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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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Kruppe und der federnde Gang waren untrügliche Zeichen dafür. Seine Vorderzehen waren zwar leicht auswärts verstellt, aber insgesamt hatte Sigfrid noch nie ein so außergewöhnliches Pferd gesehen. Es schien ein aufgewecktes Tier zu sein, vielleicht ein wenig zu temperamentvoll, doch das war ihm nur recht. Neugierig beroch Grane ihn überall und rieb schließlich die Nüstern an seiner Schulter. Sigfrid klopfte ihm auf die Flanke. »Du bist ein prächtiges Pferd. Ich glaube, wir werden uns gut verstehen, Grane, was denkst du?«
    Brünhild strahlte. »Kommt, Ihr müsst etwas essen. Und dann muss ich nach Euren Wunden sehen.«
    Wieder zog sie ihn einfach mit sich. Es gefiel ihm. Für gewöhnlich fand er Frauen kompliziert, er begriff nie, was sie eigentlich wollten. Und hier war eine, die ebenso geradeaus war wie ein Mann. Sie tat, was sie sagte, und sie sagte, was sie meinte. Der Umgang mit ihr war geradezu   … mühelos.
    Er stolperte hinter der Königin her, bis sie das Innere des Palisadenzauns erreichten. Sigfrid hatte kaum Zeit, sich umzusehen, denn Brünhild zog ihn in eines der Häuser und rief lautstark nach ihrer Dienerin. »Radegunde, besorg etwas zu essen für unseren Gast. Er hat allein den dracō besiegt!« Sie sagte es mindestens so stolz wie er zuvor, was ihn eigentümlich berührte. »Und bring Kräuter und Verbände   – ach, geh nur, ich mache das selber! Aber bring Essen!«
    Radegunde beeilte sich, den Auftrag auszuführen.
    »Ihr müsst eine Weile bei uns bleiben und Euch erholen«, sagte Brünhild. »Vor allem braucht Ihr neue Kleider.«
    »Und einen neuen Stiefel«, fügte Sigfrid hinzu, und dann lachten beide.
    Die Königin schob die Reste von Sigfrids Leinenhemd beiseite, um nach etwaigen Verletzungen zu sehen. Ihre Forschheit überrumpelte ihn und machte ihn verlegen. Auch sie hielt plötzlich inne und senkte die Lider. »Ihr   … seid nicht mal verletzt«, murmelte sie. »Eure Haut ist ganz und gar hürnen.«
    »Drachenblut. Ich   … ich badete darin. Es macht unverwundbar.«
    Sie strich flüchtig über seine Hornhaut   – es hätte pure Neugier sein können   – und zog ihre Hand hastig zurück, ohne ihn dabei anzusehen.
    »Danke   … für Eure Güte«, sagte er belegt.
    Radegunde kehrte mit dem Essen zurück, stellte Teller und Becher auf die Bank und verschwand wieder.
    »Ihr müsst Euch eine Weile pflegen lassen«, sagte Brünhild.
    »Mir fehlt nichts. Wie ich Euch sagte: Ich bin unverwundbar.«
    »Unsinn! Vielleicht hat der dracō Euch mit Gift benetzt, sein Atem soll tödlich sein.«
    »Ich kann gut genug auf mich selbst aufpassen.«
    »Offensichtlich nicht. Ihr solltet wissen, dass man die Folgen eines Kampfes nicht leichtfertig ignoriert, schon gar nicht, wenn es sich um ein solches Ungetüm handelt!«
    Wie sie so dastand, Feuer in den Augen, die Hände in die Hüften gestemmt, verspürte er das irritierende Verlangen, nach ihr zu greifen, aus keinem besonderen Grund, das Greifen selbst schien Grund genug zu sein. Er verstand es nicht. »Seht mich nicht mit diesem Blick an; ich weiß, was ich tue!«
    Es gefiel ihr ausnehmend gut, dass er sich von ihr nichts befehlen ließ. Lust, mit ihm zu streiten, war die Triebfeder ihrer nächsten Worte. »Ich werde nicht zulassen, dass Ihr in meiner Burg durch Eure Dummheit sterbt!«
    Die Heftigkeit seiner Gefühle weckte den Armring. In Sigfrids Kopf entstand ein Bild, wie er Brünhild ergriff und   … irgendwie   … dazu brachte, ihn nicht länger zu beleidigen. Wie er sie festhielt und ihren Körper schüttelte. Ein Gefühl, von dem er dachte, es sei Wut, brachte ihn dazu, der Regung nachzugeben und sie zu packen. Und dann, als es zu spät war, begriff er, dass das, was er fühlte, nicht das Geringste mit Wut zu tun hatte. Er wollte sie nicht schütteln. Er wollte ganz andere Dinge tun, Dinge, die er nie zuvor gedacht hatte.
    Brünhild war vor Schreck wie gelähmt, als seine Hände ihre Taille umklammerten. Ein Teil in ihr fürchtete, er würde sie schlagen, ein anderer Teil wünschte es sogar, wünschte, dass er sie berührte, gleichgültig wie.
    Undeutlich flüsterte der Ring, doch Sigfrid war zu berauscht, um klare Worte oder Bilder zu vernehmen. Es waren weit archaischere Sinne   – Hautreize, Gerüche   –, die ihn leiteten. Staunend ließ er seine Hände durch ihr Haar gleiten. Die Macht, mit der er sie wollte, erschreckte ihn. Niemals zuvor hatte er ein solches Verlangen verspürt. Verlangen, ihren Körper unter

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