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Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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und eine heiße Nacht.
    Doch was Matthew tatsächlich wollte, war warme Kleidung und noch einen Becher Kaffee. Ersteres fand er in seiner Kabine. Nachdem er einen warmen Pullover und Jeans angezogen hatte, sah er die Umschläge durch, die unter dem Stein auf dem kleinen Tisch lagen, den er als Schreibtisch benutzte.
    Natürlich Rechnungen. Arztkosten, die Miete für Bucks Wohnwagen in Florida, der Anwalt, den Matthew konsultieren musste, als Buck eine Bar in Fort Lauderdale auseinander genommen hatte, die aktuelle Abrechnung von der letzten Klinik, in die er Buck geschleppt hatte, in der Hoffnung, seinen Onkel auszunüchtern.
    Unterkriegen würden sie ihn nicht, stellte er fest, aber sie ließen ihm auch nicht viel Spielraum. Wenigstens der Brief sah erfreulich aus.
    Ray und Marla, dachte er und machte es sich mit seinem Kaffee gemütlich. Auf die beiden war Verlass. Einmal im Monat ging garantiert ein Brief von ihnen ein, gleichgültig, wo Matthew sich gerade befand.
    Nicht ein Mal hatten sie ihn in den letzten acht Jahren enttäuscht.
    Wie immer war es ein unterhaltsamer Brief, mehrere Seiten lang. Marlas geschwungene, feminine Handschrift stand im Gegensatz zu Rays eilig hingeworfenem Gekritzel am Rand. Vor etwa fünf Jahren waren sie an die Küste von North Carolina gezogen und hatten sich ein Haus an der Sundseite von Hatteras Island gebaut.
    Marla unterhielt ihn in ihren Briefen mit Rays Versuchen als Heimwerker und ihren gärtnerischen Erfolgen und Niederlagen. Zwischendurch berichtete sie von ihren Abenteuern auf See, ihren Reisen nach Griechenland, Mexiko, zum Roten Meer, von ihren spontanen Tauchfahrten entlang der Küste der Carolinas.
    Und natürlich erzählte sie von Tate.
    Matthew wusste, dass sie inzwischen fast dreißig war, an ihrem Doktor arbeitete und an verschiedenen Expeditionen teilgenommen hatte, aber in seiner Erinnerung sah er sie immer noch so vor sich wie damals in jenem Sommer. Jung, frisch und voller Versprechungen. Wenn er im Laufe der Jahre an sie gedacht hatte, war es immer mit einem eigenartigen, angenehm nostalgischen Gefühl gewesen. In seinem Kopf hatten sie und die gemeinsam verbrachten Tage einen verklärten Glanz angenommen, fast zu perfekt, um Wirklichkeit zu sein.
    Er hatte es schon vor langer Zeit aufgegeben, von Tate zu träumen.
    Stattdessen musste er Rechnungen bezahlen und Pläne für die ferne Zukunft schmieden.
    Matthew genoss jedes Wort auf jeder Seite. Die übliche Einladung, die beiden unbedingt zu besuchen, ließ bittere Erinnerungen aufsteigen. Vor drei Jahren hatte er Buck dazu überredet, ihn zu begleiten, aber der viertägige Besuch war alles andere als angenehm verlaufen.
    Dennoch erinnerte er sich gern daran, wie wohl er sich dort sofort gefühlt hatte. Er hatte durch die Kiefern und Lorbeerbäume auf das ruhige Wasser des Pamlico-Sunds geschaut, ihm waren die Düfte aus Marlas Küche in die Nase gestiegen, und Ray hatte von seinem nächsten Wrack und der geplanten Goldsuche geschwärmt. Doch irgendwann war es Buck gelungen, sich per Anhalter mit der Fähre nach Ocracoke abzusetzen und sich dort bis zur Bewusstlosigkeit zu besaufen.
    Es hatte wenig Sinn, noch einmal zu ihnen zu fahren, dachte Matthew. Sich selbst zu demütigen, die Beaumonts in eine peinliche Situation zu bringen. Die Briefe mussten reichen.
    Als er auf der letzten Seite angekommen war, ließ Rays krakelige Handschrift die Erinnerungen an Tate und jenen Sommer vor den Westindischen Inseln schmerzhaft in ihm aufsteigen.
     
    Matthew, es gibt da ein paar Dinge, von denen ich Marla noch nichts gesagt habe. Ich werde später mit ihr darüber sprechen, aber zunächst möchte ich Deine Meinung hören. Du weißt, dass Tate zurzeit im Auftrag von SeaSearch im Pazifik unterwegs ist. Sie ist ganz begeistert von dieser Arbeit. Wir haben sie darin unterstützt. Aber vor ein paar Tagen habe ich für einen alten Kunden Recherchen über verschiedene Wertpapiere angestellt. Dabei überkam mich der Impuls, selbst in SeaSearch zu investieren, als eine Art persönlicher Beitrag zu Tates Erfolg. Ich stellte fest, dass die Firma zur Trident-Gruppe gehört, deren Inhaber wiederum die VanDyke Corporation ist. Unser VanDyke. Selbstverständlich bin ich besorgt. Ich habe keine Ahnung, ob Tate darüber informiert ist, aber ich bezweifle es stark. Wahrscheinlich brauche ich mir keine Gedanken zu machen, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Silas VanDyke sich persönlich für seine Meeresarchäologen interessiert.

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