Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
diese Stelle gedrückt, und die Vorstellung, dass sie ihn vielleicht eines Tages dazu auffordern könnte, verursachte ihm Schwindelgefühle.
Doch dann verfluchte er seine Unbeholfenheit und machte sich wieder einmal bewusst, dass er dreizehn Jahre älter war als sie. Außerdem fühlte er sich ihr und der Expedition gegenüber verantwortlich.
Schließlich befand sich Tate an Bord der Nomad, weil er der Empfehlung seitens der Poseidon-Muttergesellschaft Trident zugestimmt hatte. Und zugestimmt hatte er nur zu gern, schließlich war sie seine beste und begabteste Studentin gewesen.
Wie wunderbar ihr Haar in der Sonne glänzte!
»Hier kommt noch eins!« Tate fiel in das Geschrei der übrigen Mannschaftsmitglieder ein, als das nächste Paket vom Heck abprallte.
»Heute Abend schlemmen wir wie die Könige!« Lorraine hatte ihren verführerischen Körper in enge Shorts und ein rückenfreies Oberteil gezwängt, beugte sich über die Reling und sah zu, wie die Crew unten gerade in ein Schlauchboot stieg. »Dass ihr mir auch nichts vergesst, Jungs! Ich habe übrigens Fume Blanc bestellt, Tate.« Sie zwinkerte und wandte sich mit einem verführerischen Augenaufschlag Hayden zu. »Doc, wo hattet ihr beide euch denn versteckt?«
»Hayden hat ein paar neue Berechnungen angestellt.« Auch Tate beugte sich über die Reling, um den Männern im Schlauchboot ermutigend zuzurufen. »Ich hoffe, sie haben die Schokolade nicht vergessen.«
»Du isst doch nur aus lauter emotionalem Frust Süßigkeiten.«
»Und du bist neidisch, weil dir die M&M’s direkt auf die Oberschenkel wandern.«
Lorraine schmollte. »An meinen Oberschenkeln ist nichts auszusetzen.« Sie strich mit einer Fingerspitze über ihr Bein und warf Hayden einen verschmitzten Blick zu. »Stimmt’s, Doc?«
»Lass Hayden in Ruhe«, setzte Tate an und kreischte laut auf, weil sie plötzlich von hinten gepackt wurde.
»Pause!« Bowers hob sie hoch. Unter dem Applaus der anderen lief er mit ihr zu einem der herabbaumelnden Taue. »Wir beide gehen jetzt baden, Liebling.«
»Ich bringe dich um, Bowers!« Sie wusste, dass der durchtrainierte Robotik- und Computerexperte es genoss, anderen einen Streich zu spielen, und wehrte sich entschlossen. »Dieses Mal meine ich es ernst.«
»Sie ist verrückt nach mir.« Mit einem seiner muskulösen Arme griff er nach dem Seil. »Halt dich gut fest, Baby.«
Sie sah sein dunkles, in der Sonne glänzendes Gesicht unter sich. Er verdrehte die Augen und bleckte die Zähne, bis sie sich das Lachen nicht länger verkneifen konnte. »Warum muss ich immer als Opfer herhalten?«
»Weil wir so ein schönes Paar abgeben. Halt dich fest. Ich Tarzan, du Jane.«
Tate griff nach dem Tau und atmete tief ein. Bowers stieß einen wilden Tarzanschrei aus, dann sprangen sie zusammen ins Leere. Tate schrie vor Vergnügen. Unter ihr lag die weite See, und als sich das Seil spannte, ließ sie los. Sie sauste durch die Luft, und kurz bevor sie untertauchte, hörte sie Bowers’ verrücktes Gackern.
Das Wasser war erfrischend kühl, und Tate ließ sich sinken, bevor sie wieder an die Oberfläche schwamm.
»Der japanische Preisrichter hat uns nur 8,4 Punkte gegeben, aber er ist als Perfektionist bekannt.« Bowers zwinkerte ihr zu, dann legte er eine Hand über die Augen. »Der Himmel steh uns bei, da kommt Dart! Bring dich in Sicherheit.«
Von der Reling aus sah Hayden zu, wie Tate und seine Kollegen sich wie kleine Kinder in der Schulpause benahmen. Dabei kam er sich alt und ziemlich langweilig vor.
»Nun komm schon, Doc.« Lorraine bedachte ihn mit einem einladenden Lächeln. »Warum springen wir nicht hinterher?«
»Ich bin kein guter Schwimmer.«
»Dann nimm doch Schwimmflügel mit, oder noch besser: Du benutzt Dart als Floß.«
Ihre Bemerkung brachte ihn zum Lächeln, denn Dart ließ sich gerade wie ein überdimensionaler Korken auf dem Pazifik treiben. »Ich schaue lieber zu.«
Immer noch lächelnd, zuckte Lorraine mit ihren nackten Schultern. »Wie du meinst.«
Mehr als dreitausend Meilen entfernt tauchte Matthew im kalten Nordatlantik.
Zumindest auf die Tatsache, dass er das Team leitete, konnte er ein wenig stolz sein. Im Laufe der Jahre hatte er sich bei Fricke Salvage immer weiter nach oben gearbeitet und dabei jeden gut bezahlten Auftrag übernommen. Inzwischen trug er die Verantwortung für eine Bergung, was ihm gut zehn Prozent des Nettogewinns einbrachte.
Aber er hasste seinen Job.
Für einen Schatzjäger gab es nichts
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