Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
ich nicht um Gnade betteln oder nach dem Gott rufen werde, den sie benutzen, um mich zu zerstören.
Colette hat mir das Amulett in die Zelle geschmuggelt. Sie werden es finden und stehlen. Aber heute Nacht trage ich es um meinen Hals, die schwere Goldkette, den tränenförmigen Rubin, in Gold gefasst, in das unsere Namen graviert sind, besetzt mit noch mehr Rubinen und Diamanten.
Blut und Tränen. Ich halte es in meiner Hand und spüre Etienne in meiner Nähe, sehe sein Gesicht vor mir.
Mit seiner Kraft verfluche ich das Schicksal, das uns tötet und das Kind in meinem Leib vernichtet, von dem nur Colette und ich wissen. Ein Kind, das nie das Leben mit seinen Freuden und Leiden kennen lernen wird.
Für Etienne und unser Kind sammle ich meine ganze Kraft, ich rufe die Mächte, die mir gehorchen und die mir Stärke verleihen. Mögen die, die mich verdammen, leiden, wie wir gelitten haben. Mögen sie, die alles, was ich liebe, von mir genommen haben, nie mehr Freude erfahren. Ich verfluche den, der dieses Amulett von mir nehmen wird, diese letzte irdische Verbindung zwischen mir und meiner Liebe. Ich bete zu allen Mächten des Himmels und der Hölle, dass der, der mir Etiennes letztes Geschenk nimmt, Elend, Schmerz und Kummer erfährt. Wer sich daran bereichern will, wird das verlieren, was ihm am liebsten, am teuersten ist. Als Vermächtnis an meine Mörder und die, die nach ihnen folgen, sollen Generationen von Kummer gequält werden.
Morgen verbrennen sie mich als Hexe. Ich bete, dass sie Recht haben und dass meine Macht, wie meine Liebe, bestehen wird.
Angelique Maunoir
Einen Augenblick lang brachte Tate kein Wort heraus. Sie gab Matthew die Blätter zurück, stand auf und ging zum Fenster. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass der Regen nachgelassen, fast aufgehört hatte.
»Sie war so allein«, murmelte Tate. »Wie schrecklich für sie, in dieser Zelle eingesperrt zu sein und zu wissen, dass sie am nächsten Morgen grausam sterben würde! Sie trauerte um den Mann, den sie geliebt hatte, und konnte noch nicht einmal die Freude auf ihr Kind genießen. Kein Wunder, dass sie Rache schwor.«
»Ob sie ihre Rache bekam?«
Kopfschüttelnd drehte Tate sich um. Sie stellte fest, dass Matthew ebenfalls seinen Platz verlassen hatte und neben sie getreten war. Ihre Augen waren feucht. Die Worte, vor so langer Zeit geschrieben, hatten sie berührt. Aber als Matthew eine Hand hob und ihre feuchte Wange streifte, zuckte sie zurück.
»Nicht.« Sie sah, wie sich sein Blick abkühlte, und trat zurück. »Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, an Magie zu glauben, schwarze oder weiße. Die Halskette hat Angelique offensichtlich viel bedeutet, sie war eine Erinnerung an den Mann, den sie liebte. Ein Fluch dagegen ist eine ganz andere Sache.«
»Komisch, ich hätte gedacht, dass jemand, der seine Zeit damit verbringt, mit alten Gegenständen umzugehen und sie zu untersuchen, ein bisschen mehr Phantasie an den Tag legt. Hast du noch nie etwas in der Hand gehalten, das seit Jahrhunderten vergraben war, und dabei etwas gespürt? Eine unerklärliche Kraft?«
Er hatte Recht. »Die Sache ist die«, sagte sie ausweichend, »dass du mich überzeugt hast. Wir halten zusammen und schlagen ihn gemeinsam. Wir unternehmen, was immer notwendig ist, damit das Amulett nicht in VanDykes Hände fällt.«
Matthew registrierte ihre Entschlossenheit mit einem beiläufigen Nicken, das seinen rasenden Puls Lügen strafte. »Das ist die Antwort, die ich erwartet hatte. Ich würde deine Hand schütteln, aber du willst ja nicht, dass ich dich anfasse.«
»Genau.« Sie wollte um ihn herumgehen, aber er stellte sich ihr in den Weg. Ihre Augen verfinsterten sich. »Wirklich, Matthew, wir sollten uns nicht lächerlicher verhalten als unbedingt notwendig.«
»Wenn wir tauchen, wirst du damit leben müssen, dass ich dich anfasse, falls es sich nicht vermeiden lässt.«
»Mit dir zu arbeiten, ist kein Problem, rück mir nur nicht zu nah auf die Pelle.«
»Das hast du früher auch immer gesagt.« Er trat zurück und machte eine ausholende Bewegung mit den Armen. »Jetzt hast du jede Menge Platz.«
Tate nutzte die Gelegenheit und ging zur Tür. Dort zog sie die Windjacke aus und hängte sie an einen Haken. »Ich bin froh, dass du mir die Kopien gezeigt hast, Matthew.«
»Schließlich sind wir Partner.«
Sie drehte sich um. Seltsam, wie einsam er aussah, dort vor dem Steuerrad und dem weiten Ozean. »Sieht ganz danach aus. Gute Nacht.«
Siebtes
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