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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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seine Augen verfinsterten sich, als braue sich dahinter ein Gewitter zusammen.
    Es war beschämend genug für Sigfrid, zu Fuß und halbnackt vor die Königin treten zu müssen, auch ohne ihr Gelächter. Doch als das Mädchen sich aufrichtete, vergaß er ihren Heiterkeitsausbruch. Sein Herz hämmerte wie verrückt. Das also war Brünhild! Kein Wunder, dass Alberich sie pries! Obwohl sie verschwitzt und schmutzig war, fesselte sie ihn augenblicklich. Sie war fünfzehn, aber ihr Körperbau hatte überhaupt nichts Kindliches. Auch bewegte sie sich mit der Sicherheit und Anmut einer Frau. Ihre warmen braunen Augen, ihr geschmeidiger Körper und der schwache Geruch von Kiefernharz, den er wahrnahm, als sie vor ihm stand, weckten etwas in ihm, etwas Großes, Mächtiges. Eine Art von megin , die er nie zuvor in sich verspürt hatte. »År ok friðr, frūa!« , brachte er heraus.
    » År ok friðr! Seid Ihr Wegelagerern in die Hände gefallen?«
    »Verzeiht meinen Aufzug, aber ich hatte einen Zusammenstoß mit einem dracō .« Er konnte den Stolz in seiner Stimme nicht verhehlen.
    »Ihr seid dem Lindwurm begegnet?«, fragte Brünhild erschrocken. »Seid Ihr verletzt? Habt Ihr Schmerzen? Wie ist es Euch gelungen, ihm zu entkommen?«
    »Ich bin ihm nicht entkommen. Ich habe ihn getötet.«
    Ihre Brauen zogen sich zusammen, ihre Augen blitzten   – ein reizvoller Anblick. »Seit die Bestie im Svawenwald aufgetaucht ist, haben viele meiner Männer versucht, sie zu töten. Keiner kehrte lebend zurück. Und ausgerechnet Ihr wollt vollbracht haben, was die kühnsten Krieger nicht vermochten? Ich liebe es nicht, wenn man mich belügt!«
    »Und ich liebe es nicht, wenn man meinen Mut und meine Aufrichtigkeit in Zweifel zieht!«
    Die beiden funkelten sich an und brachen unvermittelt in Gelächter aus, ohne recht zu wissen, warum. Brünhild fand, dass der unbekannte Jüngling ein unwiderstehliches Lachen besaß.
    Sigfrid nahm die abgehauene Kralle des dracō aus seinem Beutel und hielt sie ihr hin. »Mag Euch dies zum Beweis dienen, wenn Ihr mir nicht glaubt. Ihr könnt versichert sein, dass der Drache sie mir nicht freiwillig gab.«
    Ungläubig ergriff Brünhild die Trophäe, musterte sie eingehend und begriff plötzlich, dass der Schrecken von ihrem Land genommen war. »Hugbald, sieh doch!«
    Sie überreichte die Kralle ihrem Gefolgsmann, der sie einer kritischen Betrachtung unterzog. Von allen Seiten begutachtete er sie, um dem Trick auf die Spur zu kommen, doch es gab keinen. Das behagte ihm gar nicht. Es missfiel ihm, dass ein unreifer Knabe vollbracht haben sollte, wozu Männer nicht in der Lage gewesen waren. Brummig gab er die Kralle seiner Königin zurück.
    Brünhild händigte sie Sigfrid wieder aus. »Seid vieltausendmal bedankt, und entschuldigt meine Worte. Ich wollte Euch nicht beleidigen.«
    Sie war reizend, wenn sie verlegen war. Eigentlich war sie reizend, gleichgültig, was sie tat. Sigfrid riss sich zusammen. »Leider hat mein Pferd nicht solches Glück gehabt. Deshalb wollte ich Euch bitten   –«
    »Selbstverständlich. Ihr habt uns aus einer großen Not befreit, Ihr sollt das beste Pferd aus meiner Zucht zum Lohn erhalten.«
    »Ich hatte nicht vor, mich für meine Tat entlohnen zu lassen. Ich bin durchaus in der Lage, das Pferd zu bezahlen.«
    Brünhild biss sich auf die Lippen. Was immer sie sagte, sie schaffte es, ihn zu verärgern. »So war es nicht gemeint«, beschwichtigte sie ihn und legte soviel Wärme in ihre Stimme, wie sie konnte. »Ich möchte Euch doch nur meine Dankbarkeit zeigen. Bitte, nehmt das Pferd als Geschenk an!« Sie ergriff ihn beim Arm und zog ihn einfach mit sich.
    Ihre Berührung verbrannte ihn. Offenbar gab es Verletzungen, gegen die kein Drachenblut schützte. Ihre Nähe erfüllte seinen Körper mit einem eigenartigen Sehnen. Ihm war heiß und seltsam leicht zumute, wie im Fieber.
    Sie erreichten eine Viehweide. Brünhild pfiff, und ein kräftiger Hengst kam herangetrabt. »Das ist Grane«, erklärte sie. »Er ist mir das liebste von meinen Pferden.«
    »Dann kann ich dieses Geschenk nicht annehmen.«
    »Wollt Ihr mich beleidigen?«
    Sigfrid seufzte. Er konnte tun, was er wollte, immer schaffte er es, sie zu verärgern. Da er nichts zu entgegnen wusste, ging er zu dem Pferd, das mit gespitzten Ohren auf ihn zukam.
    Grane war ein heller Fuchsschecke mit durchgehender Blesse am Kopf. Es war unbestreitbar ein wundervolles Tier, das großes Heil in sich trug. Die klassische Form der

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