Der Ruf Der Walkueren
und nach Kräften unterstützt. Mit einem Lachen hatte sie ihre Söhne mit ihm ziehen lassen, obwohl ihr Herz sich vor Angst zusammenzog. Aber die Jungen mussten Schlachterfahrung sammeln, und in ihren Augen gab es niemanden, in dessen Obhut sie ihre Kinder lieber gegeben hätte. Sie hatte ihm vertraut. Wie Attala ihm vertraute. Und Gunter.
Er vergrub den Kopf in seinen Händen. Es gab keinen Ausweg. »Ich kann nicht!«, stöhnte er. »Nicht noch einmal will ich schuld sein am Tod derer, die mir lieb sind.«
»Nun gut, so weiß ich, woran ich mit dir bin, Eidbrüchiger!« Attala wandte sich ab und ging zu seinen Männern, um sie gegen die Niflungen zu führen.
»Half ich dir nicht in deinen Kriegen?«, rief Didrik ihm nach. »Es ist wahr, du hast viel für mich getan, aber ich stand dir bei gegen die Könige von Wilzenland und Rytzeland. Du hast kein Recht, mich ehrlos zu nennen!« Doch er erhielt keine Antwort.
Nicht einmal der alte Hillebrand brachte Verständnis auf. »Es liegt Schimpf darin, unseren Gefolgsherrn im Stich zu lassen«, sagte er.
»Ich kann nicht«, flehte der Berner. »Willst auch du mich dafür tadeln, dass ich nicht den Untergang meiner Freunde herbeiführen will?«
Schnaubend zeigte sein Ziehvater ihm den Rücken und stakste davon.
Didriks Haupt sank auf seine Brust. Nein, es wohnte wahrlich kein Heil in ihm! Seit der Schlacht an der Gänsefurt hatte er kein Ziel, keine Vision mehr. Im Traum verfolgte ihn noch immer Erchas Gesicht, wie es zusammenfiel, als er ihr die Todesbotschaft überbrachte. Sie war daran gestorben. Er wollte nicht denselben Ausdruck in Odas Gesicht tragen. Gab es denn keinen Ausweg?
Rodinger fiel ihm ein. Vermutlich bereitete er sich eben zu dieser Zeit mit seinen Männern auf die Rückkehr nach Bakalar vor. Er musste ihn erreichen, ehe er Susat verließ! Rodinger war redegewandt und besaß größeres Wortheil als er. Vielleicht gelang es ihm, die Widerstreitenden zur Vernunft zu bringen!
Die Niflungen besaßen die schlechtere Ausgangsposition. Wie Hagen vorausgesagt hatte, befanden sie sich in der Falle. Hinzu kam, dass der Feind ihnen zahlenmäßig überlegen war. Gunters Gefolgsleute standen einer fünffachen Übermacht gegenüber. Vergeblich versuchten sie, das Tor zu stürmen. Irung erwartete sie dort mit seinen Männern und hielt die Stellung, bis Attalas Krieger mit ihren Waffen zurückkamen.
Der Hunenkönig gebärdete sich wie toll. Mit schrecklichem Geheul trieb er seine Männer an, und unter seinen Schlägen zerbarst mancher Helm. Jeder Niflunge, der das Pech hatte, ihm zu nahe zu kommen, wurde regelrecht in Stücke gehauen.
Wieder und wieder rannten Gunters Gefolgsleute gegen die Hunen am Tor an und versuchten, den Ring der Belagerer zu durchbrechen. Irung hatte ihnen eine böse Überraschung bereitet und blutige Rinderhäute vor die Öffnung werfen lassen. Krieger, die es nach draußen schafften, rutschten unweigerlich darauf aus und stürzten den Feinden direkt vor die Schwerter.
Lange Zeit rangen beide Gruppen verbissen um die Beherrschung des Ausgangs. Die Menge der Kämpfenden wogte hin und her, und unter dem vielen Blut war bald kaum noch auszumachen, wer Freund und wer Feind war. Einen kurzen Moment sah es so aus, als könnte den Niflungen der Durchbruch gelingen. Doch zuletzt mussten sie der Übermacht weichen. Unter schrecklichen Verlusten zogen sie sich in das Innere des Gartens zurück.
2
In vollem Lauf eilte Rodinger auf den Apfelgarten zu. Didriks erschütternde Nachricht hatte ihn bewogen, seine Reisevorbereitungen abzubrechen und sich unverzüglich zum Ort des Geschehens zu begeben. Eckewart folgte ihm schnaufend mit dem Rest seiner Männer.
»Rodinger«, sagte Attala erleichtert, »welch ein Glück, dass du kommst! Mit deiner Hilfe können wir die Niflungen bezwingen.«
»Ich komme nicht, um zu kämpfen, sondern um zu vermitteln.«
»Den Atem kannst du dir sparen. Die Zeit für Reden ist vorbei. Taten sind es, die zählen. Ich rechne auf deinen Beistand.«
»Ich habe König Gunter und seine Brüder in meine Burg geladen und als Gäste empfangen, ich teilte Speise und Trank mit ihnen. Ich kann nicht gegen sie kämpfen!«
»Auch ich nahm sie als Gäste auf, und doch erschlugen sie mir den einzigen Sohn! Du bist mein Gefolgsmann, dein Platz ist an meiner Seite.«
»Verlang das nicht von mir! Vor fünf Nächten versprach ich dem jungen Gislher meine Tochter. Wie kann ich da gegen ihn kämpfen? Entbinde mich von dieser
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