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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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Diesem Bild jammervoller Qual hatte sie nichts entgegenzusetzen. Tränen liefen ihr die Wangen hinunter und wollten nicht wieder aufhören. Sie hatte etwas getan, was ein ganzes Heer feindlicher Krieger nicht vermocht hätte: Sie hatte ihm die Selbstachtung genommen. Und doch wusste sie gleichzeitig, dass sie sich weiterhin seiner erwehren würde. Denn in ihrem Herzen war sie immer noch Sigfrids Frau.
7
    Wachsam horchte Brünhild in die Dunkelheit, den Dolch griffbereit in der Hand. Sie wusste nicht, ob sie es noch einmal über sich brachte, ihren Gemahl auf die Knie zu zwingen, aber sie würde sich ihrer Haut wehren. Sie hörte, wie Gunter sein Schwert auf den Tisch warf und sich auszog, und umklammerte ihren Dolch fester. Vorsichtig setzte sich der König auf den Rand des Bettes, stützte sich ab und ließ sich ächzend in die Kissen fallen. Dann geschah nichts mehr.
    Wolken verdeckten den Mond. Brünhild konnte nicht die Hand vor Augen sehen, war sich aber der körperlichen Gegenwart ihres Gemahls umso bewusster. Nach einer Weile kam seine Stimme durch die Dunkelheit: »Solltest du vorhaben, ein weiteres Mal deinen Dolch gegen mich zu benutzen, wirst du zustoßen müssen.« Brünhild wartete, aber das war alles, was er zu sagen hatte.
    Gunter bezweifelte, dass er einen zweiten Tag wie diesen überstehen konnte. Reglos starrte er in die Nacht und wünschte, er wäre jemand anderes. Wie hatte er nur die gut gemeinten Witze und Anspielungen auf seine Brautnacht ertragen? »Ich wollte, ich wüsste, wovon dir der Rücken weh tut«, hatte Ansgar gesagt und so breit gegrinst, dass seine Zahnlücken sichtbar wurden. »Ich hätte auf andere Körperstellen gewettet.« Ansgar wusste nie, wann er aufhören musste. Er hatte seinen Scherz bestimmt ein Dutzend Mal strapaziert, und jedes Mal war Gunter gezwungen gewesen, gute Miene dazu zu machen.
    Er wunderte sich selbst, dass er so ruhig in seinem Bett lag. Aber das Ganze war derart unfassbar, dass übliche Maßstäbe versagten. Wie reagierte man angemessen darauf, dass die eigene Frau einen in der Brautnacht in eine Truhe sperrte? Er hatte geglaubt, am Ziel seiner Wünsche zu sein, und fand sich stattdessen weiter davon entfernt als je zuvor. Was war der Grund für ihre Kaltherzigkeit? Dass eine Frau verunsichert war, wenn sie ihrem Mann in eine neue Heimat folgte, erschien ihm verständlich. Vermutlich waren Tränen, sogar Streit in der ersten Nacht nichts Ungewöhnliches. Aber er hatte noch nie gehört, dass eine Frau versuchte, ihren Gemahl umzubringen. Nicht, wenn sie der Verbindung selbst zugestimmt hatte. Er begriff es einfach nicht. Wenn sie ihn so verabscheute, warum hatte sie dann eingewilligt, seine Frau zu werden? Vielleicht braucht sie nur ein wenig Zeit, dachte er, aber es war ein halbherziger Gedanke, von dessen Unsinnigkeit er von vornherein überzeugt war.
    Brünhild fühlte die Notwendigkeit, etwas zu sagen. »Du wirst mich nicht kampflos bekommen.« Zuerst dachte sie, er habe sie nicht gehört, weil er nicht gleich antwortete. Schließlich tat er es doch, auf eine erschreckend nüchterne Weise, als sei er gänzlich unbeteiligt.
    »Ich begreife dich nicht. Ich begreife dich einfach nicht.«
    Was hatte er falsch gemacht? Er wusste es nicht. Er hatte keinen blassen Schimmer, was sie eigentlich wollte. Und so lange ihm ihre Handlungen unverständlich blieben, würde er weiterhin von den Dingen überrollt werden. Er konnte es sich nicht leisten, einfach aufzugeben. Sie mussten eine Möglichkeit finden, miteinander auszukommen, sonst stand weit mehr als nur ihre Ehe auf dem Spiel. Gunter mobilisierte alle Kraftreserven. Er hatte sich noch nie die Bedingungen eines Kampfes aufzwingen lassen, sollte ausgerechnet eine Schlacht im Schlafgemach den Anfang machen? »Du magst mich für einen Schwächling halten«, begann er und gab sich Mühe, seine Stimme nicht zittern zu lassen.
    Sie wollte widersprechen, doch sie konnte nicht. Er hatte recht, genau das dachte sie. Sie hatte an Sigfrids Seite gelegen, wie konnte sie je einem Geringeren gehören als ihm, dem Drachentöter? Sie respektierte keinen Mann, der schwächer war als sie. Sie brauchte einen ebenbürtigen Gegner. Ihr ganzes Leben war ein Kampf gewesen, besonders nach dem Tod ihrer Eltern. Kampf war ihr zur zweiten Natur geworden. Sie hätte gar nicht gewusst, was sie mit einem Mann anfangen sollte, der ihr alles recht zu machen versuchte.
    Dass sie nicht widersprach, war für Gunter Bestätigung genug. »Aber ich

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