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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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ergriff das Wort. »Ehe das geschieht, soll mancher Helm zerhauen und manches Blut vergossen werden. Wie Ihr seht, kommen wir nicht allein. Es gehört viel Heil dazu, tausend Niflungen zu besiegen.«
    »Mag sein. Aber Grimhild hat alle wehrfähigen Männer Attalas zu einem Fest eingeladen. Vielleicht tragen diese Krieger genug Heil in sich, um der Untergang von tausend Niflungen zu sein. Doch einerlei, nun seid Ihr da, und wir wollen nicht weiter von Unglück reden. So lange wir wachsam sind, wird nichts geschehen, denn eins ist sicher, König Attala betrachtet Euch als Gäste.«
    Er wendete sein Pferd, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Schon von weitem begrüßte sie das Gebell der Haushunde, die sich um die Abfälle der letzten Mahlzeit stritten. Susat bestand im Wesentlichen aus umwehrten Höfen, die notfalls einzeln verteidigt werden mussten, da der Ort keine Stadtmauer besaß. Attalas Haus und die Große Halle waren aus Stein, die meisten anderen aus Holz. Brunnen konnte Gunter nirgends entdecken, dafür aber Zisternen, flache, mit Holzbohlen ausgekleidete Becken. Attalas Krieger, Hunen und Friesen, die mit der Kornernte beschäftigt waren, ließen ihre Sicheln sinken und riefen ihnen freundliche Grüße zu. Der König selbst kam ihnen entgegen, um sie willkommen zu heißen.
    Attala war nicht mehr der Jüngste. Sein schwarzes Haar war dünn wie sein Bart, und ein Netz von Falten überzog sein Gesicht. Doch seine Züge wirkten so scharf, als seien sie von einem Runenmeister geschnitzt.
    Neben ihm ritt Osid, der Sohn seines älteren Bruders, der über Friesland herrschte. Attalas Neffe konnte seinen nordischen Einschlag nicht leugnen. Wenn er auch für einen Friesen eher klein geraten war, genügte es doch, um einem Franken imposant zu erscheinen.
    Falls Attala sich über die Anzahl der Niflungenkrieger wunderte, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Überschwänglich empfing er Gunter und seine Brüder, und die beiden Könige tauschten Geschenke aus.
    Mit einer Mischung aus Ungeduld und Entsetzen hatte Grimhild der Ankunft ihrer Sippe entgegengesehen. Ihr Herz schwirrte von widerstreitenden Gefühlen. Noch als sie den Lärm der ankommenden Gäste hörte, war sie mehr verstört als entschlossen. Doch sobald sie ihren Erzfeind erblickte, bekamen die Dämonen der Vergangenheit Macht über sie. Hagen! Sein Anblick weckte die Angst in ihrer wildesten Gestalt und erfüllte sie mit mehr Hass, als ein einzelner Mensch tragen konnte, zugleich aber auch mit einer dunklen Freude. Es war ein ekstatisches Gefühl, das ihr Kraft verlieh.
    Gunter war erschrocken über das Aussehen seiner Schwester. Weder ihre frisch gewaschenen Haare noch ihre königliche Kleidung konnten darüber hinwegtäuschen, dass sie nur mehr ein Schatten ihrer selbst war. Vermutlich sorgten ihre Dienerinnen für ein Mindestmaß an Pflege; sie selbst machte nicht den Eindruck, als kümmere sie ihr Zustand. Ihre Lippen waren zerbissen, ihre Haut zerkratzt, die Wangen eingefallen. Selbstvergessen bewegte sie die Lippen, als rede sie mit jemandem, den nur sie sehen konnte. Es war ihm schleierhaft, wie Agilhard sie als glücklich hatte beschreiben können, selbst wenn er nicht wusste, wie sie früher einmal gewesen war.
    Hagen hatte sich innerlich gewappnet, doch der Leidenschaft von Grimhilds Hass hatte er nichts entgegenzusetzen. Auch war ihm entfallen, welche Gewalt ihre Augen besaßen. Unter ihrem unerbittlichen Blick schrumpfte er zusammen.
    »Hagen!« Sie spie seinen Namen aus, als sei er Gift. »Bist du gekommen, um mir Sigfrids Schatz wiederzubringen, den du mir gestohlen hast, nachdem du mir alles andere nahmst, woran mein Herz hing?«
    Der Waffenmeister verzichtete auf eine Antwort; er traute seiner Stimme nicht.
    Ehe noch Attala oder jemand anderes eingreifen und die Situation entschärfen konnte, machte sie einen Schritt auf ihn zu. »Es ist nicht üblich, dass Gäste in Waffen erscheinen«, sagte sie. »Gebt sie mir, ich will sie in Verwahrung nehmen.«
    Grimmig sah Hagen sie an, und im Grimm fand er endlich ein Gefühl, das gegen die Macht ihrer Augen bestehen konnte. »Ich werde mein Schwert nicht ablegen, so lange ich mich in Feindesland befinde. Meine Mutter lehrte mich, niemals meine Waffen in eines Weibes Obhut zu geben.«
    »Und was lehrte dich dein Vater?«, fragte sie, und da sie spürte, dass sie keinen besseren Abgang bekommen konnte, drehte sie sich um und ging.
     
    Nachdem Attala die Niflungen untergebracht hatte,

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