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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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Unfreien kamen herein und trugen das Essen auf. Als Vorspeise gab es Muscheln und in Honig eingelegte Haselnüsse. Das Hauptgericht bestand aus Mastgeflügel in Teigkruste, Erbsen, Spargel, Fischfrikassee, gebratene Wildschweine und Purpurschnecken. Dazu wurde reichlich Bier und Wein gereicht.
    Es gab manches, was Gunter an den Römern schätzte. Ihre Denkweise war ihm fremd, aber sie hatten es verstanden, sich das Leben durch ein paar Annehmlichkeiten zu versüßen. Und nicht die geringste davon war Garum, die pikante Fischsauce aus Sardellen und Wein. Der Niflungenkönig aß mit großem Appetit, und die Gäste eiferten ihm nach und tranken einander dabei lautstark zu.
    Eckewart und Rodinger hatten ihre Wertschätzung füreinander entdeckt und unterhielten sich, was für Sigfrids Gefolgsmann nicht ganz einfach war, da er rechts von Rodinger saß und mit seinem tauben linken Ohr Probleme hatte, ihn zu verstehen. Die beiden hoben ihr stechal und gossen ein Trankopfer für das Glück der Paare auf den Boden.
    An der linken Seite Rodingers saß Didrik von Bern. Der blonde Hüne mit der brummigen Stimme überragte alle um Kopfgröße. Er war bekannt für seine Kraft und Kühnheit. Im Augenblick allerdings bedrückten ihn Sorgen, weil sein Onkel ein Auge auf sein Reich geworfen hatte. Ein Krieg war nur allzu wahrscheinlich. Und obwohl Didrik den Kampf nicht fürchtete, so lag doch kein Heil darin, Krieg gegen die eigene Sippe zu führen.
    Neben ihm saß der alte Hillebrand, sein Pflegevater. Trotz seiner arthritischen Hände konnte er besser mit dem Schwert umgehen als mancher Gesunde. Wenn er lachte, entblößte er Zahnstümpfe. Seit fünfzig Jahren aß er jeden Morgen einen Brei aus Körnern, die zwischen zwei Steinen zerrieben und mit Wasser oder Milch vermischt wurden. Der unvermeidliche Steinstaub hatte im Laufe der Jahre seine Zähne abgeschliffen.
    Volker, der Skop, begann zu singen und unterhielt die Gäste mit Liedern, die er von umherziehenden Nordländern gehört hatte. Sie handelten von dem Gott Ullr, der auf seinem Schild die eisbedeckten Berge hinab fuhr und auf geglätteten Schenkelknochen eines Hirsches, auf die er starke Zauberlieder geritzt hatte, übers Meer lief.
    Nachdem die Gäste ihrer Begeisterung über den Vortrag Ausdruck verliehen hatten, erhob sich Sigfrid. »König Gunter!«, begann er feierlich. »Wir haben vor diesem Fest nicht, wie es üblich ist, über den Muntschatz gesprochen, da du mir eine andere Bedingung für deine Schwester stelltest.«
    Sein Blick streifte Brünhild beiläufig, und es war diese Beiläufigkeit, die ihr mehr weh tat als alles, was sie bislang erdulden musste. Sie fühlte sich, als müsse sie sich jeden Moment übergeben.
    »Dennoch will ich deine Schwester nicht ohne Gegengabe zu meinem Weibe nehmen. Kein größeres Glück kann einem Mann widerfahren, als Grimhild sein Eigen zu nennen. Deshalb will ich dir und deiner Sippe heute einen Muntschatz überreichen.« Auf seinen Wink hin schleppten zwei Männer eine Kiste herbei und stellten sie zu Gunters Füßen ab. »Ein paar bescheidene Gaben aus dem Hort des Stillen Volkes«, sagte Sigfrid und schlug den Deckel um.
    Die Gäste keuchten. Welch ein Funkeln und Glitzern! Jeder einzelne Ring, jeder Edelstein war ein Vermögen wert.
    »Bei Wodan, ich danke dir für diesen wahrhaft fürstlichen Schatz!«, rief Gunter aus. »Du handelst großherzig an meiner Sippe, seit du herkamst. Lass uns den Blutschwur begehen, auf dass die Verbindung zwischen uns gefestigt wird!«
    »Es wäre mir eine Ehre, mit deiner Sippe durch die Macht des Blutes vereinigt zu sein.«
    Der König erhob sich. »Bereitet den Rasengang vor!«
    Die Niflungen schrien begeistert und klopften auf ihre Schilde. Ein Blutschwur war immer etwas Besonderes. Die Menge drängte zur Tür. Mit geübten Schnitten hoben die Krieger ein Stück des Rasens aus, ließen es an den Enden jedoch mit der Wiese zusammenhängen. Vier Männer hielten es hoch, während andere die Erde darunter wegschaufelten, bis zwei Menschen in der Grube stehen konnten. Feierlich traten Gunter und Sigfrid unter den ausgeschnittenen Rasenstreifen, um einen symbolischen Tod zu erleiden und als Brüder aus demselben Schoß, dem Schoß der Erde, neu geboren zu werden. Stille lag über der Menge. Starker Zauber wirkte bei einem Blutschwur. Wo erdmegin im Spiel war, konnte man nur Ehrfurcht empfinden.
    Gunter zog seinen Dolch und schnitt sich in den Arm. »Ich rufe die Götter zu Zeugen an: Ich,

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