oh ja! Hübsch war sie geworden, hochgewachsen und wohlgestalt   …
    Sie entdeckte plötzlich das Amulett mit der Sonnenrune um seinen Hals. »Ihr tragt es immer noch«, sagte sie überrascht.
    »Es erinnert mich an Euch. An Euch und das Mittsommerfest.«
    »Auch ich habe oft daran gedacht. Ihr habt für mich das Heilige Feuer entzündet. Ihr habt Eure Flamme mit mir geteilt.«
    Sie suchte seine Augen. Der Mond beleuchtete sie, und er erinnerte sich wieder an das goldene Licht, das er bei jenem Fest um sie herum gesehen hatte.
    Scheu senkte sie die Lider. Vorhin hatte sie impulsiv reagiert und ihn wie den einstigen Freund aus Kindertagen behandelt. Aber das war er nicht mehr. Er war Gislher, Bruder des Königs der Niflungen und   … ein Mann. Dietlind spürte, wie sie bei dem Gedanken erglühte und hoffte, dass er es im Mondlicht nicht bemerkte. »Habt Ihr immer noch vor, nie zu heiraten?«, versuchte sie zu scherzen.
    »Ich erinnere mich, etwas derartig Dummes gesagt zu haben. Wenn Liebe zwischen mir und einer Frau ist, würde ich gern heiraten. Eine kluge Frau hat mir einmal gesagt, dass das megin aus einer solchen Verbindung sehr stark sei.«
    »Hat   … Euer Bruder schon eine Gemahlin für Euch gewählt?«, fragte sie, und ihr Herz klopfte so laut, dass sie sicher war, er müsse es hören.
    Gislhers Gesicht verfinsterte sich. »Ich werde meine eigene Wahl treffen. Und es wäre besser für meinen Bruder, wenn er mir nicht widerspricht.«
    Dietlind wickelte eine Strähne ihres Haares um den Finger. Warum war er plötzlich so verärgert? Hatte sie etwas Falsches gesagt? Sie sandte eine stumme Bitte an die Quellnymphe, obwohl sie wusste, dass die Bitte töricht war.
    »Und Ihr?«, erkundigte er sich. »Mit wem will Euer Vater Euch verheiraten?«
    »Wohl sind einige Namen gefallen. Aber ich glaube, wenn   … wenn ich einen Krieger lieb gewänne und sein Weib werden wollte   … würde mein Vater zustimmen.«
    »Und   … gibt es einen solchen Mann in Eurem Leben?«
    Dietlind konnte kaum sprechen. Endlich nickte sie, wandte ihr Gesicht der Quelle zu, um ihn nicht ansehen zu müssen, und sagte: »Ich weiß, dass Ihr der Bruder eines mächtigen Königs seid und ich nur die Tochter eines Gefolgsmannes, aber ich   … wenn Ihr wollt   …«
    Gislher fühlte einen mächtigen Druck, der ihm schier die Brust zu sprengen schien. »Dietlind   … wollt Ihr mein Weib werden?«
     
    Die Menschen in Rodingers Burg waren guter Dinge, einige sangen Schlachtenlieder, andere hatten

Weitere Kostenlose Bücher